Caritas-Präsident Landau: Pflegereform muss „dringend weitergehen“
Rund ein Jahr nach dem Beschluss der Pflegereform fordert die Caritas weitere Maßnahmen. „Die Pflegereform 2022 kann nur der Anfang sein, jetzt muss es dringend weitergehen“, sagte Caritas-Präsident Michael Landau bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Es brauche langfristige Lösungen, eine Harmonisierung der Pflegelandschaft in Österreich sowie eine Evaluierung und gegebenenfalls eine Stärkung der Personal- und Ausbildungsoffensive.
Der Beschluss der Reform im Juli des letzten Jahres habe „veritable Verbesserungen“ gebracht, betonte Landau. Der Fokus auf eine Ausbildungsoffensive und den Fachkräftemangel sei der richtige gewesen. Trotz eines Anstiegs der in der Pflege und im Sozialbereich arbeitenden Menschen sei die Pflegekrise allerdings nicht beendet. In unserer alternden Gesellschaft steige der Bedarf schneller als Absolventen nachrücken. Bis 2030 würden 75.000 bis 100.000 Pflege- und Betreuungskräfte fehlen, außerdem stehe eine Pensionierungswelle an. Die Pandemie hätte indes die Dropout-Quoten ansteigen lassen, die Teuerung Pflegende Angehörige vor weitere Herausforderungen gestellt. Ziel sei es, möglichst viele Menschen für die Pflege zu gewinnen und im Beruf zu halten.
Landau kritisierte die Befristung von Ausbildungs- und Gehaltsboni auf zwei oder drei Jahre. Der Gehaltsbonus solle auch nach 2024 dauerhaft weitergeführt werden, denn es brauche eine langfristige Lösung und Finanzierung, die Arbeitskräften und Arbeitgebern Sicherheit bietet. Österreichweit seien einheitliche Qualitäts-, Versorgungs- und Finanzierungsstandards notwendig.
Ausbildungskosten würden derzeit in manchen, aber nicht allen Bundesländern übernommen werden, nannte Caritas-Kärnten-Direktor Ernst Sandriesser ein Beispiel für den „Fleckerlteppich“ in Österreich. Länder könnten die Kostenübernahme auch wieder einstellen, Schulen und Ausbildungsstätten würde es an Planungssicherheit fehlen. So begrüßt auch Birgit Poier, Leiterin der Caritas-Schule für Sozialbetreuungsberufe und der Höheren Lehranstalt für Sozialbetreuung und Pflege Graz, die bisher gesetzten Maßnahmen wie den Ausbildungszuschuss, setzt sich aber ebenfalls für Planungssicherheit über das Jahr 2025 hinaus ein. Landau forderte außerdem eine Infrastrukturförderung für Schulen für Pflege und Sozialbetreuung.
Kostelka will ein Recht auf Pflege
Sandriesser pochte auf die Bedeutung nicht nur von Pflege-, sondern auch von Sozialbetreuungsberufen und kritisierte, dass Auszubildende während des Pflegepraktikums einen Ausbildungsbonus erhalten, nicht aber, wenn sie sich für die Sozialbetreuung entscheiden. Hier brauche es eine Gleichstellung, meinte auch Poier. Beides sei wichtig, weiß auch Manuela Kröll, Diplomkrankenpflegerin und Schülerin einer Caritas-Schule für Sozialbetreuungsberufe. Ihr Sohn brauche nach einem Unfall beides, die Sozialbetreuung, etwa in einer Tageswerkstätte, ermögliche ihm Normalität.
Es brauche außerdem mehr Praxisanleiterinnen und -anleiter sowie mehr Praktikumsplätze - diese würden aufgrund von Zeit- und Personalmangel in den Einrichtungen fehlen. Einen Mangel gebe es außerdem im Bereich des Lehrpersonals, meinte Sandriesser. Abhilfe könnte etwa ein eigenes Lehramt schaffen, so Poier.
Neue Maßnahmen fordert auch SPÖ-Pensionistenverband-Präsident Peter Kostelka. Er will ein Recht auf Pflege, ein eigenes Staatssekretariat für Pflege, eine Ausbildungsoffensive sowie bundesweite, kontrollierte Standards, die die Qualität der Pflege sicherstellen sollen, teilte er in einer Aussendung mit. Ein erster Schritt solle die Anhebung der Förderung für die 24-Stunden-Betreuung auf mindestens 1.000 Euro monatlich sein.
Unterstützung für Pflegende Angehörige will indes das Rote Kreuz mit einer neuen Online-Plattform bieten. Betroffene finden dort Informationen über Ansprechpersonen, Online-Kurse sowie Angebote des Roten Kreuzes im Rahmen der mobilen Pflege und Betreuung (www.roteskreuz.at/pflegebetreuungdaheim). Pflegefälle in der Familie würden oft unerwartet auftreten und Menschen an ihre Grenzen bringen, so Rotkreuz-Generalsekretär Michael Opriesnig in einer Aussendung.