Ärztegesetz

Die Eckpunkte des Ministerialentwurfs

Der Rechtsexperte der Wiener Ärztekammer Claus Penz erläutert gegenüber „medinlive“ die Eckpunkte des Gesetzesentwurfs für die Ärztegesetz-Novelle des Gesundheitsministeriums.

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Der Ministerialentwurf (Erläuterungen und Textgegenüberstellung), mit dem das Ärztegesetz 1998 sowie das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Freiberuflichen-Sozialversicherungsgesetz geändert werden sollen, ist noch bis 8. November 2018 in Begutachtung, danach wird im Ministerrat darüber abgestimmt. Findet er die Zustimmung aller, wird er als Regierungsvorlage dem Parlament übermittelt. 

medinlive: Was sind die wichtigsten geplanten Neuerungen im Ärztegesetz und wie sehen diese im Detail aus?

Penz: Die wesentlichsten Bereiche der geplanten Ärztegesetz-Novelle betreffen die Anstellung von Ärzten bei Ärzten, die Aufnahme von komplementär- und alternativmedizinischen Heilverfahren in den Tätigkeitsvorbehalt und die Neuregelung der Ausbildung von Notärzten. Ergänzt werden die Bestimmungen durch eine Regelung, die es Ärztinnen und Ärzten künftig erleichtern soll, Sterbenden Beistand zu leisten.

medinlive: In welchem Stundenausmaß können Ärztinnen und Ärzte ihre Kolleginnen und Kollegen dann anstellen?

Penz: Der vorliegende Entwurf sieht vor, dass niedergelassene Ärztinnen und Ärzte andere Ärztinnen und Ärzte künftig im Ausmaß eines Vollzeitäquivalents anstellen können. Das Vollzeitäquivalent wird hierbei mit 40 Wochenstunden definiert. Das ermöglicht es aber auch, mehrere Ärztinnen und Ärzte gleichzeitig anzustellen, sofern das Vollzeitäquivalent nicht überschritten wird. Bei Gruppenpraxen dürfen Ärztinnen und Ärzten höchstens im Ausmaß von zwei Vollzeitäquivalenten angestellt werden. Wichtig ist auch, dass Lehrpraktikanten nicht in diese Berechnung miteinbezogen sind. Das bedeutet, dass diese auch zusätzlich zu den genannten Vollzeitäquivalenten beschäftigt werden dürfen. Ebenfalls wichtig ist, dass die Anstellung nur im jeweiligen Fachgebiet der niedergelassenen Ärztin bzw. des niedergelassenen Arztes bzw. des Gruppenpraxis-Gesellschafters erfolgen kann. Ein Facharzt für Augenheilkunde kann daher auch nur einen Facharzt für Augenheilkunde, nicht aber zum Beispiel einen Facharzt für Anästhesie anstellen. Mit diesen Regelungen möchte man insbesondere auch die Abgrenzung zu den Krankenanstalten sicherstellen.

medinlive: Kann ein Vertretungsarzt angestellt werden?

Penz: Auch hinsichtlich der Vertretung trifft die vorliegende Novelle Klarstellungen: Eine Vertretung wird grundsätzlich als freiberufliche Tätigkeit definiert und setzt voraus, dass die vertretene Ärztin bzw. der vertretene Arzt und der Vertreter nicht überwiegend gleichzeitig in der Ordinationsstätte oder Gruppenpraxis tätig sind.

medinlive: Wie ist der rechtliche Rahmen bei der Neuregelung für die Palliativmedizin definiert?

