Kaan Boztug, Forscher am Ludwig Boltzmann Institut, als doppelter Preisträger
Der Direktor des Ludwig Boltzmann Institute für Rare and Undiagnosed Diseases erhält zwei wichtige Auszeichnungen
Für seine Forschung an seltenen Erkrankungen erhält Kaan Boztug den diesjährigen Clemens von Pirquet-Preis. Zudem wird er für seine Forschungsarbeit über schwere Darmerkrankungen, denen ein neu entdeckter seltener Gendefekt zu Grunde liegt, mit dem Österreichischen Wissenschaftspreis für Kinder- und Jugendheilkunde ausgezeichnet. Beide Preise werden jährlich von der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) vergeben.
8000 seltene Krankheiten
Vom Gendefekt zum molekularen Mechanismus bis hin zum Wirkstoff – so könnte man die Forschung von Kaan Boztug mit einem äußerst reduzierten Satz zusammenfassen. Das Team des Mediziners versucht, Therapien für Krankheiten zu finden, an denen jeder konventionelle Ansatz scheitert und die meist so selten sind, dass sie noch nicht einmal einen Namen haben. Per definitionem betrifft eine seltene Krankheit weniger als einen von 2.000 Menschen. In Summe sind die seltenen Krankheiten aber alles andere als selten, denn aktuell sind rund 8.000 von ihnen bekannt. Umgelegt bedeutet das: Statistisch gesehen leidet jeder 17. Mensch daran. Der Ansatz von Boztugs Team, mit dem sie nach wirksamen Behandlungen für seltene Krankheiten fahnden, soll laut LBI gleichzeitig ein Paradebeispiel der personalisierten Medizin darstellen: Die individuelle Genetik und ein tiefes Verständnis der molekularen Krankheitsmechanismen liefern die Grundlage für eine maßgeschneiderte Therapie, bei der idealerweise bereits erprobte Wirkstoffe zum Einsatz kommen.
Kaan Boztug wurde außerdem der Österreichische Wissenschaftspreis für Kinder- und Jugendheilkunde verliehen. Die heuer ausgezeichnete Publikation befasst sich mit seltenen Mutationen eines Gens, die bereits im Kindesalter zu schweren Erkrankungen des Darms führen. Betroffene Patienten leiden an chronischen Durchfällen, Entzündungen des Darms und Thrombosen. Durch die Entschlüsselung des molekularen Mechanismus der Erkrankung gelang es, einen Wirkstoff für die Behandlung der erkrankten Personen zu finden. Die prämierte Forschungsarbeit erschien vergangenes Jahr im Fachjournal „New England Journal of Medicine“.
Der Wissenschafter wurde in Eregli (Türkei) geboren und studierte Medizin in Düsseldorf, Freiburg und London. 2011 kam er ans CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der ÖAW nach Wien, wo er bis heute eine zugehörige Forschungsgruppe leitet. Gleichzeitig ist er als Arzt und Professor für Kinder- und Jugendheilkunde an der MedUni Wien und am St. Anna Kinderspital tätig. Seit 2014 ist er Leiter des „Vienna Center for Rare and Undiagnosed Diseases“ (CeRUD) und seit 2016 Direktor des „Ludwig Boltzmann Institute for Rare and Undiagnosed Diseases“ (LBI RUD).