Der Ehrenring ist mittlerweile einer der renommiertesten Wissenschaftsawards Österreichs und eine Initiative der Ärztekammer, um den interdisziplinären Dialog zu fördern und Wissenschafter, die im Sinne des Humanisten Paul Watzlawick tätig sind, zu ehren.
Durch die Corona-Pandemie sind die beiden Forscher auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden: Peter Klimek und Stefan Thurner, Mitinitiatoren des Complexity Science Hub Vienna (CSH). Sie waren und sind diejenigen, die mithilfe von Big Data und Einbeziehung unterschiedlicher Daten, die sie von Behörden und Institutionen erhalten, Prognosen zur weiteren Entwicklung der Pandemie abgeben. Dabei verknüpfen sie unterschiedliche Informationen und potenzielle Einflussfaktoren miteinander.
„Jedes komplexe System hat Netzwerke in sich. Das Verständnis dieser Netzwerke ist die Quintessenz, um komplexe Systeme zu verstehen, wie sich diese dynamisch verhalten, wie sie auf Stress reagieren, Robustheit zeigen oder kollabieren. Erst wenn man weiß, wie die Bausteine miteinander in Beziehung stehen, kann man ein System verstehen“, so Thurner, der erst vor wenigen Monaten das Buch „Die Zerbrechlichkeit der Welt“ veröffentlicht hat.
Gemeinsam mit seinem Kollegen Peter Klimek arbeitete er an komplexen Problemen aus den Segmenten Klimawandel, Migration, gesellschaftliche Ungleichheit, Gesundheitspolitik und -versorgung, Finanz- und Ökosysteme.
Die Beschäftigung mit komplexen Systemen ist noch eine junge Wissenschaft, eine indirekte Konsequenz der Informationsgesellschaft und der Möglichkeiten, die Big Data bieten, um unterschiedliche Systeme und deren Verwobenheit zu analysieren.
Enge Zusammenarbeit beider Wissenschafter
Stefan Thurner ist gebürtiger Tiroler, studierte Theoretische Physik an der Universität Wien sowie an der TU Wien, wo er sich – nach Studienaufenthalt an der Columbia University, der Humboldt-Universität und der Boston University – habilitierte.
Seit 2000 ist Thurner, der auch ein Studium der Wirtschaftswissenschaften absolvierte, Professor für die Wissenschaft komplexer Systeme an der MedUni Wien. Seit 2015 leitet er – gemeinsam mit Peter Klimek – den Complexity Science Hub Vienna, eine europaweit einzigartige Forschungsinstitution.
Peter Klimek studierte ebenfalls Theoretische Physik an der Universität Wien, war anschließend als Project Engineer am European Virtual Institut für Integrated Risk Management sowie an der Steinbeis Advanced Risk Technologies beschäftigt und wurde 2011 Assistent am Institut für die Wissenschaft komplexer Systeme an der MedUni Wien und ging dann gemeinsam mit Thurner an den Complexity Science Hub Vienna.
Beide Wissenschafter arbeiten seit Jahren eng zusammen, wobei derzeit Krankheiten und Verbreitung von Krankheiten im Fokus ihrer Tätigkeit – zumindest nach außen – stehen: „Wir wollen wissen, wie Krankheiten entstehen und wie sie sich ausbreiten können. Dabei gehen wir von mehreren Netzwerken aus, die ihre Funktion nicht oder nur teilweise erfüllen.“
Ehrenpreis posthum an Rudolf Burger
Die Überreichung der Ehrenringe findet durch Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres sowie die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, statt – gemeinsam mit Elisabeth Nöstlinger-Jochum, der Vorsitzenden der Jury.
Bisherige Preisträger waren unter anderem Rüdiger Safranski, Friedrich Achleitner, Ruth Klüger, Konrad Paul Liessmann, Franz Schuh, Ulrike Guérot und Robert Pfaller. 2021 wurde zudem ein Ehrenpreis an den Wiener Kulturhistoriker Rudolf Burger für sein Lebenswerk vergeben. Kurz nach Bekanntgabe des Preises verstarb Burger.