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Eltern-Kind-Pass - Ärzt:innen stellen wieder Vertragskündigung in den Raum

Nachdem Ende des Vorjahres bereits eine Einigung im Raum stand, ist beim Eltern-Kind-Pass (bisher: Mutter-Kind-Pass) nun wieder alles anders: Die Ärztekammer droht erneut mit Vertragskündigung, nachdem man erkannt hat, dass sich mit den 17 Mio. Euro Budget des Bundes keine Valorisierung um 77, sondern nur um 62,5 Prozent ausgeht, berichteten die „Salzburger Nachrichten“ am Dienstag. Die Kammer verlangt nun 4 Mio. Euro mehr.

red/Agenturen

Seit Ende der 1990er-Jahre war an den Tarifen für die Ärzt:innen nichts mehr geändert worden. Das hatte für großen Ärger bei den Ärztevertretern gesorgt. Es wurde mit Vertragsausstieg gedroht, was der bereits im Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen festgeschriebenen Reform der Maßnahme einen großen Schub verlieh. Der Bund legte ein Budget fest, Kammer und Sozialversicherung begannen zu verhandeln.

Nur herrscht bei den Ärzt:innen aber wieder Unzufriedenheit. „Der zur Verfügung stehende Topf beruht auf einer Einschätzung des Dachverbands (der Sozialversicherungsträger, Anm.) vom Jänner 2022, seitdem ist - wie wir wissen - viel passiert, was zu einer monatlich steigenden Inflation geführt hat“, erklärte Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, am Dienstag in einer Aussendung. Daher fehlten nun vier Millionen Euro.

4 Millionen Euro mehr

Statt intensiver Vorgespräche habe das Gesundheitsministerium sich herausgehalten, obwohl der Mutter-Kind-Pass sich zu zwei Drittel aus dem Familienlastenausgleichsfond und nur zu einem Drittel aus der Sozialversicherung finanziere. Dachverband und Ärztekammer seien vor vollendete Tatsachen gestellt worden: „Wir wurden zu Verhandlungen aufgefordert, bei denen man am Anfang nicht einmal gewusst hat, über welche Summe wir hier sprechen“, kritisierte Wutscher. Nun drohe die Kündigung des Vertrags über die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen: „Diese Drohung ist von Seiten der Politik endlich einmal ernst zu nehmen, die Warnlampe leuchtet hier schon tiefrot.“

Auch Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart appellierte an die Politik. Das Ministerium müsse jetzt „endlich in die Gänge kommen“ und das Erfolgsmodell Mutter-Kind-Pass retten, indem es - weitere - vier Millionen Euro zur Verfügung stelle, die für die Valorisierung nach bald 30 Jahren notwendig seien. Es könne nicht sein, dass das Ressort „die Versorgung von Müttern und Kindern bewusst scheitern lässt, weil es nicht die dafür noch notwendigen Budgetmittel zur Verfügung stellt“.

Entscheidung Mitte März

Zuvor hatten die „Salzburger Nachrichten“ berichtet, dass nun alles auf eine Kündigung des Eltern-Kind-Passes durch die Ärztevertreter hinauslaufe. Das würde bedeuten, dass diese Untersuchungen von Patient:innen künftig als Privatleistung bezahlt werden müssen - mit der Möglichkeit einer nachträglichen Teil-Refundierung. Mitte März wird darüber bei einer Bundeskuriensitzung der Ärztekammer entschieden.

In Salzburg und mehreren anderen Bundesländern sind laut „Salzburger Nachrichten“ aber viele der Meinung, dass man jedenfalls kündigen sollte. Bei Kuriensitzungen in den Bundesländern stehen in dieser Woche Automatismen zur Diskussion: So könnte beschlossen werden, dass die Landesärztekammern auch ohne einen Beschluss im Bund kündigen werden.

Einen Automatismus habe man in Salzburg bereits beschlossen, sagt Christoph Fürthauer, Vizepräsident der Salzburger Ärztekammer. Der besage, dass man bei einem Verhandlungsergebnis, das nicht den Wertverlust ausgleicht, eine Befragung über die Kündigung abhalten werde. „Es könnte aber sein, dass sich am Donnerstag herausstellt, dass die Stimmung so eindeutig ist, dass gar keine Befragung mehr nötig ist.“

Bemühen um gemeinsame Lösung

Die Ärztekammer hat das Gesundheitsministerium bereits schriftlich über die Möglichkeit des Ausstiegs beim Eltern-Kind-Pass informiert. Dort zeigte man sich über die Vorgangsweise überrascht. Immerhin seien dem Beschluss im November intensive Vorgespräche vorausgegangen. Mit der Ärztekammer habe man damals das Budgetvolumen definiert. Das Gesundheitsministerium werde sich um eine gemeinsame Lösung bemühen.

Vonseiten des Dachverbands der Sozialversicherungsträger wollte man die noch laufenden Verhandlungen nicht kommentieren, verwies aber darauf, dass der Rahmen vom Ministerium vorgegeben sei. Andreas Huss, Arbeitnehmerobmann der Österreichischen Gesundheitskasse, erinnerte an die aus seiner Sicht eigenartige Position der Sozialversicherungen in dieser Angelegenheit. Immerhin habe man die undankbare Aufgabe, wegen des vorgegebenen Rahmens ein fertiges Ergebnis zu verhandeln. „Aus unserer Sicht beinhaltet der Eltern-Kind-Pass ohnehin zu wenig. Wir wollen dort auch die Kinderzähne und eine logopädische Erstabklärung mit drinhaben.“

SPÖ-Familiensprecherin Petra Wimmer verlangte in einer Aussendung ein Ende dieses Hin-und-Hers und einen Erhalt des Mutter-Kind-Passes: „Familien brauchen – gerade in so unsicheren Zeiten – ein Gesundheitssystem, auf das sie sich verlassen können.“ Ähnlich klang der von der SPÖ nominierte Volksanwalt Bernhard Achitz. Die Eltern-Kind-Pass-Untersuchungen dürften nicht privatisiert werden: „Sollte die Ärztekammer nun tatsächlich aussteigen wäre das ein gravierender Einschnitt in die Prävention.“

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