Tatsächlich darf kein Insekt - in welcher Form auch immer - ungekennzeichnet in EU-Lebensmitteln verarbeitet werden. Zudem müssen Produkte, die komplett oder auch nur zum Teil aus Insekten bestehen, auch mit entsprechenden Allergenhinweisen versehen werden. Beides ist in den entsprechenden Verordnungen klar geregelt.
Höchste Auflagen und Qualitätsstandards
Rund zwei Milliarden Menschen weltweit essen laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen Insekten. In der EU gelten die Tiere trotzdem als neuartige Lebensmittel und unterliegen daher der Novel Food Verordnung, die 1997 verfasst und 2015 um Insekten ergänzt wurde. Mit der Aufnahme in diese Liste wurde gesichert, dass die Inverkehrbringung von Insekten als Nahrungsmitteln höchsten Auflagen und Qualitätsstandards entsprechen muss. EU-Konsumenten können sich deshalb darauf verlassen, dass ihnen diese Lebensmittel nicht schaden. Dafür sorgen etwa auch Studien und Verordnungen wie die vergangene Woche erlassenen.
Angst vor Insekten?
Christoph Thomann, CEO und Gründer der Firma Zirp Insects GmbH, kennt die Sorgen der Konsument:innen. Nach rund zehn Jahren Beschäftigung mit der Thematik weiß er: „70 Prozent der Menschen haben Angst, wenn sie das Wort 'Insekten' hören.“ Diese Angst müsse ihnen genommen werden, sobald Insekten in Lebensmittel eingearbeitet werden. Dafür, das zu tun, gibt es für Thomann „etliche Gründe“. Allen voran sind Insekten verhältnismäßig ressourcenschonend, zudem laut Zirp die „beste tierische Proteinquelle“.
Dass Insekten im Ganzen oder in verarbeiteter Form innerhalb der EU verkauft werden dürfen, ist nicht erst seit Ende Jänner 2023 der Fall. Laut Thomann ist das „im ganzen EU-Raum seit spätestens 2021 erlaubt und in einigen EU-Ländern wie Deutschland, aber auch Österreich schon seit 2015“. Anfangs durften sie demnach nur im Ganzen für Lebensmittel verwendet werden, seit 2021 auch in verarbeiteter Form. Ursprünglich waren ganze Insekten für den Europäischen Gerichtshof keine neuartigen Lebensmittel, seit 2018 müssen auch diese den entsprechenden Genehmigungsprozess durchlaufen.
Kein Grillenmehl ohne Kennzeichnung
Schon bisher mussten Anbieter von Produkten mit Insekten als Zutaten diese entsprechend kennzeichnen. „Die Angst, dass Grillenmehl jetzt unwissentlich in Lebensmittel beigemischt wird, ist unbegründet", erklärt Thomann dazu. Die in Social-Media-Postings geäußerte Angst, dass Konsument:innen mit der lateinischen Kennzeichnung „Acheta domesticus“ hinter das Licht geführt werden könnten, ist unberechtigt. Laut EU-Verordnung lautet die Kennzeichnung „Acheta domesticus (Hausgrille)“ und ist in Klammern in der jeweiligen Landessprache anzugeben.
Auch die verpflichtenden Allergiehinweise sind nicht neu. Da Personen, die allergisch auf Weichtiere, Krebstiere und/oder Hausstaubmilben sind, auch auf den Verzehr von Insekten allergisch reagieren könnten, ist dieser Allergenhinweis auf allen Produkten mit Insekten anzuführen. Diese zählen laut Zirp im Übrigen „generell nicht zum vegetarisch/veganen Lebensstil“ und müssen daher entsprechend als Lebensmittel tierischen Ursprungs gekennzeichnet werden.
Insekten nach wie vor Nischenprodukt
Generell sehen Expert:innen das Thema eher noch als Zukunftsmusik auf einem bisher überschaubaren Markt. Dass Firmen von der Möglichkeit, Insekten etwa in Kekse oder andere Backwaren zu mischen, Gebrauch machen, liegt laut Lebensmittelchemiker Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg „wirklich noch in weiter Ferne“. Auch wirtschaftlich ist der Anreiz demnach noch nicht gegeben. „Produkte mit Insektenmehl werden zum Teil deutlich teurer verkauft“, sagte Valet der Deutschen Presse-Agentur.
Speiseinsekten, die hierzulande vertrieben werden, stammen laut Valet stets aus kontrollierter Aufzucht. Das betont auch Thomann, der lediglich vor dem Verzehr von „Wildfang“ warnt. Dass dieser nicht in den Handel gerät, soll durch das strenge EU-Regelwerk sichergestellt werden. Denn die Lebensmittelsicherheit habe für die Kommission „oberste Priorität“.