| Aktualisiert:
Kassenleistung

Eltern-Kind-Pass: vorerst keine Vertragskündigung der Ärztekammer

Die Untersuchungen des Mutter-Kind-Passes (künftig: Eltern-Kind-Pass) bleiben zumindest vorerst weiter eine Kassenleistung. Die Kündigung des Kassenvertrages seitens der Ärztekammer hat die Kurie der niedergelassenen Ärzte am Mittwoch vorerst noch nicht ausgesprochen, sie bleibt aber im Raum. Ein von der Politik bzw. der Sozialversicherung vorgelegtes Angebot ist für die Standesvertretung noch nicht ausreichend, sie möchte weitere Gespräche.

red/Agenturen

Ende des Vorjahres hatte der Bund ein Budget von 17 Millionen Euro zugesagt, um die seit Ende der 1990er Jahre nicht mehr valorisierten Tarife für die Untersuchungen im Rahmen des Mutter-Kind-Passes anzuheben. Damit sollte die schon damals angedrohte Vertragskündigung verhindert und eine Erhöhung um 77 Prozent erreicht werden. Ende Februar hatte die Ärztekammer aber wieder Alarm geschlagen und betont, dass sich damit nur eine Anhebung um 62,5 Prozent ausginge. Die Kammer begründete dies mit der inzwischen stark gestiegenen Inflation und verlangte um weitere 4 Millionen Euro mehr.

Nun wurde das Angebot der Sozialversicherungen erhöht. Wie der Vorsitzendes des Dachverbandes, Peter Lehner, erläuterte, wurden, die 17 Millionen auf 19,75 Mio. Euro aufgestockt. Damit hätten die Tarife für die Ärzte um 75,06 Prozent bei allen Positionen mit Ausnahme des Ultraschalls angehoben werden können, erläuterte Lehner im Ö1-„Mittagsjournal“.

Das Angebot lasse „ein wenig Bewegung erkennen, beinhaltet aber noch viele offene Fragen. Diese müssen mit dem Gesundheitsministerium in substanziellen Gesprächen, gemeinsam an einem Tisch, geklärt werden“, forderte Edgar Wutscher, Vizepräsident der Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, weitere Verhandlungen. Man stehe jederzeit für Gespräche zur Verfügung, es stehe aber weiter „Spitz auf Knopf“, sagt Wutscher, der in den Raum stellte, dass es nach wie vor eine aufrechte Beschlusslage gebe, den Vertrag mit Ende März zu kündigen, falls es bis dahin zu keiner Einigung komme. Wirksam würde die Vertragskündigung dann mit Ende Juni werde. Für die Patient:innen könnte dies bedeuten, dass sie die Untersuchungen als Privatleistung zu bezahlen hätten - mit der Möglichkeit einer nachträglichen Teil-Refundierung.

Dazu müsste es aber auch im Falle einer Vertragskündigung nicht unbedingt kommen. Lehner kündigte jedenfalls für den Fall einer Ablehnung durch die Ärztekammer den Gang zur Bundesschiedskommission an. Dort würden unabhängige Richter entscheiden, ob das Angebot ausreichend und der Vertrag weiter gültig sei, erläuterte der Dachverbands-Chef.

„Niemand wünscht sich Aufkündigung der Verträge“

Das Gesundheits- und das Familienministerium wandte sich gegen die neuerlichen Forderungen der Ärztekammer, sie verwiesen auf das nun nochmals um 2,75 Millionen Euro erhöhte Angebot. Die beiden Ressorts erwarten sich, dass die „Drohszenarien“ der Ärztekammer „nun endlich ein Ende haben, denn es ist unsere gemeinsame Aufgabe - auch jene der Ärzt:innen - die Gesundheit von Müttern und Kindern sicherzustellen. Niemand wünscht sich die Aufkündigung der Verträge, daher haben wir das bereits vereinbarte Angebot auch erneut erhöht. Damit hat die Bundesregierung ihren Willen nun mehrmals unter Beweis gestellt“, hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme der beiden Ministerien. Zur Finanzierung wurde betont, das nun „das finale Angebot“ am Tisch liege. Trotzdem kündigten die beiden Ressorts weiterführende Detailgespräche an, die „zeitnah“ stattfinden würden.

Die Ärztekammer drängt jedenfalls auf weitere Verhandlungen. „Im Sinne der Versorgung von Müttern und Kindern, unseren Patient:innen, deren Wohl wir uns als Ärzt:innen verpflichtet fühlen, fordern wir jetzt endlich substanzielle Gespräche“, sagte auch Dietmar Bayer, stellvertretender Bundeskurienobmann. Die Ärztekammer betont, dass es ihr dabei nicht nur ums Geld gehe, sondern viele Punkte offen seien. Genannt werden dabei etwa die angestrebte Digitalisierung und die Leistungserweiterung.

Mutter-Kind-Paß hat Säuglingssterblichkeit extrem reduziert

Die Regierung hat angekündigt, das 1974 eingeführte gelbe Büchlein in einen „Eltern-Kind-Pass“ umzuwandeln und bis zu 2024 zu digitalisieren und seinen Leistungen zu erweitern. Die Leistungen sollen um eine psychosoziale Beratung, ein weiteres Hebammengespräch, eine zusätzliche Ultraschall-Untersuchung und ein zusätzliches Hörscreening für Neugeborene erweitert werden.

Auch das Angebot einer Elternberatung sowie einer Ernährungs- und Gesundheitsberatung sollen aufgenommen werden. Mit der Digitalisierung soll die Dokumentation der Untersuchungsergebnisse deutlich verbessert werden. So sollen Befunde zwischen behandelnden Ärzt:innen und Hebammen in elektronischer Form leichter weitergegeben werden können.

Der Mutter-Kind-Pass ist fast 50 Jahre alt und hat erheblich zur Reduzierung der Säuglingssterblichkeit in Österreich beigetragen. In Österreich werden jährlich rund 80.000 Kinder geboren, 50.000 davon sind Erstgeburten. Die im Mutter-Kind-Pass vorgeschrieben Untersuchungen sind verpflichtend, um das Kinderbetreuungsgeld vollständig zu erhalten.