Dass die Bevölkerung des südostafrikanischen Landes im augenmedizinischen Bereich dramatisch unterversorgt ist, spiegelt sich in einer Blindheitsrate von 0,83 Prozent wieder, wie „Licht für die Welt“ berichtet. Für Menschen über 50 Jahren liegt sie demnach sogar bei bis zu 7,1 Prozent. Dabei wären 80 Prozent der Fälle durch die richtige Behandlung durch qualifiziertes Fachpersonal vermeidbar, so die Hilfsorganisation.
Mit der Facharztausbildung will die NGO die Versorgungssituation in Ländern wie Mosambik langfristig und nachhaltig verbessern. Der mosambikanische Allgemeinmediziner Dr. Chabane Amisse studiert derzeit Augenmedizin am Kilimanjaro Christian Medical University College in Moshi in Tansania. Im Interview mit medinlive erzählt der 36-jährige mosambikanische Arzt vom medizinischen Umfeld in Mosambik, sowie seinen persönlichen medizinischen Erfolgen und Zielen.
medinlive: Herr Doktor Amisse, Sie absolvieren gerade eine ophthalmologische Facharztausbildung am renommierten Kilimanjaro Christian Medical Centre (KCMC) in Tansania. Wo legen sie ihren Forschungsschwerpunkt und welche Operationsfähigkeiten wollen sie im Zuge dessen noch verbessern?
Amisse: Derzeit befinde ich mich im dritten Jahr des Medizinmasterstudiums der Augenheilkunde. Meine Forschung konzentriert sich auf die Ursachen dauerhafter Sehbehinderungen und die Ergebnisse von Therapien gegen Sehstörungen am KCMC. Zu den chirurgischen Fertigkeiten, die ich verbessern möchte zählt die Operation des Grauen Star und der Glaukomerkrankung.
medinlive: Woher stammt ihr Interesse für die Augenheilkunde?
Amisse: Das Interesse kam während des vierten Jahres meines Medizinstudiums auf und verstärkte sich, als ich begann in ländlicheren Gegenden zu arbeiten. Dort behandelte ich Patienten mit unterschiedlichen Erkrankungen, darunter auch Augenkrankheiten.
medinlive: Welche Augenerkrankungen sind am weitesten verbreitet in Mosambik? Und welche werden am seltensten behandelt?
Amisse: Katarakt, Glaukom, Fehlsichtigkeiten, diabetische Retinopathie und altersbedingte Makuladegeneration sind die häufigsten Augenerkrankungen, gemäß dem, was ich gelesen und vor Ort wahrgenommen habe. Die Krankheitsbilder, die selten behandelt werden, sind jene, die Fachärzte benötigen, solche, die den hinteren Augenabschnitt betreffen (diabetische Netzhauterkrankung, Makulardegeneration, Netzhautablösung) und jene, die einen okuloplastischen Chirurgen erfordern.
medinlive: Wie würden Sie das medizinische Umfeld in Mosambik beschreiben? Welche Charakterista und Herausforderungen gibt es?
Amisse: Eine Herausforderung für die Augenheilkunde in Mosambik ist, dass Augenärzte häufig in den Hauptstädten verfügbar sind. Aus diesem Grund ist die Nachfrage nach augenärztlicher Versorgung hoch, der Zugang aber schwierig. Eine weitere Herausforderung stellt der Mangel an SpezialistInnen und medizinischen Geräten dar.
medinlive: Wie lange müssen Mosambikaner auf eine Augenoperation warten?
Amisse: Die Wartezeit variiert von Provinz zu Provinz, jedoch müssen die PatientInnen wirklich warten, um eine Operationsmöglichkeit zu erhalten. Wenn die PatientInnen schon auf die Erstuntersuchung warten müssen, wie steht es dann um ihre Chancen, auch tatsächlich operiert zu werden?! Eine der Schwierigkeiten, mit denen PatientInnen und ihre Angehörigen konfrontiert sind, stellen die Kosten für die Unterkunft dar. Dieser Umstand verschlimmert sich noch, wenn sie lange Wartezeiten auf sich nehmen müssen.
medinlive: Wie viele PatientInnen werden Sie in Zukunft behandeln?
