Genforschung

Ursache für äußerst seltene neurologische Erkrankung entdeckt

Die gemeinsame Ursache für neurologische Erkrankungen zweier nicht miteinander verwandter Kinder aus den USA und China hat ein internationales Wissenschafterteam in aufwendigen Untersuchungen gefunden. Die Gruppe zeigt nun im Fachmagazin „EMBO Molecular Medicine“, dass ein Defekt des im Gehirn recht präsenten Rezeptors „FIBCD1“ für die vielfältigen Symptome verantwortlich ist. Das ist der erste Hinweis auf die Beteiligung der Struktur an Autismus-artigen Störungen.

red/Agenturen

Insgesamt 29 Wissenschafter aus sieben Ländern unter Federführung von Vanja Nagy vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Medizinischen Universität Wien sowie dem in Kanada und am Wiener Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der ÖAW tätigen Genetiker Josef Penninger arbeiteten an der Entdeckung mit, heißt es am Dienstag in einer Aussendung des CeMM. Der FIBCD1-Rezeptor findet sich im Gehirn vor allem in der extrazellulären Matrix, also jenem Gewebe, das die Nervenzellen umgibt, der Gehirnstruktur Halt gibt, aber auch bei der Speicherung von Informationen eine Rolle spielt.

Das Team konnte nun zeigen, dass FIBCD1 überdies als Andockstelle für einen der Zuckerbestandteile der Matrix dient. „Da FIBCD1 an bestimmte Zucker bindet und die extrazelluläre Matrix im Gehirn zu einem großen Teil aus Zuckermolekülen besteht, sind wir davon ausgegangen, dass der Rezeptor eine wichtige Rolle für unsere Gehirnfunktionen spielt“, so die Studienleiterin, Vanja Nagy. Das bewahrheitete sich in der Folge auch: Schalteten die Forscher in Fliegen und Mäusen das Gen für den FIBCD1-Rezeptor aus, führte das zu Störungen im Nervensystem.

FIBCD1-Varianten verlieren ihre Funktion

Dass dem auch beim Menschen so ist, wurde anhand der Daten der beiden jungen Patienten aus den USA und China deutlich. Die beiden leiden unter Autismus-Spektrum-Störungen, Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS), verzögerten Entwicklungsschritten, Sprachstörungen und Hirnanomalien. In der Folge konnten die Wissenschafter nachweisen, dass bei den Kindern auch eine Veränderung des Erbguts besteht, das für die Bildung von FIBCD1-Rezeptoren verantwortlich zeichnet.

„Bei den betroffenen Patienten sehen wir, dass in beiden Fällen die FIBCD1-Varianten ihre Funktion verlieren und die Bindung an den Zucker der EZM nicht funktioniert. Daraus können wir ableiten, dass dies der mögliche pathologische Mechanismus sein könnte, der den Erkrankungen der Patienten zugrunde liegt“, so Nagy. Damit konnte den recht verschieden ausgeprägten Krankheitsbildern der beiden Patientinnen nun endlich eine Diagnose zugeordnet werden. Da die gleiche Genmutation zu verschiedenen Symptom-Mustern führt, müsse der Zusammenhang zwischen FIBCD1 und neurologischen Erkrankungen noch weiter untersucht werden, heißt es seitens der Forscher.

Studie