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Europa muss aufpassen

Während hierzulande und bei unseren Nachbarn sich die Zahl an Neuinfektionen derzeit in Grenzen hält und immer mehr gelockert wird, breitet sich in anderen Ländern die Delta-Variante rasant aus. Tunesien etwa beklagt 8.000 neue Fälle, und auch Indonesien kämpft aktuell gegen massiv steigende Neuinfektionen. In Russland spitzt sich die Corona-Lage ebenso weiter zu. Mehr als 25.000 Neuinfektionen wurden dort kürzlich binnen 24 Stunden gemeldet. Inzwischen fürchtet auch Frankreich eine vierte Corona-Welle mitten im Sommer. Die WHO warnt längst vor einer weiteren Infektionswelle in Europa.

mil/Agenturen

Das tunesische Gesundheitsministerium beispielsweise hat einen Höchststand bei der Zahl der Corona-Neuinfektionen registriert. Mehr als 7.900 neue Fälle – und damit so viele wie noch nie zuvor –  wurden dort kürzlich gemeldet. 119 Menschen starben zugleich an oder mit dem Virus. In dem nordamerikanischen Land verschlechtert sich die Situation seit Wochen auf drastische Art und Weise. Natürlich wurden dort auch bereits Fälle der besonders ansteckenden Delta-Variante registriert.

Allein im Juni gabe es in Tunesien mehr als 2.000 Corona-Tote. Die Kliniken des Landes arbeiten inzwischen an der absoluten Belastungsgrenze. Ein weiteres Problem: Es mangelt an medizinischer Ausrüstung. Tunesien hat deshalb bereits aus Deutschland Beatmungsgeräte bekommen; Italien und Frankreich schickten dem Land ebenso Ausrüstung. Rund ein Drittel aller Corona-Test fällt in Tunesien positiv aus. Gleichzeitig kommt das Land mit seinen rund 11,5 Millionen Einwohnern beim Impfen nur schleppend voran. Knapp zwei Millionen Menschen wurden bisher geimpft, lediglich rund 600.000 von ihnen sind vollständig geimpft.

Rasant steigende Neuinfektionen in Indonesien

Um einen strengen Lockdown für Hunderte Millionen Menschen durchzusetzen, errichtete die indonesische Polizei wiederum auf den Inseln Java und Bali Straßensperren sowie mehr als 400 Kontrollpunkte. Auch Indonesien kämpft derzeit gegen eine der größten Coronavirus-Wellen auf dem asiatischen Kontinent. Mit den Beschränkungen will man die Zahl der Neuinfektionen auf täglich weniger als 10.000 senken.

Am vergangenen Freitag verzeichnete das Land nicht weniger als 25.830 Neuinfektionen und 539 Todesfälle. In Indonesien wütet vor allem die hochansteckende Delta-Variante.

Zweithöchster Anstieg von Neuinfektionen in Südkorea

Südkorea hat wiederum kürzlich den zweithöchsten Tageswert registrierter Corona-Neuinfektionen seit Beginn der Covid-19-Pandemie verzeichnet. Am letzten Dienstag kamen laut den Gesundheitsbehörden des Landes weitere 1.212 Fälle hinzu. Die Gesamtzahl kletterte somit auf 162.753.

Die Schwelle von 1.000 Fällen wurde in Südkorea zum ersten Mal seit Ende Dezember wieder überschritten. Man könne durchaus vom Beginn einer neuen, vierten Infektionswelle sprechen, sagte Lee Ki Il vom Gesundheitsministerium im TV. Die Behörden entschieden bereits, schon geplante weitere Lockerungen der Kontaktbeschränkungen ein weiteres Mal zu verschieben. Ebenso sollen vermehrt  Tests auf das Virus durchgeführt werden. Premierminister Kim Boo Kyum warnte davor, die Beschränkungen weiter zu verschärfen, sollte das Infektionsgeschehen in den nächsten Tagen außer Kontrolle geraten.

Von den Neuinfektionen entfielen mehr als 80 Prozent auf die Hauptstadt Seoul und die umliegende Region. Probleme bereiten den Behörden vo rallem lokale Anhäufungen. Zuletzt gab es solche Ausbrüche unter anderem in Schulen, Kaufhäusern und einzelnen Unternehmen.

Südkorea ist bis dato an sich einigeraßen gut durch die Pandemie gekommen. Es wurden jedoch bisher nur etwa 30 Prozent der 51,3 Millionen Einwohner einmal geimpft. Vor allem jüngere Erwachsene sind noch nicht immunisiert.

