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ÖGARI

„Routine“-Narkosen gibt es nicht

Der von Markus Müller, dem Rektor der MedUni Wien, eingebrachte Vorschlag, Narkosen durch nichtärztliches Personal durchzuführen, stieß bei der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie (ÖGARI) auf scharfe Kritik. 

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Müller hatte diesen Vorschlag Anfang Jänner im Interview mit „kurier.at“ unterbreitet. Im Zusammenhang mit dem Ärztemangel und der Entlastung von Ärzten durch andere Gesundheitsberufe meinte der Rektor, die „Verabreichung einer Routine-Narkose“ sei eine Tätigkeit, die an nichtärztliche Gesundheitsberufe ausgelagert werden können. „Das kann man praktisch lernen, dazu muss man nicht Medizin studiert haben“, so Müller.

Als „unverständlich und fachlich nicht nachvollziehbar“ kommentiert ÖGARI- Präsident Rudolf Likar die Aussage des Rektors.„Was hier ein hochrangiger Vertreter der universitären Medizin suggeriert ist kein Reformvorschlag, sondern eine Gefahr für die Patientensicherheit“, kritisiert Likar weiter. „Natürlich gibt es in der klinischen Arbeit viel Routine, aber eine Narkose ist immer ein sehr komplexes Geschehen. Um den chirurgischen Eingriff möglich zu machen, lindern wir die Angst der Patienten und versetzen sie in Schlaf, nehmen ihnen ihre natürliche Atmung und ihre Muskelspannung, müssen sie künstlich beatmen und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Operation keine Schmerzen verursacht – Dinge, für die viel Know-how erforderlich ist. Hier gibt es keine reine Routine, im Einzelfall können auch bei optimaler Durchführung immer nicht vorhersehbare Komplikationen auftreten.“

Auch die ÖGARI betont, dass Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen im System, zum Beispiel durch eine Verbesserung von Organisation oder Strukturen im Behandlungsalltag, sinnvoll, oft möglich und notwendig sind. „Wir bemühen uns, solche Potenziale auszuschöpfen, um Ressourcen frei zu machen und an anderer Stelle zweckmäßiger einzusetzen. Aber hier können ausschließlich medizinisch sinnvolle Maßnahmen mit Patientennutzen in Betracht kommen, und keine das Patientenwohl gefährdende Vorschläge“, so der ÖGARI-Präsident. „Gute Anästhesiologie ist und bleibt personal- und zeitintensiv. Würde hier rationalisiert, kann dies nur auf Kosten der Patienten und ihrer Sicherheit gehen.“

Die ÖGARI sei besonders engagiert, Absolventen des Medizinstudiums für das Fach zu interessieren. „Da ist es nicht sehr hilfreich, wenn der Rektor der größten Medizinuniversität den jungen Kollegen ausrichtet, dass es sich um eine untergeordnete Tätigkeit handelt, für die man nicht Medizin studiert haben muss. Motivation, die wir angesichts einer drohenden Fachärzte-Knappheit brauchen, sieht anders aus“, betont der ÖGARI-Präsident.

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Ögari präsident likar
Als „unverständlich und fachlich nicht nachvollziehbar“ kommentiert ÖGARI- Präsident Rudolf Likar (Mitte) die Aussage des MedUni-Rektors.
B&K/APA-Fotoservice/Reither/OTS