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Justiz

Causa Pflegeheim Kirchstetten: Strafen bei erneutem Prozess erhöht

Im erneuten Prozess um die Causa Pflegeheim Kirchstetten am Landesgericht St. Pölten sind am Donnerstag die Strafen für drei von vier ursprünglich Angeklagten erhöht worden. Die früheren Mitarbeiter*innen der Einrichtung fassten 18 Monate bis dreieinhalb Jahre Haft aus. Gerichtlich behandelt wurden nach einer teilweisen Aufhebung der drei Schuldsprüche von 2021 durch den Obersten Gerichtshof (OGH) vorerst nur die bereits rechtskräftigen Feststellungen.

red/Agenturen

Die übrigen Punkte, die von den Angeklagten erneut bestritten worden waren, wurden vom Schöffengericht letztlich ausgeschieden. Sie werden zu einem späteren, noch nicht genannten Zeitpunkt weiter behandelt. Die neuerlichen Entscheidungen vom Donnerstag sind nicht rechtskräftig.

Richter: „besonders widerwärtig“

Vom vorsitzenden Richter wurden die Handlungen als „rücksichtslos, besonders widerwärtig und zutiefst verabscheuungswürdig“ bezeichnet. Die Beschuldigten - zwei Männer und eine Frau - hätten die Taten nicht nur gesetzt, sondern sich über die Betroffenen „auch lächerlich gemacht“. Nun sei „der Tag der Abrechnung“ gekommen. „Strenge Gefängnisstrafen“ seien in der Causa nötig. Schließlich könne jedem der Gang in ein Pflegeheim ins Haus stehen: „Wir wollen uns nicht auf Leute wie Sie verlassen.“

Die nicht rechtskräftigen Strafen erhöhten sich im Vergleich zum Ersturteil vom Februar 2021 deutlich. Der 33-jährige Zweitangeklagte muss nun dreieinhalb Jahre in Haft, er war damals mit 18 Monaten bedingt bedacht worden. Die 58-jährige Erstangeklagte erhielt drei Jahre Haft (2021: 16 Monate bedingt), die Drittangeklagte (55) 18 Monate unbedingt (2021: ein Jahr bedingt). Bei der Strafbemessung wurde generell das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen als erschwerend gewertet. Als mildernd galten laut Richter in allen drei Fällen der bisher ordentliche Lebenswandel und der längere Wohlverhaltenszeitraum seit der Tat.

Die Strafe der ursprünglichen vierten Angeklagten war vom Oberlandesgericht Wien im Mai von einem Jahr bedingt auf zwei Jahre unbedingt erhöht. Dieser Teil des Falls war nun nicht mehr Gegenstand des Verfahrens.

Geschlagen, beschimpft und gequält

Das Quartett war ab September 2020 wegen Quälens oder Vernachlässigens sowie sexuellen Missbrauchs wehrloser oder psychisch beeinträchtigter Personen und wegen Körperverletzung im Zentrum eines Prozesses in St. Pölten gestanden. Es soll als Pfleger bzw. Pflegehelfer von März bis Oktober 2016 alte Menschen u. a. geschlagen und beschimpft sowie die hilflosen Bewohner gequält und zu heiß geduscht haben. Die Vorwürfe basierten im Wesentlichen auf Anzeigen von zwei damaligen Kolleginnen und Nachrichten in einer WhatsApp-Gruppe, in der sich die Beschuldigten in äußerst herabwürdigender Weise über Heimbewohner ausgetauscht hatten.

Im Mittelpunkt des Verfahrens standen am Donnerstag die letztlich ausgeschiedenen vereinzelten Vorwürfe in der sehr umfassenden Causa - „Nebenschauplätze“, wie es der vorsitzende Richter ausdrückte. Grund dafür war, dass der OGH im März nach einer Nichtigkeitsbeschwerde der Verteidigung in einer Entscheidung Mängel in der Urteilsausfertigung festgestellt hatte.

„Das ist alles gelogen“

Die drei Beschuldigten kamen bei der Neuauflage wenig zu Wort. Umfassend verlesen wurden vielmehr ihre Aussagen vom Prozessbeginn im September 2020. Die beiden Verteidiger strichen hervor, dass ihre Mandaten aufgrund der langen Verfahrensdauer sehr belastet seien. Dem pflichteten die Beschuldigten bei, berichtet wurde von psychischen Problemen. Hinsichtlich der Vorwürfe wurde von der 55-jährigen Drittangeklagten weiterhin eine Intrige geortet: „Das ist alles gelogen.“ Man sei - auch medial - „von Anfang an verurteilt worden“.

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