Runder Geburtstag für einen Lebensretter

Die allererste Herzschrittmacherimplantation fand 1958 in Schweden statt. In Österreich operierte Fritz Helmer den ersten Patienten anno 1963.

ek/Agenturen

An die 1000 Herzschrittmacher-OPs hat er im Laufe seiner Karriere gemacht, schätzt Ernst Wolner sein Pensum an derartigen Eingriffen. Der langjährige Vorstand der Abteilung Herz-Thorax-Chirurgie an der Universitätsklinik für Chirurgie der Medizinischen Universität Wien am AKH erinnert sich noch gut an die ersten derartigen Eingriffe hierzulande. 1963 fand die Premiere am AKH statt, durchgeführt von Fritz Helmer, der damals die Herzchirurgie an der II. Chirurgischen Universitätsklinik aufgebaut hatte. 2016 gab es übrigens 447 Herzschrittmacheroperationen am AKH, das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 72.

Wiedereingriffe nicht selten

Die heutige Koryphäe Ernst Wolner war damals noch „medizinischer Jungspund“, wie er selbst sagt, und skizziert die Anfänge: „Diese OPs waren keine Herausforderung von chirurgischer Seite, sondern weil die Sonden recht groß waren und die Bildgebung sehr schlecht. Sie hat dafür ‚gesorgt‘, dass man manchmal kaum etwas gesehen hat beim Platzieren selbiger.“ Dass die Sonde dabei oft verrutscht ist, lag auf der Hand, eine Revision sei dann unausweichlich gewesen, so Wolner weiter. Apropos: Laut deutschem Herzbericht wurden 2016 knapp 12.000 Wiedereingriffe vorgenommen – meist wegen Infektionen oder um erwähnte Lage der Sonde zu korrigieren, deren Platzierung auch 2018 trotz Bildverstärkern und Co. noch Fingerspitzengefühl verlangt.

Rasanter Fortschritt

Wolner betont, „dass die heutigen Schrittmacher mit den damaligen Modellen kaum mehr etwas gemein haben.“ Voluminös und eher unhandlich seien diese gewesen, was noch dazu geführt hätte, dass man den Schrittmacher im Bauchraum platzieren musste. Heute operierende Chirurgen setzen den Schrittmacher via Punktierung der Schlüsselbeinvene knapp unter die Clavicula. Auch das mittlerweile gängige Zwei-Kammern-Prinzip, mit dem rund 80 Prozent der Modelle arbeiten und das einen Draht in der Vorkammer und einen in der Hauptkammer platziert, kam erst in den siebziger Jahren auf und stellte einen massiven Fortschritt dar. „Vorher hat der Schrittmacher unbeirrbar seine Watschen ausgeteilt und Impulse gesendet, egal was das Herz gemacht hat. Heute detektiert das Gerät, was das Herz anstellt und reagiert dann je nachdem darauf.“ so Wolners Fazit.  

Die Schweden habens erfunden…

Die allererste Herzschrittmacheroperation fand allerdings nicht in Mitteleuropa, sondern im hohen Norden statt: Zwei schwedische Ärzte zeichnen dafür verantwortlich. Die Vorgeschichte: Im Oktober 1958 hängt das Leben von Arne Larsson an einem seidenen Faden. Vermutlich aufgrund einer Virusinfektion schlägt das Herz des 43-jährigen Schweden nicht mehr im Takt. Bis zu 30 Mal am Tag verliert er das Bewusstsein und muss wiederbelebt werden. 28 Schläge pro Minute, mehr schafft der Muskel in seiner Brust nicht. Der Ingenieur Rune Elmqvist und den Chirurgen Ake Senning helfen Larsson in dieser absoluten Notsituation. Die beiden haben bereits mit Herzschrittmachern experimentiert, aber nie an Menschen. Trotzdem implantieren die beiden Männer dem kranken Larsson am Stockholmer Karolinska Krankenhaus einen Herzschrittmacher. Damit geht der 8. Oktober 1958 in die Medizin-Geschichte ein, auch wenn der Chirurg Senning seine Leistung später als bedeutungslos kleinredet.

..und stapeln tief

Für Berndt Lüderitz ist Sennings Tiefstapelei aber gar nicht so weit hergeholt, denn der Mediziner, der bei der deutschen Gesellschaft für Kardiologie die historische Abteilung leitet, sagt „dass die Operation eigentlich kein chirurgisches Meisterstück war.“ Das Revolutionäre hingegen war vielmehr laut Lüderitz, „dass Elmqvist ein komplettes Schrittmachersystem entwickelt hatte, welches es dem Patienten ermöglichte, selbstständig zu sein.“ Heute ist die Implantation eines Herzschrittmachers keine große Sache mehr. „Die Operation wird unter lokaler Betäubung vorgenommen, und die meisten Patienten bleiben danach nicht länger als eine Nacht im Krankenhaus“, sagt Andreas Schuchert, Chefarzt am Friedrich-Ebert-Krankenhaus Neumünster. Dass das Herz krankhaft langsamer oder unregelmäßig schlägt, sei meist altersbedingt, wie auch die österreichischen Zahlen bestätigen. Ein Blick in den Spitalskompass bestätigt, dass sich das Durchschnittsalter des Herzschrittmacherpatienten zwischen 72 bis 80 Jahren bewegt.

Arne Larsson hat seine beiden Wohltäter übrigens überlebt. Er starb Ende 2001 im Alter von 86 Jahren. An Krebs, nicht an Herzversagen.

„Vorher hat der Schrittmacher unbeirrbar seine Watschen ausgeteilt und Impulse gesendet, egal was das Herz gemacht hat. Heute detektiert das Gerät, was das Herz anstellt und reagiert dann je nachdem darauf."- Ernst Wolner, früherer Vorstand der Abteilung Herz-Thorax-Chirurgie am AKH