Penz: § 49a wird festschreiben, dass die Ärztin bzw. der Arzt Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde beizustehen haben. In diesem Zusammenhang wird festgehalten, dass es auch zulässig sein wird, im Rahmen von palliativmedizinischen Indikationen Maßnahmen zu setzen, deren Nutzen zur Linderung von Schmerzen und Qualen im Verhältnis zum Risiko einer Beschleunigung des Verlusts vitaler Lebensfunktionen überwiegt. Auslöser des Novellierungsvorschlages war ein Fall aus Salzburg, bei dem einem Arzt zur Last gelegt wurde, einer 79-jährigen Patientin so viel Morphin verabreicht zu haben, dass sie daran starb. Der Arzt wurde zwar letzten Endes vom Vorwurf des Mordes und der fahrlässigen Tötung freigesprochen, allerdings wollte man dem anhand dieses Falles offensichtlich gewordenen Graubereich durch die gesetzliche Klarstellung entgegentreten.

medinlive: Laut dem Gesetzesentwurf sollen alternativmedizinische Methoden Teil des Arztberufes werden. Was bedeutet das für Ärztinnen und Ärzte? Gibt es nähere Details welche Praktiken, Anwendung oder Methoden unter diese Regelung fallen?

Penz: Für Ärztinnen und Ärzte liegt die Bedeutung dieser Regelung darin, dass sich der sogenannte ärztliche Vorbehaltsbereich durch diese Novellierung deutlich ausweitet. Die genannten Methoden wären somit in Zukunft ein Teil des ärztlichen Berufsbildes. Gleichzeitig würde die Novellierung dazu führen, dass das Anbieten unprofessioneller heilkundlicher Angebote künftig auch als „Kurpfuscherei“ strafbar würden. Einen genauen Katalog, welche Methoden genau unter diese Regelung fallen, gibt es noch nicht und wären jedenfalls nach einer allfälligen Gesetzwerdung gemeinsam mit dem zuständigen Ministerium zu konkretisieren.

medinlive: Welche weiteren Neuerungen sieht der Entwurf vor?

Penz: Der vorliegende Entwurf einer Ärztegesetz-Novelle enthält weiters auch umfangreiche Anpassungen im Bereich der Notarztausbildung. So bedingt die Notwendigkeit einer qualitativen Verbesserung der notärztlichen Qualifikation eine Neukonzeption der Ausbildung, die sich aus einem erweiterten Lehrgang mit 80 (statt wie bisher 60) Einheiten, einem definierten notärztlichen klinischen Kompetenzerwerb sowie einer Abschlussprüfung zusammensetzen soll. Neu wird auch sein, dass erstmals auch Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung, die ihre Ausbildung weitgehend abgeschlossen haben, an Einsätzen im Rahmen krankenanstaltengebundener organisierter Notarztdienste auch ohne Anleitung und Aufsicht eines Notarztes teilnehmen können. Dies stellt insbesondere deshalb eine Besonderheit dar, da dadurch erstmals auch Ärztinnen und Ärzten in Ausbildung in bestimmten Grenzen eine eigenverantwortliche Berufsausübung ermöglicht wird. Aus diesem Grund werden auch die Zugangsvoraussetzungen zum Erwerb der notärztlichen Qualifikation geändert: zukünftig können auch Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung diese erwerben. Gleichzeitig werden nur mehr Fachärzte klinischer Sonderfächer notärztliche Kompetenzen erlangen können.

medinlive: Wann treten diese Neuerungen in Kraft?

Penz: Das Inkrafttreten hängt wesentlich von der Beschlussfassung im Nationalrat ab. Zurzeit liegt erst ein sogenannter Ministerialentwurf vor. Es ist allerdings geplant, dass der Entwurf noch dieses Jahr vom Parlament behandelt und auch beschlossen werden soll.

Zur Person
Claus Penz ist Leiter der Stabsstelle Recht der Ärztekammer für Wien. Sein Tätigkeitsbereich umfasst Arbeits- und Dienstrecht der gemeinde- und bundesbediensteten Ärztinnen und Ärzte, Angelegenheiten des Wohlfahrtsfonds, Bedarfsprüfung nach dem KAG bei Gründung von Krankenanstalten und Ambulatorien und allgemeine Fragen des Berufsrechts.

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Stefan Seelig