Corona

Sichere Autopsien in Pandemie-Zeiten

Die Covid-19-Pandemie hat die Medizin auf unterschiedlichsten Gebieten verändert - von der wesentlich größeren Verbreitung der Telemedizin bis hin zu den neuen mRNA-Vakzinen. Linzer Pathologen haben auf ganz anderem Gebiet geforscht: Sie haben jetzt einen neuen Weg für Autopsien belegt - ein minimal-invasives Verfahren zur Gewinnung von Gewebeproben unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen.

red/Agenturen

„Minimal-invasive Autopsien (MIAs) erlauben das Sammeln von Gewebeproben für Diagnostik und Wissenschaft in speziellen Situationen, zum Beispiel bei einem hohen Infektionsrisiko wie im Zusammenhang mit Covid-19 oder bei Beschränkungen aus juridischen oder persönlichen Gründen“, schrieben Rupert Langer vom Institut für Pathologie der Kepler Universität und seine Co-Autoren in ihrer Studie. Die wissenschaftliche Arbeit ist jetzt in „Virchows Archive“, einer Veröffentlichung der Europäischen Gesellschaft für Pathologie, herausgekommen (doi: 10.1007/s00428-023-03622-6).

Der Hintergrund, wie ihn die Wissenschafter schildern: Im Rahmen von Covid-19 gab es zunächst nur kleine Autopsie-Serien von Verstorbenen, wodurch das Wissen zu den typischen Gewebeveränderungen im Rahmen schwerer und schwerster Erkrankungen durch SARS-CoV-2 auf einer relativ schmalen Datenbasis beruhte. „Auf der anderen Seite sind die Sicherheitsaspekte, die man bei Autopsien von Patienten mit hoch infektiösen Erkrankungen berücksichtigen muss, sehr komplex - auch wenn das Personal durch Impfung geschützt ist. Als Konsequenz davon gibt es bisher keine großen Covid-19-Gewebestudien aus einzelnen Zentren“, stellten die Linzer Autoren fest.

Minimal-invasive Autopsien zur Erforschung von Covid-19-Gewebeveränderungen

Zu Beginn der zweiten „Welle“ von Covid-19 in Österreich, also im Oktober 2020, und unter der „überwältigenden Zahl von an Covid-19-Verstorbenen an der Kepler-Universitätsklinik in Linz (Österreich) und der damit verbundenen Arbeitsbelastungen in der Autopsie-Abteilung wurde deshalb eine einfache Methode für ein minimal-invasives Sammeln von Gewebeproben unter niedrigem Infektionsrisiko und geringem Zeitaufwand entwickelt“, so die Linzer Experten.

Die Körper der Verstorbenen verbliebenen in den für solche Fälle vorgesehenen doppelten, dichten Kunststoffhüllen (Body Bags). Statt der Eröffnung des Brustraums erfolgten nur kleine chirurgische Schnitte zwischen Rippen, dann eine Entfernung von kleinen Rippenteilen und schließlich die Gewinnung von Proben des Lungengewebes von beiden Lungenflügeln. Das Gewebe wurde in Formalin fixiert und schließlich histologisch untersucht.

„Wir konnten Lungengewebe von 92 Patienten, bei denen SARS-CoV-2 vor deren Tod diagnostiziert worden war, gewinnen. Das machte fast die Hälfte (44 Prozent) der 212 Patienten aus, die an Covid-19 an der Kepler Universitätsklinik zwischen Oktober 2020 und April 2021 verstarben“, schrieben die Linzer Autoren in ihrer wissenschaftlichen Arbeit. Die Ergebnisse der Laboruntersuchungen bestätigten jedenfalls, dass mit dem Verfahren de facto die gleichen Befunde wie auf anderem Weg, allerdings einfacher und schneller, erzielt werden können. Generell - zu 97 Prozent - wurden sogenannte diffuse Alveolarschäden festgestellt wie sie für ein durch Verletzung oder Infektion hervorgerufenes akutes Lungenversagen (ARDS) typisch sind. Auch weitere beobachtete Schädigungen des Lungengewebes deckten sich mit auch sonst bei Covid-19 gemachten Beobachtungen.

Die Verstorbenen, bei denen diese Form der Autopsie durchgeführt worden war, waren im Mittel 78 Jahre alt (48 bis 98 Jahre) gewesen. 38 Prozent waren Frauen, 62 Prozent Männer. Letztere waren im Mittel jünger als die verstorbenen Frauen. Nur drei der Toten hatten keine zusätzlichen Risikofaktoren aufgewiesen, 65 Prozent hingegen zwei oder mehr Risikofaktoren für einen schweren Verlauf von Covid-19.

TAGS:
Autopsie Picturedesk
Im Rahmen von Covid-19 gab es zunächst nur kleine Autopsie-Serien von Verstorbenen, wodurch das Wissen zu den typischen Gewebeveränderungen im Rahmen schwerer und schwerster Erkrankungen durch SARS-CoV-2 auf einer relativ schmalen Datenbasis beruhte.
ALEXANDROS AVRAMIDIS / REUTERS / picturedesk.com