Russland verzeichnet mehr als 25.000 Neuinfektionen

Auch in Russland spitzt sich die Lage weiter zu. Kürzlich meldeten die Behörden dort mehr als 25.000 Neuinfektionen innerhalb eines Tages – so viele wie seit Anfang des Jahres nicht mehr. Im selben Zeitraum starben demnach 663 Menschen mit dem Virus. Zuvor waren fünf Tage in Folge Rekordwerte bei den Todeszahlen gemeldet worden. Auch im flächenmäßig größten Land der Erde grassiert vor allem die hochansteckende Delta-Variante.

Vor diesem Hintergrund hat das Robert-Koch-Institut Russland als „Virusvariantengebiet“ eingestuft. Besonders stark betroffen sind die  Hauptstadt Moskau sowie die Stadt und Touristenmetropole St. Petersburg, in der auch das letzte von sieben Spielen der Fußball-Europameisterschaft ausgetragen worden war. Auf vielen Bildern aus den Fan-Zonen waren zahlreiche Menschen ohne den vorgeschriebenen Mund- und Nasenschutz zu sehen.

Trotz der hohen Zahlen sei derzeit kein landesweiter Lockdown geplant, wie der Kreml mitteilte. Allerdings gebe es ob der hohen Infektionszahlen und der Überlastung der Krankenhäuser in einzelnen Regionen zunehmende Einschränkungen des öffentlichen Lebens – so etwa in Burjatien am Baikalsee. In der Hauptstadt Moskau dürfen Menschen nur noch mit einem negativen PCR-Test oder als Geimpfte mit einem QR-Code ins Restaurant.

Frankreich fürchtet vierte Corona-Welle im Sommer

Auch in Frankreich fürchtet man bereits „eine schnelle vierte Welle“. Die hochansteckende Delta-Variante könne den Einwohnern „den Sommer verderben“, warnte etwa Regierungssprecher Gabriel Attal kürzlich nach der wöchentlichen Sitzung des Corona-Kabinetts unter Leitung von Präsident Emmanuel Macron. Die Regierung prüft bereits eine Impf-Pflicht für das Gesundheitspersonal sowie neue Auflagen für Personen, die nicht immunisiert sind.

Laut Attal zeichnet die Delta-Variante in Frankreich inzwischen für mehr als 40 Prozent der Neuinfektionen verantwortlich. Ihr Anteil habe sich, so der Regierungssprecher, seit Mitte Juni jede Woche verdoppelt. Im Pariser Großraum ist die Zahl der Neuinfektionen wieder über den Alarmwert von 50 pro 100.000 Einwohnern gestiegen. Viele Neuinfektionen gebe es auch in der Bretagne sowie der Region Provence-Alpes-Côte-d'Azur.

WHO warnt vor neuer Infektions-Welle in Europa

Sorglosigkeit sei in Europa angesichts der hochansteckenden Coronavirus-Variante Delta nicht angebracht, hob die WHO Europa jüngst hervor. Erstmals seit zehn Wochen steige die Zahl der Neuinfektionen wieder und ohne disziplinierte Gegenmaßnahmen drohe eine neue Pandemie-Welle, so die eindringliche Warnung der Weltgesundheitsorganisation.

Angetrieben von „Reisen, Zusammenkünften und Lockerungen der sozialen Beschränkungen“ sei die Zahl der Corona-Neuinfektionen vergangene Woche in seinem Berichtsgebiet um zehn Prozent gestiegen, offenbarte der Regionaldirektor der WHO für Europa, Hans Kluge, in Kopenhagen. Europa drohe eine neue Pandemie-Welle, „es sei denn, wir bleiben diszipliniert“.

Angesichts von Öffnungsplänen in Ländern wie Großbritannien warnt die WHO darüber hinaus vor voreiligen Schritten. Die Annahme, dass schon alle durch Corona-Impfungen geschützt seien und daher wieder völlige Normalität hergestellt werden könne, sei gefährlich für Europa und andere Regionen, meinte WHO-Krisenmanager Mike Ryan am Mittwoch in Genf. „Jetzt ist extreme Vorsicht angesagt“, sagte er bei einer Pressekonferenz.

„Wenn man öffnet, wird die Übertragung ansteigen.“

Auf die Frage nach der geplanten völligen Aufhebung von Restriktionen in Großbritannien äußerte Ryan zwar keine direkte Empfehlung oder Kritik. Seine Antwort: „Wenn man öffnet, wird die Übertragung ansteigen.“ Noch seien nicht alle geimpft, und noch sei nicht klar, wie sehr Vakzine gegen Infektionen und Übertragungen schützen. Regierungen sollten jetzt nicht überhastet die Fortschritte im Kampf gegen die Pandemie aufs Spiel setzen, so der Krisenmanager.

Europa
Europaweit wurden die Coronaregelungen vielfach gelockert bis abgeschafft.
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© medinlive | 02.10.2024 | Link: https://www.medinlive.at/index.php/gesellschaft/europa-muss-aufpassen