Teuerung: Caritas fordert nachhaltige Reformen
Die Caritas begrüßt zwar die Maßnahmen der Regierung gegen die Inflation, fordert aber nachhaltige Strukturreformen. „Für immer mehr Menschen wird die Teuerungswelle zu einer echten Herausforderung“, erinnerte Präsident Michael Landau am Mittwoch in einer Pressekonferenz. Die auf den Weg gebrachten Einmalhilfen reichten nicht aus, um viele Menschen nachhaltig und strukturell aus der Armut zu holen. Erhöht werden sollen Sozialhilfe, Arbeitslosengeld und Ausgleichszulage.
„Wir dürfen uns mit der Not nicht abfinden“, appellierte Landau an die Regierung. Das Sozialsystem habe durch Mehrfachkrisen deutliche Risse bekommen. „Es ist aktuell nicht armutsfest, dieser Befund ist ganz eindeutig“, so der Caritas-Präsident. Das sehe man auch in der täglichen Arbeit der Caritas. So seien die Erstkontakte bei den Sozialberatungsstellen im vergangenen Jahr um mehr als 50 Prozent gestiegen, berichtete Cariats Vizepräsidentin Nora Tödtling-Musenbichler.
Von der zunehmenden Armut Betroffene gebe es viele, betonte Tödtling-Musenbichler. In erster Linie seien dies Frauen, zwei Drittel davon Alleinerzieherinnen. In vielen Diözesen würden aber auch die Anfragen älterer Menschen steigen. Und auch jene arbeitender Menschen, die sich nie gedacht hätten, sich jemals an die Caritas wenden zu müssen. „Working Poor ist längst Realität“, so die Caritas-Vizepräsidentin. Und auch viele Kinder könnten etwa an Schulveranstaltungen nicht mehr teilnehmen.
„Fleckerlteppich“ Sozialhilfe
Für die Caritas braucht es nun unter anderem eine Reform der Sozialhilfe, um wieder ein armutsfestes soziales Netz zu schaffen. Der Appell geht dabei auch an die Länder, die dabei viel Spielraum hätten und ihre „Kann-Bestimmungen“ auch umsetzen sollten. Für Tödtling-Musenbichler ist dieser „Fleckerlteppich“ nur schwer zu erklären. Die Abschaffung der Mindestsicherung war nicht nur für die Caritas-Vizepräsidentin ein schwerer Fehler. „Hier braucht es dringend eine Reparatur.“
Der Wiener Caritas-Direktor Klaus Schwertner forderte wiederum eine dringende Anpassung Leistungen des AMS. „Arbeitslosigkeit ist die häufigste Ursache für ein Abrutschen in die Armut“, sagte er. Der jüngste - und selbst in der türkis-grünen Koalition umstrittene - Geringfügigen-Erlass von Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) solle lediglich von der gescheiterten Arbeitsmarktreform ablenken.
Nicht zuletzt müsse auch die Ausgleichszulage erhöht werden, forderte Caritas-Präsident Landau. „Aktuell klafft eine erhebliche Lücke zwischen diesem politischen Mindeststandard und der Armutsgefährdungsschwelle.“ Erreichen würde man damit unbürokratisch mehrere Gruppen, angefangen von Mindestpensionisten und -pensionistinnen bis zur Alleinerzieherin.
„In Österreich gibt es obszönen Reichtum und bittere Armut“, machte Schwertner außerdem auf die von der „Boston Consulting Group“ veröffentlichte Umfrage aufmerksam, wonach sich ein Drittel des gesamten Finanzvermögens in Österreich in der Hand der 335 reichsten Menschen befindet. Eine Vermögenssteuer fordert die Caritas weiterhin nicht direkt, Landau meinte aber dazu, dass jene, die einen größeren Beitrag leisten können, dies auch tun sollten. Es sei eine „Frage von Fairness und Gerechtigkeit“.