„Den türenknallenden Chef kennen wir wohl alle"
Empathisch oder cholerisch? Respektvoll oder dominant-autoritär? Teamworker oder „Drüberfahrer“? Chefs gibt es viele, aber irgendwo zwischen diesen beiden Polen bewegen sich die meisten. Der Mediziner und Unternehmensberater Hannes Schoberwalter beschäftigt sich seit Jahren damit, was gute Führungskräfte ausmacht. Im November startet zu genau diesem Thema ein Zertifikatslehrgang an der Kremser Karl-Landsteiner-Privatuniversität. Der Titel: „Ethische Unternehmensführung im Gesundheitswesen“. Mit medinlive sprach Schoberwalter, der bei dem Lehrgang auch einer der Vortragenden ist, unter anderem über eigene Erfahrungen mit katastrophalen Vorgesetzen und die Vorbildfunktion der Mediziner:innen.
Ethische Unternehmensführung also. „Das erscheint mitunter als ein abgenutzter Begriff, das ist mir bewusst, aber es trifft den Kern der Sache einfach am besten. Was heißt das? In Wahrheit geht es doch darum, dass man sich nicht für etwas Besseres halten soll, wenn man an der Spitze steht. Bereits Bernhard von Clairvaux, der Gründer des Zisterzienserordens prägte den Satz „Stehe an der Spitze um zu dienen und nicht um zu herrschen“. Wenn man nicht versteht, dass der Portier genauso wichtig für ein Unternehmen, eine Gesundheitseinrichtung oder sonstige Institution ist wie der Primar, der Direktor oder sonst eine als Chef definierte Person, dann ist man fehl am Platz und weit weg von repräsentativem Führungsverhalten“, so die Bilanz von Hannes Schoberwalter. Er hat als Präsident von EULEAD (European Club for Excellence in Leadership and Management) den Zertifikatslehrgang an der Kremser Karl-Landsteiner-Privatuniversität gemeinsam mit dem Verein ins Leben gerufen.
„Uns war wichtig, aus unseren eigenen Erfahrungen zu lernen, und es besser zu machen, als wir es mitunter erlebt haben. So viele von uns kennen das: Der cholerische Chef, der bei Fehlern nur herumbrüllt, Türen knallt oder seine verliehene Macht dazu ausnützt, persönliche Defizite auszuleben. Da fällt es schwer, Respekt zu haben, und es herrscht mitunter eine Heidenangst. So kann kein gutes und gesundes Arbeitklima entstehen. Außerdem bedingt das Vorhandensein von Fachwissen nicht zwingend die Schlussfolgerung, dass dies einen fähigen Vorgesetzten ausmacht.“ so Schoberwalter. Mit EULEAD wollte man genau da ansetzen und interessierte wie kompetente Ansprechpartner dazu motivieren, den Weg ein Stück gemeinsam zu gehen, so der Vereinspräsident. „Es sollte doch gelingen, Werte so zu vermitteln, damit der Arbeitsalltag für alle Beteiligten so gestaltet wird, dass man am Montag gerne an den Arbeitsplatz zurückkehrt, die Produktivität erhöht wird und der Zusammenhalt dafür gestärkt wird, Ziele erfolgreich zu erreichen“, so Schoberwalter.
Seine eigenen Erfahrungen als Arzt sind diesbezüglich mit gemischten Gefühlen verbunden. „Wie die meisten kenne ich das natürlich auch, wie es sich anfühlt, einen cholerischen oder unsensiblen Chef zu haben. Zum Anderen hatte ich aber auch Vorgesetzte, die meinen Kolleg:innen und mir mit Respekt begegnet sind und wo es Ratschläge; Motivation und konstruktive Kritik gab. Das sollte ein guter Teil dessen sein, was gelungene Führung eben ausmacht.“
„Die Chemie muss stimmen – die sozialen Kompetenzen müssen passen“
Für einen Denkfehler hält er es gerade im ärztlichen Bereich zu sagen: „Ich bin Arzt und damit automatisch eine Führungskraft.“ Es stimme, man werde in dieser Position als Akademiker oft in eine Führungsrolle hineingedrängt, „denken Sie an die Ärztinnen und Ärzte in der Niederlassung, die sehr viele Bereiche gleichzeitig stemmen müssen und anspruchsvollen Herausforderungen ausgesetzt sind“, aber auch das gelte es von Persönlichkeiten zu erlernen, die ihr Wissen und ihre Erfahrungen gerne weitergeben. Niemand muss das von Anfang an können, damit würden sich viele überfordern. Zudem „gibt es auch viele in der Ärzteschaft, die durchaus das Fachwissen haben, aber als Chef leider nicht wirklich geeignet sind“, so Schoberwalter.
Das sei keinesfalls als Abwertung oder Absage an diese Personen zu verstehen, aber die Persönlichkeitsstruktur und Charaktereigenschaften sind wesentlich dafür entscheidend, ob jemand bereit ist, Führungsverantwortung zu übernehmen. „Nicht jeder Mensch ist für alles geeignet. Jeder hat spezielle Talente und Fähigkeiten, die ihn von anderen Menschen unterscheiden. Warum sollte das beim Thema Leadership und Management anders sein – vor allem, wenn eine solide und vorbildhafte Werteorientierung dafür prägend sein soll?“ präzisiert Schoberwalter.
„Uns war es daher wichtig, für den nun startenden Lehrgang oder auch für die jährlich im Stift Göttweig stattfindende EULEAD-Summerschool, Menschen an Bord zu holen, die auch von ihrer Persönlichkeit her eine Vorbildwirkung haben. Wie geht man zum Beispiel mit Erfolg um, ohne abzuheben? Wie geht man mit dem Thema Kritik um, die so wichtig ist?“, erläutert er. Die Führungsebene kann als ein Stein gesehen werden, den man ins Wasser wirft und der dann in seiner Umgebung Kreise zieht. Ein guter Chef schafft es, „das Team zu motivieren und die Extrameile, die manchmal nötig ist, aus seinem Team herausholen zu können. Das machen Kolleg:innen und Mitarbeiter:innen naturgemäß viel lieber und auch besser für einen Chef, den sie schätzen und aufgrund seiner natürlichen Autorität respektieren.“ Die sozialen Kompetenzen, die Soft Skills – sie müssen einfach passen. Die Chemie im Team sowie zwischen selbigem und dem Vorgesetzte spielt hier eine wichtige Rolle, ist Schoberwalter überzeugt. Und davon profitiert zweifelsfrei jedes Unternehmen, jede Institution und jede Gruppe, die am erfolgreichen Erreichen gemeinsamer Zielen interessiert sind.
Zertifikatslehrgang Ethische Unternehmensführung im Gesundheitswesen
Steckbrief
Umfang 25 ECTS berufsbegleitend
Dauer
Zwei Semester - Vorlesungen, Kombinierte Lehrveranstaltungen, Vorlesung und Übung,
Selbststudium, ZertifikatsarbeitAbschluss
Zertifikat der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL)
Kursgebühren
7.000 Euro („Der Rechnungsbetrag enthält keine ausweisfähige Umsatzsteuer, da die Umsätze der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften GmbH gemäß §6/11a UStG von der Umsatzsteuer befreit sind! Die Kursgebühren sind gemäß §6/11a UstG von der Umsatzsteuer befreit.“)
Sprache
Deutsch