Psychosozialer Krisendienst in Tirol geht in Ausbauphase

Der in Tirol vor zwei Jahren etablierte Psychosoziale Krisendienst, der bisher unter anderem vom Land Tirol, der ÖGK und der Suchthilfe Tirol getragen wurde, geht nach seiner Zeit als Pilotprojekt in die Ausbauphase. Mit den dafür zur Verfügung gestellten neuen Geldmitteln des Bundes will man neben dem bereits etablierten Krisentelefon etwa tirolweit weitere mobile Teams und erste Therapieeinheiten anbieten, hieß es am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Hall in Tirol.

red/Agenturen

Insgesamt nehmen Bund und Land dafür jährlich 600.000 Euro (Land 400.000 Euro, Bund 200.000 Euro) in die Hand. „Durch das zusätzliche Budget vom Bund kann nunmehr etwa flächendeckend gewährleistet werden, dass mobile Teams innerhalb von 48 Stunden vor Ort sind“, erklärte Gesundheitslandesrätin Cornelia Hagele (ÖVP). Zusammen mit dem Krisentelefon werde dadurch überaus wertvolle Arbeit geleistet: „Damit können zum Teil auch Einweisungen verhindert werden.“

Allein ein Anruf leiste in „akuten Situationen“ nämlich oft bereits einen wichtigen Beitrag zur psychischen Gesundheit, sage Leo Alber, Geschäftsführer Psychosozialer Pflegedienst Tirol (PSP Tirol): „Damit kann für Entlastung gesorgt und ein Perspektivenwechsel herbeigeführt werden.“ Dem schloss sich auch Bernhard Achatz, Vorsitzender Landesstellenausschuss der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) Tirol, an: „Das Krisentelefon ist ein gutes, einfaches und niederschwelliges Instrument“. Zusammen mit dem mobilen Team können man potenziell „krisenhafte Notfälle“ vermeiden.

Steigende Anruferzahl, Krisendienst als „Anti-Stigma-Projekt“

Das Instrument funktioniere jedenfalls gut und werde auch rege in Anspruch genommen, berichtete der Obmann der Suchthilfe Tirol, Christian Haring: „Seit Beginn des Projektes gab es 8.000 Anrufe.“ Aktuell sei die Zahl der Anrufe zudem im Steigen begriffen: „Statt bisher monatlich 300 haben wir aktuell rund 350 Anrufe“. Die am Telefon sitzenden Psychotherapeuten hätten aktuell jedenfalls gerade viel zu tun: „Es geht beispielsweise um Einsamkeit oder um Konflikte in der Familie.“

Dass diese und weitere „krisenhafte Situationen“ tirolweit in etwa gleich verteilt sind, stand für Alber und Haring nicht zur Debatte. „Dennoch rufen beispielsweise Menschen aus den peripheren Bezirken Osttirol oder Reutte seltener an“, sagte Alber. Auch die so wichtige Zielgruppe zwischen 60 und 70 Jahren erreiche man laut Haring nur schwer. „Das liegt womöglich auch am Stigma von psychischen Krisen“, strich der Suchthilfe-Obmann heraus, der im gleichen Atemzug den Psychosozialen Krisendienst als „Anti-Stigma-Projekt“ verstanden wissen wollte.