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Medikamentenengpässe

Wirkstofflager für die Wintersaison

Um die Medikamentenversorgung im Winter zu sichern, hat sich das Gesundheitsministerium mit dem Pharmagroßhandel (PHAGO) auf die auf die Schaffung eines Wirkstofflagers geeinigt, mit denen die Apotheken bei Bedarfsspitzen rasch wichtige Arzneien zubereiten können. Für die Lieferung besonders günstiger Medikamente erhält der Großhandel vom Bund zudem einen Beitrag von 0,28 Euro pro Packung.

red/Agenturen

Das Lager umfasst die nötigen Zutaten für gängige Antibiotika und für Medikamente gegen Erkältungssymptome. In Phasen mit hohem Bedarf können diese von Apotheken zur Herstellung magistraler Zubereitungen abgerufen werden. „Bei Lieferausfällen werden die Wirkstoffe von 23 Standorten in ganz Österreich an die Apotheken verteilt, damit die Bevölkerung, aber insbesondere auch kranke Kinder versorgt werden können“, erklärte Andreas Windischbauer, Präsident des Verbands der österreichischen Arzneimittelvollgroßhändler (PHAGO).

Ergänzend hat die EU-Kommission einen Mechanismus zum Austausch von Medikamenten zwischen Mitgliedstaaten präsentiert. „Mit dem Bündel an Maßnahmen sind wir bestmöglich gegen Engpässe gerüstet“, meinte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) am Donnerstag. „Der anhaltende Medikamentenmangel hat viele Ursachen, die sich nur langfristig wirklich lösen lassen.“

Die ursprünglich geplante Aufstockung der Medikamenten-Vorräte habe sich für diesen Winter als „nicht zweckmäßig“ herausgestellt: „Die Bestellung von Medikamenten hat teils lange Vorlaufzeiten. Zudem hätten nationale Lager die europaweite Knappheit noch verschärft“, betonte der Ressortchef. Stattdessen werde der europäische Solidaritätsmechanismus „bei Bedarf helfen, die Medikamentenversorgung zu sichern“.

„Nützliches Werkzeug“

Zusätzlich zum Krisenlager wurde ein sogenannter Infrastruktursicherungsbeitrag für Medikamente mit einem Preis unter 3,93 Euro vereinbart. Der Bund wird dem Pharmagroßhandel damit einen Teil jener Mehrkosten abgelten, die in den vergangenen Jahren entstanden sind. Ein entsprechendes Gesetz soll dem Parlament vorgelegt werden und rückwirkend ab 1. September 2023 gelten. Die Kostenschätzungen liegen bei 23 Millionen Euro.

Die Apothekerkammer begrüßte die Rohstofflager mit wichtigen Arzneimitteln. „Damit haben Apotheker ein nützliches Werkzeug, um bestimmten Lieferengpässen bei Medikamenten effizient entgegenwirken zu können“, so Präsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr. Nun sei die Sozialversicherung am Zug, die der Apothekerschaft zugesicherte inflationskonforme Anpassung der Herstellungskosten umzusetzen.

Abhängigkeit von Asien verringern

Um die Problematik in der Medikamentenversorgung langfristig und nachhaltig zu lösen, müssten seitens des Gesundheitsministeriums unbedingt weitere Maßnahmen getroffen werden, reagierte Alexander Herzog, Generalsekretär der Pharmig. Dazu zähle die Inflationsanpassung bei jenen Medikamenten, deren Preise unter der Rezeptgebühr liegen. „Ebenso sollten weitere regulatorische Anpassungen erfolgen und vor allem auch eine Standortstrategie entwickelt werden, um die Abhängigkeit von Asien bei der Medikamentenproduktion zu verringern.“

Auch für den Fachverband der chemischen Industrie Österreichs (FCIO) ist der Plan zur Schaffung eines Wirkstofflagers bei weitem nicht ausreichend, um die angespannte Versorgungssituation mit Medikamenten nachhaltig zu verbessern. „Die Einigung von Gesundheitsministerium und Pharmagroßhandel sind ein Tropfen auf dem heißen Stein. Eine umfassende Strategie gegen anhaltende Arzneimittelengpässe sieht anders aus“, meinte Sylvia Hofinger, Geschäftsführerin des FCIO. Eine dauerhaft wirksame Bekämpfung von Lieferengpässen ist nur durch eine Stärkung der heimischen und europäischen Pharmaproduktion möglich. Dazu braucht es eine Verbesserung bei der Erstattung. „Wer sichere Medikamente aus Österreich haben möchte, muss auch die höheren Herstellungskosten in Österreich bezahlen.“

„Die bereits im Juni angekündigte Arzneimittelbevorratung ist, wie zu erwarten, zu einer Farce verkommen“, meinte FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak. Das Ganze komme zu spät und würde die Probleme in der Versorgung bestenfalls zu einem kleinen Teil lindern können.