Wobei Ferenci in der Schlussfolgerung dem Gesundheitsminister durchaus recht gibt: „Ja, die psychische Situation von Kindern und Jugendlichen ist schlecht. Und ja, die Versorgungsituation kann man in weiten Teilen des Landes nur mehr als erbärmlich bezeichnen. Aber das alles auf Corona zu schieben, ist ein Versuch, jahrelanges Ignorieren der Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen in Österreich zu verschleiern.“
Die Versorgung an der Kinderpsychiatrie im WiGev/Rosenhügel könne nur mehr mit externen Ärztinnen und Ärzten in einem Notbetrieb aufrechterhalten werden. Die Entlastung durch den Ausbau der ambulanten Versorgung ist ebenfalls nicht ausreichend. In den vergangenen Jahren mussten die Ärztekammern mühsam Kassenverträge für Kinder- und Jugendpsychiatrie erkämpfen, und „bei Weitem deckt das Angebot den Bedarf noch nicht ab. Hier wäre der Minister gefordert, klare Handlungsvorgaben an die Sozialversicherung und Länder zu geben“.
Schon vor der Corona-Pandemie war die kinderpsychiatrische Versorgung für ein Land wie Österreich „eine Schande“. Aber anstatt auf den wegen der Pandemie gestiegenen Bedarf an Therapieangeboten für Kinder und Jugendliche zu reagieren, werden diese nun instrumentalisiert“, kritisiert Ferenci.
Entsprechende Versorgung sicherstellen
Der Versorgungbedarf für Kinder und Jugendliche wird jedenfalls weiter steigen. Und Stand der Wissenschaft in der Medizin ist es, dass Viruserkrankungen bei einem Teil der Erkrankten Langzeitfolgen auslösen. Der Obmann der Sektion der zur selbstständigen Berufsausübung berechtigten Ärzte der Ärztekammer für Wien und Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde, George Zabaneh, nennt hier als konkretes Beispiel die Windpocken, die im Erwachsenenalter Herpes Zoster (Gürtelrose) auslösen, oder auch das Epstein-Barr-Virus, Auslöser des Pfeifferschen-Drüsenfiebers, welches das Risiko für die Entwicklung einer Multiple Sklerose oder eines Hodgkin-Lymphoms erhöht. Hier sei die Politik gefordert, die Behandlung der zu befürchtenden physischen und psychischen Folgeerscheinungen der Corona-Pandemie durch entsprechende stationäre und ambulante Versorgungsangebote sicherzustellen, so Zabaneh.