Wr. Ärztekammer begrüßt Zusage der Politik
Die Ankündigung von Bundeskanzler Karl Nehammer den niedergelassenen Bereich zu stärken stieß auf positive Resonanz in der Wiener Ärztekammer. „Sollte es im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen ein Commitment für zusätzliche Kassenstellen und eine echte Attraktivierung des Kassenarztberufes geben, so würden wir endlich das Problem an der Wurzel packen“, kommentiert Erik Randall Huber, Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, die Ankündigungen Nehammers in einer Aussendung am Freitag.
Nehammer hatte bei einem Medientermin 100 neue Kassenärzte noch im laufenden Jahr und nachhaltige Reformschritte im Gesundheitssystem angekündigt. Freilich müssten den Worten nun auch Taten folgen, so Huber weiter laut OTS. Der Katalog an notwendigen Verbesserungen, um wieder mehr Ärzt:innen für die Kassenmedizin zu begeistern, sei jedenfalls umfangreich: „Weit oben auf der Liste steht die Forderung, den Leistungskatalog endlich moderner zu machen“, sagt Huber. Die Wiener Ärztekammer habe in diesem Zusammenhang wiederholt Vorschläge gemacht, wie im fachärztlichen Bereich Behandlungen, die derzeit nur in Spitalsambulanzen angeboten werden, genauso gut in der Niederlassung erbracht werden könnten.
Aber auch in der Allgemeinmedizin, wo aktuell viele Stellen in Wien gar nicht besetzt werden können, bedürfe es unter anderem einer adäquaten Honorierung der Gesprächsmedizin und administrativer Tätigkeiten wie der Durchsicht von Fremdbefunden außerhalb der Ordinationszeiten, verweist Huber.. Ein Dauerbrenner in einer immer weiblicher werdenden Ärzteschaft sei zudem die Flexibilisierung der Arbeitszeiten und bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. „Die Ärzt:innen wissen über das System wohl am besten Bescheid. Umso unverständlicher ist es, dass wir nicht stärker in die Verhandlungen zum Finanzausgleich eingebunden sind“, so Huber abschließend.
ÖÄK sieht begrüßenswerten Schritt
Auch die Österreichische Ärztekammer reagiert positiv auf die Ankündigungen des Bundeskanzlers. „Wir freuen uns über das Bekenntnis zur Tatsache, dass wir mehr Geld im Gesundheitssystem brauchen“, kommentiert Harald Schlögel, geschäftsführender Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer, in einer Aussendung am Freitag. Nur so ließen sich die Herausforderungen der Zukunft bewältigen. „Die Bevölkerung wird älter, der medizinische Fortschritt legt ein rasantes Tempo an den Tag und wir müssen den Fokus auf Prävention statt auf Reparaturmedizin verlagern – all das wird ohne zusätzliches Geld nicht gelingen. Einem Staat wie Österreich müssen seine Bürger das auch wert sein“, sagt Schlögel.
„Verbesserungen für die Patient:innen müssen unser aller Ziel sein“, sagt Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte. Allerdings sollte es erst einmal darum gehen, die aktuell 300 offenen Kassenstellen zu besetzen, bevor neue geschaffen werden. „Den kassenärztlichen Bereich zu attraktivieren, wie wir es schon lange fordern, ist aber auf jeden Fall ein begrüßenswerter Schritt und genau der richtige Ansatz. Nur so können offene Stellen überhaupt besetzt werden“, sagt Wutscher. Er nehme zudem positiv zur Kenntnis, dass die Politik nun endlich zugegeben habe, in der Vergangenheit viele wichtige Reformen verschlafen zu haben. „Diese Erkenntnis bringt aber nur etwas, wenn jetzt auch Taten folgen“, so Wutscher, der betonte, dass auch die Ärzteschaft jederzeit für Gespräche bereitstehe und sich über regen Austausch freue, damit ihre Expertise auch einfließen könne: „Ohne die Leistungserbringer einzubinden, werden Reformen dieser Größenordnung kaum funktionieren“, betont Wutscher. Leider lasse sich in jüngster Zeit ein gegenteiliger Trend feststellen.
„Die Spitalsambulanzen sind überfüllt. Wir brauchen dringend eine verbindliche Patientenlenkung. Der Ausbau des niedergelassenen Bereichs ist der erste wichtige Schritt dafür.“, sagt Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte. Patient:innen dürften für die Versäumnisse von Politik und Kassen nicht die Zeche zahlen müssen. „Nur mit einem leistungsfähigen niedergelassenen Bereich, der den Menschen rund um die Uhr den wohnortnahen und zuverlässigen Zugang zur medizinischen Versorgung ermöglicht, kann sich der Spitalsbereich auf seine Aufgaben konzentrieren – hochkomplexe Spitzenmedizin“, sagt Mayer. Diese sei gerade jetzt wichtiger denn je. „Nicht nur, weil unsere Ambulanzen unter Überlastung leiden – sondern weil es einfach widersinnig und im Hinblick auf die Zukunft auch verantwortungslos wäre, die teuersten Bereiche unserer Gesundheitsversorgung ohne jegliche Steuerungsmaßnahmen nach Gutdünken zugänglich zu halten“, so Mayer.