Neurologie
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Dreifache Aktivierung des Gehirns nach Schlaganfall

Nach einem Schlaganfall gibt es bisher nur ein kurzes Zeitfenster von wenigen Wochen, in denen sich das Gehirn spontan erholt und Funktionsstörungen, wie beispielsweise Lähmungen, zurückgehen. Nun soll die Kombination aus Strom-Stimulation, einem Medikament zur Gehirnaktivierung und Ergotherapie auch im chronischen Stadium noch Fortschritte bringen.

red

Das Forschungszentrum VASCage startet jetzt gemeinsam mit der Klinik Bad Pirawarth und der Firma Ever Neuro Pharma eine große klinische Studie, die die Wirksamkeit der neuen Kombination mit herkömmlicher Ergotherapie vergleicht. Untersucht wird, inwiefern die Behandlung den Betroffenen hilft, ihre Hände und Arme wieder besser zu bewegen. 

Bei der Studie Impulse kommen die drei erprobten Behandlungsmöglichkeiten erstmals kombiniert und nach wissenschaftlich fundiertem und streng standardisiertem Protokoll zum Einsatz: die anodale transkranielle Gleichstrom-Stimulation (atDCS), das Medikament Cerebrolysin und die Ergotherapie. Die nicht-invasive Hirnstimulation mit sehr schwachem Gleichstrom ist durch ein leichtes Kribbeln auf der Kopfhaut spürbar. Cerebrolysin ist schon seit Jahrzehnten zur Schlaganfallbehandlung im Einsatz. Es enthält verschiedene Neuropeptide, die die Aktivität der Nervenzellen über den körpereigenen Wachstumsfaktor BDNF (brain-derived neurotrophic factor) anregen.

Natürlichen Reparaturmechanismen des Gehirns wieder anregen

„In der Akutphase nach einem Schlaganfall hat das Gehirn kurzfristig die Fähigkeit, sich teilweise wieder selbst zu reparieren. Wir wollen dieses Fenster der Neuroplastizität auch im chronischen Stadium wieder öffnen, wo bisherige Maßnahmen nur noch wenig erreichen. Das könnte ein echter Game-Changer in der Rehabilitation werden“, hofft Andreas Winkler, ärztlicher Direktor der Klinik Bad Pirawarth und Forschungsleiter der Studie.

In Pilotstudien am Klinikum in Bad Pirawarth hatte sich bereits gezeigt, dass eine Verbesserung der Armfunktion mit der Kombinationstherapie dreifach höher war als bei Ergotherapie allein. Um diese Ergebnisse nach höchsten Standards der evidenzbasierten Medizin zu untermauern, wird nun mit  „Impulse“ eine kontrollierte, prospektive, randomisierte, doppelblind angelegte klinische Phase II- Studie durchgeführt. Nach strengen Auswahlkriterien werden zunächst knapp hundert Patientinnen und Patienten eingeschlossen, bei denen der Schlaganfall zwischen acht Wochen und einem Jahr zurückliegt, die nicht dement sind und deren Arm nicht völlig gelähmt sein darf. Bei erfolgreichem Ergebnis ist eine Fortsetzung mit einer noch größeren Probandenzahl vorgesehen.

Die Studie wird von VASCage (Research Centre on Vascular Ageing and Stroke, Innsbruck) gemeinsam mit der Firma Ever Pharma in Unterach, der Klinik Pirawarth, sechs weiteren Studienzentren in Österreich und zusätzlichen Partnern durchgeführt. 

 

Wischübung Ergotherapie
Anodale transkranielle Gleichstrom-Stimulation (atDCS), das Medikament Cerebrolysin und Ergotherapie kommen gemeinsam zur Anwendung.
Schandl
 
© medinlive | 18.04.2024 | Link: https://app.medinlive.at/index.php/wissenschaft/dreifache-aktivierung-des-gehirns-nach-schlaganfall