Forscher entwickelten ein Medikament zur Behandlung eines einzigen Patienten
In den USA ist ein Medikament entwickelt worden, um nur eine einzige Patientin zu behandeln. Das Mädchen leidet an einer besonderen Form des Batten-Syndroms. Der Fall verschiebt die Grenzen der personalisierten Therapie und wirft wissenschaftliche, finanzielle und ethische Fragen auf.
Das Medikament, das in dem Fachblatt „New England Journal of Medicine“ beschrieben wird, gilt als die erste „personalisierte“ Behandlung einer genetischen Krankheit, die nur eine einzige Patientin behandelt: die acht jährige Mila Makovec. Seit ihrem dritten Lebensjahr leidet Mila an einer seltenen neurodegenerativen Erberkrankung, die dazu führte, dass das Mädchen innerhalb weniger Jahre erblindete, künstlich ernährt werden muss und bis zu 30 epileptische Anfälle täglich erleidet.
Motorische und kognitive Fähigkeiten blieben stabil
Mila hat eine besondere Form des Batten-Syndroms, bei der eine bisher einzigartige Mutation für die Störung verantwortlich ist. Den Forschern zufolge verursacht dieser Fehler die Bildung eines Proteins, das „die Müllabfuhr der Zellen“ unterstützen soll. Ist diese Funktion gestört, sammelt sich nicht abgebautes Material in den Zellen an, bis diese zugrunde gehen. Bei Mila geschah dies im Gehirn und in den Augen. Innerhalb nur eines Jahres entwickelten Ärzte ein maßgeschneidertes Medikament. Es bewirkt, dass sich ein Stück sogenannter RNA über den entscheidenden Fehler in Milas Erbgut legt und den Zellen wieder die Bildung normaler Proteine ermöglicht.
Vor Beginn der Therapie hatte Mila bis zu 30 epileptische Anfälle pro Tag. Nun seien esmaximal 20. Auch wären die Krämpfe von kürzerer Dauer und es gebe sogar Tage, an denen die Anfälle ausblieben. Die motorischen und kognitiven Fähigkeiten des Mädchens blieben überwiegend stabil. Das Medikament hat keine ernsthaften Nebenwirkungen, berichteten die Mediziner ein Jahr nach Beginn der Behandlung gegenüber der „New York Times“.
Ethische Fragen aufgeworfen
Die klinische Studie zur Erprobung des Medikaments bestand nur als der Probandin Mila. Das nach ihr benannte Medikament Milasen wurde von einer Stiftung finanziert, die von Milas Mutter gegründet wurde und laut Angaben der „New York Times“ drei Millionen Dollar lukrierte.
Angesichts des Falles warfen zwei Mitarbeiter der US-Zulassungsbehörde FDA warfen einige ethische Fragen auf, wie etwa die Sicheheit solcher Ein-Personen-Studien. Selbst wenn es wie bei Mila um ein dem todgeweihtem Kind geht, müsse ausgeschlossen sein, dass die Therapie das Leid vergrößern könnte, heißt es laut Bericht.
Doch wo liegt bei solch schnell fortschreitenden, tödlichen Krankheiten die Grenze des Zumutbaren? Können Patienten und Eltern realistisch einschätzen, ob eine Behandlung wirklich hilft oder den Zustand verschlechtert? Und wenn dann doch weitere Patienten gefunden werden, denen dasselbe Medikament helfen könnte, kann man die Erkenntnisse einfach übertragen? Noch gibt es keine Vorlage für solche Fälle. Diese wird aber in Zukunft nötig sein, vermuten die beiden FDA-Wissenschaftler Janet Woodcock und Peter Marks gegenüber der „New York Times“.