Fast ungewohnt unmaskiert ob der strikten 1G Regel im Museumsquartier trafen sich Mediziner*innen sowie Teilnehmer*innen aus der Pharmabranche und andere Interessierte zum Get-together und fachlichen Austausch.
Als Veranstalter fungierte die Kurie Angestellte Ärzte der Ärztekammer für Wien, auf dem Podium vertreten durch ihren Obmann Gerald Gingold, der dazu aufrief, „keine Angst vor dem Unbekannten zu haben.“ Die Digitalisierung sei in vollem Gange, ohne den Menschen dahinter „wird es aber trotzdem nicht gehen, egal wie gut Künstliche Intelligenz und Robotik künftig aufgestellt sein werden“, so Gingold.
Erster Vortragender auf dem Podium war David Matusiewicz (FOM Hochschule), Professor für Medizinmanagement. Für ihn ist die Vernetzung von Gesundheitsdaten und deren maßgeschneidertes Management ein wesentlicher Erfolgsfaktor für das Spital der Zukunft, auch hinsichtlich der Patient Centricity.
Die Trendforscherin Corinna Mühlhausen (Mercator School of Management) widmete sich danach dem Schlagwort „Smart hospital“. Sie umriss unter anderem die große Frage, welche Werte, Megatrends und Hypes unter dem Schlagwort „Gesundheitsmarkt“ auf uns zukommen und wie Spitäler mit diesen Veränderungen umgehen können.
Weg vom digitalen Einheitsbrei
Interessante, fast sciencefiction-artige, Einblicke gab es aus London, von wo aus sich Eva Kirchberger (Imperial Dyson School of Design Engineering) digital meldete. Sie ist Expertin für das Thema Digitalisierung in der Gesundheitsbranche und hat unter dem Schlagwort „Hospital X“ unter anderem die/den transparenten Patient*in, Stichwort 360-Grad-Profil, und die Rolle der Ärztin oder des Arztes inmitten all dieser Daten skizziert.
Die anschließende Podiumsdiskussion mit Michael Heinisch (Geschäftsführer Vinzenz Gruppe), Rene Schnedl (Leitung VR IMT Management Gesundheitsverbund) und Gerald Gingold drehte sich um die Frage, wo Wien derzeit im digitalen Entwicklungsprozess steht. Aus dem Publikum gab es Kritik an den bisherigen Digitalisierungsentscheidungen in den Wiener Häusern, die fast ausschließlich Top-down getroffen worden seien. Hier stimmte das Podium einhellig zu: Ohne die Mitarbeiter*innen an Bord zu holen und ihre Workflows und Anforderungen einzubinden, bleibt das Thema Digitalisierung „ein zahnloser Papiertiger“. Standardprogramme über Abteilungen mit ganz unterschiedlichen Zugängen „drüberzustülpen“, könne nicht mehr State oft the Art sein.
Nach der Mittagpause ging es weiter mit Einblicken in ELGA, eines der wohl kontroversiell diskutiertesten Digitalthemen der letzten Jahre in Österreich. Franz Leisch, ELGA-Geschäftsführer, ließ ausführlich hinter die Kulissen der elektronischen Gesundheitsakte blicken. Er sorgte damit sicherlich für einige AHA-Momente darüber, was ELGA eigentlich so alles kann.
Ein bestens gelaunter Siegfried Meryn (der Mediziner ist u.a. Initiator Future Health Lab Vienna) ließ den Blick in seiner Keynote anschließend nach Skandinavien schweifen und lobte die dortigen Digital Health Plattformen, insbesondere Dänemark, für ihre unkomplizierte und userfreundliche Gestaltung. Österreich attestierte der Arzt und bekannte TV-Gesundheitsexperte noch zu wenig Innovationsdenken im Digitalbereich: „Wir hinken hinterher“, so Meryns ernüchterndes Fazit.
e-Impfpass als kollektiver Kraftakt
Nach einer kurzen Kaffeepause bot IT-Experte Mahmoud El-Mahdani (CEO Vertex Activity) einen Überblick über das Thema IT im Krankenhaus. Keywords waren hierbei die Themen Sicherheit und Risikomanagement, etwa die Absicherung von Betriebssystemen.
In der abschließenden Podiumsdiskussion debattierten Thomas Holzgruber (Kammeramtsdirektor Wiener Ärztekammer), der für den erkrankten ÖÄK-Präsidenten Thomas Szekeres übernahm, Katharina Reich (Chief Medical Officer, Sektionsleiterin Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz), Gerald Gingold (Obmann Kurie Angestellte Ärzte der Ärztekammer für Wien), Christian Scheibböck (Digital e-health beauftragter Stadt Wien) und Herwig Ostermann (Geschäftsführer Gesundheit Österreich) über die digitalen Erfolge der letzten eineinhalb Jahre. Hier wurde vor allem der schon lang geplante e-Impfpass als Erfolgsprojekt und kollektiver Kraftakt im Zuge der Coronapandemie hervorgestrichen. Einhelliger Tenor: Damit wurde demonstriert, was in Sachen Digitalisierung möglich ist, wenn alle Stakeholder an einem Strang ziehen. Eine Prognose für die Zukunft schien den Diskutant*innen allerdings schwierig, denn politische Differenzen würden naturgemäß oftmals digitale Transformationsprojekte verzögern, hieß es unisono.
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