„Sprechende Medizin“ in Theorie und Praxis
Der ganzheitliche Blick auf den Menschen erlangt immer mehr Bedeutung in der Medizin. Das Behandlungssystem, das die gesamte Person mit Körper, Geist und Verstand in den Blick nimmt, verlangt auch nach einer gelungenen Arzt-Patienten-Kommunikation. Diesen Themen hat sich der Band „Psychosoziale, psychosomatische und psychotherapeutische Medizin“ von Josef W. Egger verschrieben. „Der kranke Mensch wird nicht nur als komplexer Organismus betrachtet, sondern auch als denkendes, fühlendes und handelndes Wesen“, umreißt Johannes Steinhart, Präsident der Wiener Ärztekammer, eine Kernaussage des Buches, das auch als erstes die Grundlagen und gesamte Palette der 3 PSY-Diplome umfasst und für die Praxis aufbereitet.
Zeitgemäße Medizin verlangt nach Ärzt:innen, die nicht nur technisch-chirurgische Fertigkeiten und pharmakologisches Wissen aufweisen, sondern auch psychosoziale Kompetenz besitzen. Die nicht nur „reparieren“, sondern den Patient:innen auch Hilfe zur Selbsthilfe geben. Ein großer Teil des Bandes widmet sich der Praxis eines wissenschaftlich begründeten ganzheitlichen Vorgehens in der Medizin und kann auch als Arbeitsbuch verstanden werden: Entlang der Struktur der PSY-Curricula werden eine Vielzahl von erprobten Unterlagen für die ärztliche Praxis angeboten.
Das Werk sei „ein großartiger Werkzeugkoffer“, attestiert Steinhart. Zuerst wird der Fokus auf das professionelle Arzt-Patient-Gespräch gelegt, danach folgt die Bearbeitung von komplexeren Störungsbereichen wie „organisch nicht ausreichend begründbare Beschwerdebilder“ (funktionelle Störungen, „psychosomatische“ Krankheitsbilder“). Daran anschließend wird die vielfältige Nutzung von psychotherapeutischen Interventionen gezeigt, übrigens mit unmittelbarem Praxisbezug.
„Finde gemeinsam mit deinem Patienten heraus, womit du ihm in seinem jeweiligen Krankheitsstadium am besten helfen kannst und unterstütze ihn mit allen gebotenen psychologischen, medikamentösen und technisch-chirurgischen Mitteln.“ Die Medizin der Gegenwart ist also keine „Schulmedizin“, sondern eine „wissenschaftliche Medizin“, die alle empirisch abgesicherten Wirkelemente zu nutzen versteht, fasst Steinhart die Position des Autors Josef W. Egger zusammen.
Egger, emeritierter Universitätsprofessor für biopsychosoziale Medizin an der MedUni Graz, hat während seiner jahrzehntelangen wissenschaftlichen, praktischen und vor allem lehrenden Tätigkeit insbesondere die Arzt-Patient-Kommunikation in den Fokus genommen. Das Buch sei allen Ärzt:innen zu empfehlen, die Interesse an einer gelingenden Arzt-Patient-Beziehung und einem effizienteren therapeutischen Arbeiten auch mit „schwierigen“ Patient:innen haben, so Steinhart abschließend.
Josef W. Egger Psychosoziale, psychosomatische und psychotherapeutische Medizin
Taschenbuch
Leykam (2022)
300 Seiten; 240 mm x 168 mm
ISBN 978-3-7011-0478-9