Ukraine

Rotes Kreuz bereitet Millionen Menschen auf den Winter vor

Nach eineinhalb Ukraine-Krieg sinkt der Bedarf an Hilfen für die Bevölkerung keineswegs. „Millionen Binnenflüchtlinge müssen versorgt und auf den Winter vorbereitet werden." Maksym Dotsenko, der Generaldirektor des Ukrainischen Roten Kreuzes, zieht bei einem Wien-Aufenthalt Bilanz. Die Hilfen seien komplexer geworden. Anfangs ging es um Nahrung und Hygiene, jetzt um Infrastruktur und Reintegration, d. h. auch mentale Hilfe für die Menschen.

red/Agenturen

„Die Menschen leben in einer Stresssituation“, schilderte Dotsenko am Freitag die Lage. Viele leben in Schutzunterkünften oder bei anderen ukrainischen Familien. Soziale und wirtschaftliche Probleme mit Blick auf die Gestaltung des künftigen Lebens plagen die Binnenflüchtlinge. Aktuell müsse das Rote Kreuz diese für den Winter vorbereiten und unterstützen. Dabei könne man auf Erfahrungen aus dem ersten Kriegswinter zurückgreifen.

Dotsenko sprach von einer engen Koordination mit dem Internationalen Roten Kreuz (IKRK) und den UNO-Institutionen, aber auch mit den lokalen Behörden sowie der lokalen Caritas. Einen Zugang zu den russisch besetzten Gebieten habe das ukrainische Rote Kreuz jedoch nicht. Dem Österreichischen Roten Kreuz zollte Dotsenko große Anerkennung. Es bringe sehr viel Erfahrung auf dem Gebiet der Wasserversorgung und der Trinkwasseraufbereitung mit, führte der ukrainische Rot-Kreuz-Chef Dotsenko aus. Drei entsprechende Stationen seien in der Ukraine geschaffen worden.

Bereits seit 2014 ist das Österreichische Rote Kreuz mit vielen Programmen in der Ukraine aktiv, führte Generalsekretär Michael Opriesnig, bei dem Pressegespräch aus. "Der Ukraine-Einsatz ist der größte internationale Einsatz in der Geschichte des Österreichischen Roten Kreuzes.“ Man rechne, dass dieser Einsatz noch lange dauern werde. 17 Millionen Menschen seien auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Auf Wasserversorgung spezialisiert

Vor der Winterzeit gilt es laut Dotsenko, Behausungen bewohnbar zu machen und mit Generatoren auszustatten. Sogenannten "heating points“ komme große Bedeutung zu, besonders in den größeren Städten. Hier gehe es darum, die Energieversorgung sicherzustellen - mit dem Ziel, in Gebäuden, Zelten etc. das Aufwärmen der Menschen und das Aufladen von Geräten zu ermöglichen. Im letzten Winter gab es laut Dotsenko 3.000 solche Stellen in der ganzen Ukraine.

Die Zahl der Mitarbeiter des Ukrainischen Roten Kreuzes bezifferte Dotsenko auf rund 2.000. Dazu kämen tausende freiwillige Helfer. Nach Angaben des Wiener Büros des Österreichischen Roten Kreuzes halten sich derzeit zehn Mitarbeiter aus Österreich im Konfliktgebiet auf. Bei diesen gehe es vor allem um Spezialisten für Trinkwasseraufbereitung. Auch würden ukrainische Helfer eingeschult. Bei Bedarf stünden österreichische Ärzte für spezielle Programme zur Verfügung. 15 ausländische Rot-Kreuz-Gesellschaften seien in der Ukraine aktiv.

Dotsenko führt in Wien auch mit österreichischen Behörden Gespräche. Auf Fragen der Finanzierung sagte er, derzeit gehe das Spendenaufkommen zurück. Jetzt müssten mehr Mittel aus öffentlichen Institutionen lukriert werden, um die Fülle der Aufgaben zu bewältigen. Familien, die Binnenflüchtlinge in der Ukraine aufnehmen, müssen auch bezahlt werden. Etwa 200.000 solche "Gastfamilien“ stellen Flüchtlingsquartiere bereit. Opriesnig rechnet damit, dass in den nächsten Jahren hohe Millionen-Beiträge an Hilfen umgesetzt werden müssen.

"Wir haben eine solche Katastrophe nicht erwartet, auch nicht mit einer atomaren Bedrohung gerechnet“, fasste der ukrainische Rot-Kreuz-Chef die Sachlage zusammen. "Die Zahl der Rückkehrer ist größer als die Zahl jener, die das Land jetzt noch verlassen“, sagte er auf eine entsprechende APA-Anfrage. Mehr und mehr Menschen kämen zurück, die zuvor im Binnenland oder im Ausland Zuflucht gesucht hatten. Das Rote Kreuz kümmere sich auch um Vermisste, in Informationsaustausch mit Polizei und Behörden. Freilich, mit Russland und Belarus sei dies schwierig.

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