Der Kopf hinter der Studie, Fachärztin und Assiszentzprofessorin Daniela Haluza vom Zentrum für Public Health der MedUni Wien: „Telemedizinische Services könnten die Versorgung von Diabetes-Patienten und Patientinnen drastisch verbessern und gleichzeitig auch die Gesundheitsausgaben senken.“
In Österreich sind aktuell etwa 600.000 Menschen an der chronischen Stoffwechselkrankheit Diabetes mellitus erkrankt, die durch einen zu hohen Blutzuckerspiegel gekennzeichnet ist. Man unterschiedet zwei voneinander gänzlich verschiedene Formen: die Autoimmunerkrankung Typ-1-Diabetes, bei welcher durch eine Fehlreaktion des Immunsystems ein Mangel am lebensnotwendigen Hormon Insulin entsteht. Diese seltenere Form kann bereits im Kindes- und Jugendalter auftreten und muss lebenslang durch die Gabe von Insulin behandelt werden. In Österreich betrifft das etwa 30.000 Menschen.
Die meisten Erkrankten leiden an Typ-2-Diabetes, bei der eine Insulinresistenz das Kernproblem ist. Hierbei reagieren die Körperzellen immer weniger auf das Insulin, bis die Bauchspeicheldrüse die Resistenz nicht mehr kompensieren kann. Durch eine Änderung der Lebensgewohnheiten und mit Hilfe spezieller Medikamente ist diese Form gut therapierbar. Bei beiden Diabetestypen ist die regelmäßige Messung des Blutzuckerspiegels wichtig für die Anpassung der Therapie an die täglichen Ernährungsgewohnheiten.
Seit einigen Jahren können diese Messungen via mobile Applikation (App) am Smartphone erfasst werden, die damit ein aufwendiges Blutzucker- und Ernährungstagebuch ersetzen. Zusätzlich umfasst dieses Monitoring-System auch eine Alarmfunktion, welche die ebenfalls in das System integrierten, behandelnden Ärzte und Ärztinnen sofort über Problemfälle verständigt. Diese sehen dann am Bildschirm der PCs oder Smartphones die aktuellen Werte und können, wenn notwendig, die Therapiemaßnahmen sofort durch Kontaktaufnahme anpassen.
Insgesamt positives Bild der Telemedizin
Um die Möglichkeiten eines künftig vermehrten Einsatzes von Telemedizin bei der Behandlung von Diabetes zu prüfen, erhob Haluza mit Kollegen an der MedUni Wien nun in einer Studie auch die Erfahrungen der behandelnden Ärzte und Ärztinnen von Diabetikern. Gefragt wurde nach den Vorteilen und Nachteilen aus Sicht der Mediziner und deren Bereitschaft, diese Services anzubieten.
Die Umfrageergebnisse zeigen ein insgesamt positives Bild für den Einsatz von Telemedizin. Die Befragten bezeichneten sich selbst als offen für Innovationen, und die Mehrheit der Befragten gab an, dass die Behandlungsqualität deutlich besser sei durch den Einsatz von Telemedizin. So gebe es für die keine Anreisezeit für die Patienten und nur wenig Wartezeit. Auch die Therapieeinstellung könne wesentlich besser erfolgen.
Als Nachteile gaben die Befragten an, dass die persönliche Kommunikation zwischen Arzt und Patient durch Telemedizin reduziert sei. Auch gebe es einen höheren zeitlichen Aufwand für die Ärzte und Ärztinnen, der finanziell seitens der Leistungsträger noch nicht entsprechend kompensiert werde. Auch die rechtliche Situation in Bezug auf Datensicherheit wurde teilweise als problematisch beurteilt.
Zur Bilanz der Studie sagt Haluza: „Unsere Daten zeigen eine moderate Bereitschaft für den Einsatz von Telemedizin in der Diabetesbehandlung unter österreichischen Ärzten und Ärztinnen. Um die zeitgemäße Anwendung telemedizinscher Services in der Diabetesversorgung fest zu verankern, sind gemeinsame Anstrengungen aller Akteure des Gesundheitswesens erforderlich. Nur so können die aus ärztlicher Sicht bestehenden finanziellen, organisatorischen und technischen Hindernisse überwunden werden.“