Geändert habe sich in diesem Jahr wenig, meinte Anderl: „Man hat maximal ein kleines Pflaster auf eine Wunde gelegt.“ Viele der angekündigten Maßnahmen hätten bei der Umsetzung dann für Enttäuschung gesorgt. So sei etwa eine zusätzliche Entlastungswoche für Pflegekräfte ab dem 43. Lebensjahr unabhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit versprochen worden. Nun würden dagegen bestehende Zusatzurlaubstage angerechnet: „Dadurch ändert sich für viele gar nix - so entsteht mehr Schaden als Nutzen.“
„Katastrophal“ sei auch die Umsetzung des Pflegebonus ausgefallen, monierte Anderl. Aufgrund fehlender Vorgaben hätten die Länder die Regelung unterschiedlich umgesetzt, was zu Verärgerung bei den Betroffenen geführt habe. Manche Berufsgruppen seien vollständig ausgeschlossen worden, die Befristung der Maßnahme habe zu Unsicherheiten geführt. „Ein Rohrkrepierer der Sonderklasse“, ergänzte Katzian.
Dringend nötig sei eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, forderte der ÖGB-Chef. „Der Personalschlüssel ist einer der wichtigsten Hebel, um Schritte nach vorne zu machen.“ Das ständige Einspringen-Müssen wegen Personalmangels führe dazu, dass auch viele aktuelle Pflegekräfte über einen Ausstieg nachdenken.
„Am Ende des Tages geht es um den Sozialstaat“
Umgekehrt würden viele erst gar nicht einsteigen, weil es in der Ausbildung kein existenzsicherndes Einkommen gebe, so Anderl. Katzian wiederum forderte, dass jene Personen, die in den Einrichtungen für die Ausbildung der Nachwuchskräfte sorgen, in dieser Zeit aus dem Dienstrad genommen werden.
Dass manche Bundesländer zur Behebung des Personalmangels Pflegekräfte aus Vietnam oder anderen Staaten anwerben, findet der ÖGB-Präsident „eh gut“. Diese „Notmaßnahmen“ könne man den Ländern nicht vorwerfen.
Klar ist sowohl für Anderl als auch Katzian, dass sämtliche Maßnahmen viel Geld kosten, aber: „Am Ende des Tages geht es um den Sozialstaat. Wenn wir das wollen, müssen wir sagen, wir werden es auch finanzieren“, so Katzian. „Große Vermögen“ und „große Erbschaften“ müssten daher mehr beitragen, bemühte er Standard-Analogien: „Weil breite Schultern mehr tragen können wie ein Zniachterl.“ Er habe auch nichts dagegen, wenn solche zusätzlichen Einnahmen dann für die Pflege zweckgebunden würden - „Why not? Wenn sich größere Vermögen dann leichter tun....“