Seltene Erkrankungen

Genstörung beeinträchtigt Blutbildung bei Kindern

Krankmachende Veränderungen in einem einzelnen Gen namens „DOCK11“ bescheren den betroffenen Kindern Blutarmut und heftige Entzündungen durch ein übereifriges Immunsystem, berichtet Kaan Boztug von der St. Anna Kinderkrebsforschung (CCRI) in Wien. Er hoffe, dass man diese Erkrankung durch Transplantation von gesunden blutbildenden Zellen oder mittels Gentherapie heilen kann. Die Untersuchungen wurden im „England New Journal of Medicine“ veröffentlicht.

 

red/Agenturen

Der Wiener Forscher bekam Blutproben eines jungen Patienten aus Spanien, bei dem trotz wiederholter Tests keine Erklärung für schwere Entzündungen in Organen wie Niere, Darm und Haut gefunden werden konnte, heißt es in einer Aussendung des Kinderkrebsforschungsinstituts. Er sequenzierte mit Kollegen das Erbgut in den Blutzellen und entdeckte „einen schwerwiegenden Defekt im Gen DOCK11“. Es ist die Bauanleitung für einen Eiweißstoff, der als „Eröffner der Zellteilung“ (Dedicator of cytokinesis 11 - DOCK11) bekannt ist, weil er dafür Zellskelett-Veränderungen maßgeblich reguliert.

„Wir hatten zu Beginn nur die Befunde dieses einen Patienten und wussten daher nicht, welche Symptome im Zusammenhang mit diesem Gendefekt stehen und welche zusätzliche Begleiterscheinungen sind“, erklärte Jana Block vom CCRI. Durch drei weitere Patienten aus nicht verwandten Familien konnten sie die Symptome eingrenzen, die wohl direkt durch die DOCK11-Veränderung (Mutation) ausgelöst werden: Nämlich früh auftretende, schwere Defekte in der Regulation des Immunsystems, die Infektionen die Türe öffnen, Anämie (Blutarmut) mit unterschiedlich geformten und unterschiedlich großen roten Blutkörperchen (Anisopoikilozytose) und Entwicklungsstörungen. Somit bringt die Genveränderung anomale rote Blutkörperchen (die den Körper mit Sauerstoff versorgen) und weiße Blutkörperchen (B- sowie T-Zellen des Immunsystems).

DOCK11 hält Aktivierung der T-Zellen in Schach

Bei Zebrafischen ohne funktionellem DOCK11 konnten die Forscher die Ursache erkennen: „Der DOCK11-Defekt führte zu einer gestörten Bildung der Blutkörperchen“, schreiben sie. Bei den Patienten wiederum beobachteten sie, dass sich B-Zellen nicht richtig entwickelten. Zusätzlich konnten sich T-Zellen nicht normal bewegen, zeigten aber Überaktivität und schütteten vermehrt entzündungsfördernde Signalstoffe aus. „DOCK11 scheint eine Rolle dabei zu spielen, die Aktivierung der T-Zellen in einem bestimmten Rahmen zu halten“, so Block. Damit vermeidet es Schäden an umliegenden Geweben und Organen.

Obwohl die genaue Funktion von DOCK11 in den roten und weißen Blutzellen weiterhin unbekannt ist, vermuten die Forscher, dass die Transplantation von blutbildenden Stammzellen die Erkrankung heilen könnte, wie sie in der Aussendung erklären: „Es ist auch denkbar, dass man die Defizienz mittels Gentherapie behandeln könnte“.

NEJM