Umstrittener Unkrautvernichter

EU-Kommission empfiehlt weitere Zulassung von Glyphosat

Die EU-Kommission hat am Mittwoch in Brüssel die weitere Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat empfohlen. Glyphosat ist noch bis 15. Dezember EU-weit zugelassen. Laut dem veröffentlichten Vorschlag dürfte das Mittel für weitere zehn Jahre in der EU zum Einsatz kommen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sah eine Wiederzulassung in ihrer letzten Bewertung unkritisch. Umweltschutzorganisationen warnen jedoch vor gefährlichen Auswirkungen.

red/Agenturen

Für den Einsatz in der EU sieht die Kommission bestimmte Bedingungen vor, etwa Maßnahmen zur Risikominderung. Ziel ist, zu verhindern, dass Glyphosat bei der Anwendung stark verweht wird. Die Mitgliedstaaten dürften auch weiterhin auf nationaler Ebene Produkte verbieten, die Glyphosat enthalten. In Österreich gilt bereits ein Teilverbot auf sensiblen Flächen und im nicht-beruflichen Bereich.

Die EFSA bewertet die von ihr untersuchten Risiken als nicht so groß, dass eine weitere Zulassung untersagt werden müsste. Aspekte, die nicht abschließend geklärt wurden, sind laut ESFA etwa ernährungsbedingte Risiken für Verbraucher und die Bewertung der Risiken für Wasserpflanzen. Eine aktuelle Studie des PAN Europe (Pestizid Aktions-Netzwerk) im Auftrag der Grünen/EFA-Fraktion im EU-Parlament wies das Mittel in Gewässern in elf von zwölf EU-Staaten nach, darunter auch Österreich. Laut der grünen EU-Abgeordneten Sarah Wiener sind 85 Prozent der Österreicher gegen Glyphosat. „Die jüngste Einschätzung der EFSA war nicht aussagekräftig. Angesichts dessen eine Verlängerung um 10 Jahre vorzuschlagen, ist hochfahrlässig und widerspricht dem EU-Vorsorgeprinzip“, kommentierte Wiener am Mittwoch. Auch seitens der SPÖ kommt Kritik: Die stv. Klubobfrau und Umweltsprecherin Julia Herr kritisiert die Forderung nach einem EU-weiten Verbot des Umweltgiftes scharf: „Die Empfehlung der Kommission ist völlig inakzeptabel. Es ist in Studien belegt, dass Glyphosat schädlich für Mensch, Tier und Umwelt und wahrscheinlich auch krebserregend ist. Umso unverständlicher ist die Stoßrichtung der EU-Kommission in dieser Frage“, so Herr.

Glyphosat tötet alle Pflanzen, die damit in Berührung kommen. Nach der Behandlung durch das Pflanzenschutzmittel sind die Äcker frei von Unkraut. Es zählt zu den weltweit am meisten eingesetzten Herbiziden und wurde vom US-Konzern Monsanto entwickelt, den der deutsche Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer übernahm. Mit dem Zukauf holte sich Bayer auch eine Klagewelle wegen der angeblich krebserregenden Wirkung von Glyphosat ins Haus. Behörden weltweit, darunter die US-Umweltbehörde EPA und die Europäische Chemikalienagentur, haben das Herbizid als nicht krebserregend eingestuft.

„Schlicht fahrlässig“

Der Vorschlagsentwurf soll am Freitag mit den Vertretern der EU-Staaten im zuständigen Ausschuss erörtert werden. Die Mitgliedstaaten müssen der Verlängerung final zustimmen. Dies wird nicht vor Mitte Oktober erwartet, eventuell auch später.

„Das wahrscheinlich krebserregende Gift Glyphosat hat schon längst nichts mehr auf unseren Äckern und Tellern verloren. Glyphosat für weitere zehn Jahre in Europa zuzulassen, wäre schlicht fahrlässig und eine Gefahr für unsere Gesundheit und die Natur“, sagte Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Sebastian Theissing-Matei. „Der zuständige Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig muss unbedingt gegen die Verlängerung der Glyphosat-Zulassung stimmen.“

Bayer begrüßte den Verordnungsentwurf der EU-Kommission. Er basiere auf den „überzeugenden wissenschaftlich fundierten Schlussfolgerungen“ der EFSA. „Bayer ist der Ansicht, dass die Entscheidung der Mitgliedstaaten auf den wissenschaftlichen Schlussfolgerungen der zuständigen Behörden beruhen und zu einem Votum für eine erneute Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat führen sollte“, betonte das Unternehmen.

 

 

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Glyphosat wird in der Europäischen Union großflächig im Ackerbau eingesetzt und ist aktuell bis 15. Dezember 2023 zugelassen. Die Empfehlung der EU-Kommission lautet, diese Zulassung zu verlängern.
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