Herbizid

Glyphosat-Wiederzulassung: Bayer weist NGO-Vorwürfe zurück

Glyphosat, das umstrittene Herbizid, steht nach einer auf Oktober angesetzten Abstimmung voraussichtlich vor einer Wiederzulassung auf EU-Ebene um weitere zehn Jahre. Möglich wurde dies, nachdem die Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Anfang Juli ihren abschließenden Bericht vorgelegt hatte. Am Mittwoch kündigte nun Global 2000 wegen möglichen Versäumnissen des Herstellers eine erneute Sachverhaltsdarstellung an. Bayer reagierte auf die Vorwürfe per Stellungnahme.

red/Agenturen

Wieder geht es um einen möglichen Zusammenhang von Krebs und Glyphosat: Rechtsanwalt Josef Unterweger, der zuvor schon im Auftrag von Global 2000, PAN Europe, Générations Futures und PAN Germany tätig war, sagte bei der heutigen Online-Pressekonferenz, Bayer würde wie 2019 auch jetzt Studien zurückhalten, die daher negativ eingestuft worden seien. Eine erste Sachverhaltsdarstellung ging im März 2016 bei der Staatsanwaltschaft Wien ein und wurde zweimal ergänzt (Dezember 2017 sowie Juli 2019). Jeweils ging es um den Verdacht auf schweren Betrug (Paragraf 146 ff StGB). Auch aktuell wird Bayer und einem von dem Konzern angeführten Herstellerkonsortium vorgeworfen, beim Antrag auf Wiederzulassung unvorteilhafte Studien und Daten zu krebserregenden und neurotoxischen Effekten von Glyphosat nicht vorgelegt haben.

Bayer reagierte in einer Stellungnahme auf die Vorwürfe und sah in diesen einen weiteren Versuch, „dass wissenschaftliche Dossier, das mit dem Antrag auf Erneuerung der EU-Genehmigung von Glyphosat eingereicht wurde, zu diskreditieren sowie das Vertrauen in die Zulassungsbehörden zu untergraben“, um so die Genehmigung zu verhindern. Die Pressekonferenz habe die seit Jahren bekannten Vorwürfe vermittelt, denen sowohl die Regulierungsbehörden in der EU und anderen Staaten nachgegangen seien. „Bayer hat keine wissenschaftliche Studie verschwiegen oder den zuständigen Behörden vorenthalten. Das Unternehmen hat stets völlig transparent gehandelt und die geltenden EU-Vorschriften eingehalten. Wir haben alle relevanten Studien eingereicht, die für das wissenschaftliche Dossier erforderlich waren.“

Global 2000: Studie EU-Behörden vorenthalten

Besonders wurde seitens Global 2000 auf eine Publikation hingewiesen, eine vom Agrarkonzern Syngenta beauftragte DNT-Studie zu Glyphosat. Auch sie sei den EU-Behörden vorenthalten worden. Laut NGO wurde bei dieser Entwicklungsneurotoxizität-Studie bei Rattenbabys eine „stark eingeschränkte Motorik“ festgestellt, wenn ihre Mütter während der Schwangerschaft Glyphosat erhielten haben. Zudem sei die Studie von der US-Umweltbehörde (U.S. EPA) als „akzeptabel für regulatorische Zwecke“ eingestuft worden, die Dosen hätten einer von den EU-Behörden als derzeit als sicher eingestuften Menge entsprochen.

Helmut Burtscher, Chemieexperte von Global 2000 sagte, dass die EFSA bestätigt habe, dass die aktuelle Studie vom Antragssteller nicht vorgelegt wurde - wie auch andere bereits publizierte Studien. Auf APA-Nachfrage hieß es ergänzend, dass jedoch teilweise Studien über die öffentliche Konsultation zur Kenntnis gebracht worden seien, die EU-Behörde habe infolge dann bei Syngenta die Übermittlung beantragt.

Bayer konkretisierte hier, dass zum Thema Neurotoxizität Regulierungsbehörden auf der ganzen Welt, darunter unter anderem die EU-Behörden EFSA und ECHA, die US-amerikanische EPA und die kanadische PMRA, die diesbezüglichen Daten ausgewertet und festgestellt, dass Glyphosat nicht neurotoxisch ist. „Entwicklungsneurotoxizität (DNT) ist ein von der Neurotoxizität getrennt zu betrachtendes Thema. „Die von Global 2000 angeführte Studie aus dem Jahr 2001 zu Glyphosat-Trimesium hat nichts mit dem Wirkstoff Glyphosat zu tun. GlyphosatTrimesium ist im Übrigen kein Bayer-Molekül.“

Die EFSA verwies in einem im Juli publizierten Dossier auf DNT-Studien, hier sei eine Datenlücke für die Antragsteller festgestellt worden, es gelte die Ursache der DNT-Wirkungen zu klären. Jedoch stellte die EFSA auch fest, dass „der zur Bewertung vorgelegten Pestizidformulierung“ auf der Basis von Glyphosat keine Hinweise auf akute Toxizität oder Genotoxizität vorlagen. „Es gibt keine Hinweise darauf, dass Glyphosat als Wirkstoff neurotoxisches Potenzial hat“, schrieb die EU-Behörde nach einem Peer-Review nach fast drei Jahren Bewertung von rund 2.400 Studien - was dem zwei- bis vierfachen einer üblichen derartigen Prozedur umfassen würde.

Befragung Mitte Oktober

Wenn bei der Befragung der Mitgliedstaaten am 12. bzw. 13 Oktober keine qualifizierte Mehrheit für eine Wiederzulassung von Glyphosat gefunden wird, müsste die EU-Kommission über diese entscheiden. Die NGOs appellieren an alle EU-Mitgliedstaaten mit „Nein“ zu stimmen. Österreich wird aufgrund eines Beschlusses, den SPÖ, FPÖ und die Grünen im Jahr 2017 im EU-Unterausschuss des Nationalrates getroffen haben, die mit 15. Dezember auslaufende Genehmigung zu verlängern nicht befürworten.