Proteste

Klimaschutzgesetz seit 1.000 Tagen ausgelaufen

Auf ein Klimaschutzgesetz wird in Österreich weiter gewartet - je nach Berechnung sind es am 27. bzw. 28. September 1.000 Tage, seitdem die alte Regelung ausgelaufen ist. Am Mittwoch gab es Proteste von Aktivisten am Ring und beim Umweltministerium. SPÖ und NEOS sprachen von einem kläglichen Scheitern der Bundesregierung und einer Selbstaufgabe der Grünen. ÖVP und Grüne versicherten indes, dass verhandelt werde.

red/Agenturen

Aktivistinnen und Aktivisten der „Letzten Generation“ blockierten Mittwochfrüh mit Verstärkung durch die Scientists For Future sowie einigen Kabarettisten den Verkehr bei der Oper am Wiener Ring, um ihn nach genau 1.000 Sekunden wieder freizugeben. Fridays For Future, GLOBAL 2000, das Klimavolksbegehren und der WWF wurden beim Parlament tätig und richteten ihre Kritik vor allem an die Kanzlerpartei. „Selbst beim womöglich wichtigsten Gesetz stellt sich die ÖVP quer und rechtfertigt Blockade mit billigen Ausreden. Dabei gäbe es von Gesundheit bis zur Sicherheitspolitik 1.000 Gründe für ein wirksames Klimaschutzgesetz“, meinte etwa Laila Kriechbaum von Fridays For Future laut einer Aussendung.

SPÖ und NEOS nahmen auch die Grünen mit ihrer Umweltministerin Leonore Gewessler ins Visier. „Von der ÖVP ist wohl weiterhin nur Blockadepolitik in Sachen Klimaschutz zu erwarten. Besonders tragisch ist es aber, dass für dieses Versagen auch eine grüne Regierungsbeteiligung bzw. eine zuständige grüne Ministerin verantwortlich ist“, kritisierte etwa SPÖ-Umweltsprecherin und Vizeklubobfrau Julia Herr.

Ähnlich NEOS-Klima- und -Umweltsprecher Michael Bernhard, der sich über leere Versprechungen verärgert zeigte: „Dass es Umweltministerin Gewessler auch nach knapp vier Jahren grüner Regierungsbeteiligung noch immer nicht gelungen ist, sich beim Klimaschutz gegen den Widerstand des Koalitionspartners durchzusetzen, gleicht einer Selbstaufgabe der Grünen.“

Gelassenheit in der Regierung

Die kritisierten Regierungsparteien gaben sich am Mittwoch betont gelassen: Man arbeite in verschiedenen Bereichen auf Hochtouren und verhandle auch in vielen Bereichen, „das ist so in einer Koalition“, bemerkte ÖVP-Klubchef August Wöginger im Pressefoyer nach dem Ministerrat auf APA-Anfrage. „Wir haben noch ein Jahr vor uns“, verwies er auf die nächste Nationalratswahl im Herbst 2024. Die Bilanz, die man in der Koalition bisher abgeliefert habe, „die kann sich sehen lassen“, findet er. „Wir verhandeln“, antwortete Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer auf die Frage nach dem Klimaschutzgesetz lediglich.

Mit dem Auslaufen der Vorgaben des alten Klimaschutzgesetzes gibt es seit 31. Dezember 2020 keine gesetzlich vorgegebenen Treibhausgas-Reduktionsziele mehr. Dabei ist das Gesetz, das das Land auf den Weg zur angestrebten Klimaneutralität 2040 leiten soll, eigentlich im Regierungsprogramm der türkis-grünen Koalition verankert.

Ein von beiden Seiten akkordierter Begutachtungsentwurf scheint freilich in weiter Ferne. Auch aus dem Ministerium Gewesslers hieß es, die Gespräche zur Erarbeitung des Gesetzes würden laufen - je schneller man vorankomme, desto besser. Denn die Klimaschutzministerin hatte beteuert, das Gesetz werde noch während der bis Herbst 2024 andauernden Legislaturperiode umgesetzt. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatte kürzlich ebenfalls erklärt, dass weiterverhandelt werde.

Abgeordnete von vier der fünf Parlamentsparteien - die FPÖ war nicht dabei - konnten sich zuletzt zumindest darauf verständigen, sich ein „Klimaschutzgesetz mit Hausverstand“ zu wünschen. Damit sollen die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Betriebe und damit die Arbeitsplätze sowie der soziale Wohlfahrtsstaat gestärkt werden.