Amisse: Es ist schwer zu sagen, wie viele PatientInnen ich nach dem Studienabschluss behandeln werde. Ich erwarte viele, es sei denn, die Situation bessert sich abrupt.
medinlive: Es heißt, dass viele der in Mosambik tätigen ÄrztInnen aus anderen Ländern kommen und viele MosambikanInnen, die eine medizinische Ausbildung besitzen, das Land verlassen. Glauben Sie, dass dieses Programm eine gute Möglichkeit ist, um gute ÄrztInnen in ihrem Heimatland zu halten? Hatten auch Sie vor ins Ausland zu gehen?
Amisse: Ich habe nicht viele Kenntnisse über mosambikanische ÄrztInnen die im Ausland arbeiten. Ich weiss allerdings, dass sich eine beachtliche Zahl von ÄrztInnen für Nichtregierungsorganisationen tätig ist. Ich selbst habe bisher nicht vor, im Ausland zu arbeiten.
medinlive: Nach bekannten Erkenntnissen sollte der Graue Star so schnell wie möglich behandelt werden. Wie häufig gibt es Fälle, in denen Patienten in Mosambik erst dann in das Krankenhaus kommen, wenn es für eine erfolgreiche Operation bereits zu spät ist? Sollte es mehr Aufklärung zu diesem Thema geben?
Amisse: Wenn der altersbedingte Katarakt über einen langen Zeitraum besteht, kann es zu Komplikationen kommen. Aus diesem Grund wäre es ideal, wenn die PatientInnen , operiert würden, sobald sie die Kriterien für eine Operation erfüllen. Pädiatrische Patienten, die Gefahr laufen, eine Amblyopie zu entwickeln, sowie Patienten mit Glaukom oder Uveitis, die durch den Grauen Star hervorgerufen wurde, sind sehr dringende Fälle, die eine sofortige operative Behandlung benötigen. Bildungsarbeit ist notwendig für die Sensibilisierung, doch reicht sie nicht aus, wenn wir nicht unser Gesundheitssystem darauf vorbereiten, diese Patienten ohne große Einschränkungen aufzunehmen.
medinlive: Wie viele Katarakt-Operationen haben Sie bereits durchgeführt und könnten Sie beschreiben wie es sich anfühlt, jemandem das Augenlicht wiederzugeben?
Amisse: Bisher habe ich fast 60 Kataraktoperationen durchgeführt, einschließlich derer, die ich im Team operiert habe. Die Zahl der Operationen, die ich alleine erfolgreich durchgeführt habe, liegt bei etwa 13. Eine erfolgreiche Kataraktoperation ist ein großer Erfolg für den Chirurgen und eine Befreiung für den Patienten.
medinlive: Nach dem Studienabschluss werden Sie vom Gesundheitsministerium eingestellt und arbeiten auch in abgelegenen Regionen an der augenärztlichen Versorgung. Auf welche Projekte und Arbeitsabläufe freuen Sie sich besonders?
Amisse: Ich persönlich möchte Spezialist für plastische Gesichtschirurgie werden werden. Das ist mein Traum. Ich weiß, dass es in Mosambik viele Patienten gibt, die in diesem Bereich bisher keine Hilfe bekommen und sie benötigen.
Weiterführende Links:
Spendenaufruf für „mehr Augenärzte für Mosambik“ von Dr. Irene Ruhswurm
Die Ärztekammer setzt sich als Spender für die Projekte von „Licht für die Welt“ ein.
Licht für die Welt – Spenden für Sturmkatastrophe in Mosambik
Onlinespenden: www.licht-fuer-die-welt.at
Spenden per Erlagschein: IBAN: AT92 2011 1000 0256 6001, BIC: GIBAATWWXXX