Bei einem Off-Label-Use (auf Deutsch in etwa: andere Verwendung als auf dem Etikett) wird ein Arzneimittel gegen eine Krankheit eingesetzt, für die es von den Zulassungsbehörden keine Genehmigung hat.
Semaglutid ist in Europa seit 2018 als Diabetes-Medikament „Ozempic“ zugelassen, um den Blutzuckerspiegel zu senken. Neuer, von Anfang 2022, ist eine Zulassung in der EU speziell mit dem Einsatzgebiet Gewichtsverlust und -kontrolle (Markenname „Wegovy“): Gedacht ist es für Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) ab 30, also Adipositas, und für Übergewichtige (BMI ab 27) mit mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung.
„Wegovy“ ist in Deutschland bisher aber gar nicht erhältlich, wie der Hersteller Novo Nordisk Pharma auf Anfrage bestätigte. Offenbar wird Abnehmwilligen von Ärzt:innen stattdessen das Diabetesmedikament „Ozempic“ verschrieben. „Es geht nicht an, dass ich ein Anti-Diabetikum verschreibe off-label für jemanden, der abnehmen möchte. Das ist ein Unding, da hab ich doch auch eine Verantwortung als Verschreiber“, kritisierte Torsten Hoppe-Tichy, Leiter der Apotheke des Universitätsklinikums Heidelberg, diese Nutzung. In Österreich ist „Ozempic“ mit Blick in die „Liste der der Meldungen zu Vertriebseinschränkungen zu Arzneimittelspezialitäten“, wie die Information des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) heisst, jedenfalls verfügbar.
Promieffekt steigert Nachfrage enorm
Semaglutid wurde in den vergangenen Monaten in sozialen Netzwerken gehypt, auch weil einige Promis so abgenommen haben sollen. So erwähnte Tech-Milliardär Elon Musk auf die Frage nach dem Geheimnis seines Aussehens neben dem Fasten den Namen der Arznei. Ärzt:innen berichten von verstärkten Nachfragen von Patient:innen nach dem Mittel. Auch US-Reality-Star Kim Kardashian schwärmt von dem Präparat.
In einer Studie verloren Patient:innen, die begleitend zu Lebensstiländerungen eine Dosis Semaglutid pro Woche erhielten, im Schnitt nach 68 Wochen etwa 15 Prozent Gewicht. Eine Vergleichsgruppe, die ein Scheinmedikament bekam, nahm im gleichen Zeitraum nur gut zwei Prozent ab, wie es im „New England Journal of Medicine“ hieß.
Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) warnte schon Ende 2022 vor Risiken und Nebenwirkungen und „einer von den Zulassungsbehörden nicht freigegebenen, unkontrollierten Anwendung“. Eines der Probleme sei, dass eine Lifestyle-Anwendung nicht untersucht sei, hatte DGE-Sprecher Stephan Petersenn erklärt. „Es ist unklar, ob übergewichtige Patient:innen, der aber nicht adipös ist, überhaupt Gewicht verliert.“ Auch Nebenwirkungen wie Übelkeit und Durchfall seien möglich. Generell solle die Anwendung eingebettet sein in ein Gesamt-Therapiekonzept mit Ernährung und Sport unter ärztlicher Überwachung.
BASG