Es sieht derzeit nicht wirklich gut aus
Die aktuelle Situation stimmt nicht sonderlich optimistisch. Die Delta-Variante breitet sich in zahlreichen Ländern der Erde massiv aus. In Deutschland etwa steigt die Inzidenz bereits sehr mehr als 14 Tagen. Auch die Schweiz, Frankreich, Montenegro und Israel leiden unter der so ansteckenden Mutation. Südkorea und der Iran sogar unter einem Höchstwert an Neuinfektionen.
Deutschland beispielsweise. Dort steigt die Inzidenz seit über zwei Wochen kontinuierlich an. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) von Mittwochmorgen lag sie bei 11,4 – am Vortag betrug der Wert 10,9 und beim jüngsten Tiefststand am 6. Juli 4,9. Demnach meldeten die Gesundheitsämter in Deutschland dem RKI zuletzt binnen eines Tages 2.203 Corona-Neuinfektionen.
Die Inzidenz war in der Pandemie bisher Grundlage für viele Corona-Einschränkungen, etwa im Rahmen der Ende Juni ausgelaufenen Bundesnotbremse. Künftig sollen daneben nun weitere Werte wie Krankenhauseinweisungen stärker berücksichtigt werden.
Deutschlandweit wurde den neuen Angaben zufolge binnen 24 Stunden 19 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 28 Tote gewesen. Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 3 748 613 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.
Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit 3 642 000 an. Die Zahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 91 416.
Schweiz: Starke Zunahme der Corona-Fälle
Auch in der Schweiz nehmen die Corona-Neuinfektionen mit aktuell rund 700 Ansteckungen rasant zu und dürften in den nächsten Tagen wieder auf über 1.000 Fälle pro Tag klettern. Die Coronavirus-Neuansteckungen verdoppeln sich somit aktuell jede Woche. Dieses Infektionsgeschehen habe bisher aber keine sichtbaren negativen Auswirkungen auf das Schweizer Gesundheitssystem, sagte Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung im Bundesamt für Gesundheit (BAG), am Dienstag vor den Medien in Bern.
Zurzeit seien die Hospitalisierungen auf einem niedrigen Niveau, der 7-Tages-Schnitt liege bei 3 bis 4 Spitaleinweisungen. Die Intensivstationen der Spitäler seien zu fast 70 Prozent ausgelastet, der Anteil der Covid-Patientinnen und -Patienten liege jedoch bei nur 3,8 Prozent der verfügbaren Betten. Die Belastung des Gesundheitswesens ist gemäß Mathys die Kerngrösse. Das Ziel des Bundesrats sei es, das Gesundheitssystems vor Überlastung zu schützen, sagte er.
Für die stark gestiegenen Ansteckungszahlen sind laut Mathys hauptsächlich die Altersgruppen der 10- bis 19-Jährigen und noch mehr die 20- bis 29-Jährigen verantwortlich, die die niedrigste Impfrate aufwiesen. Die hochansteckende Delta-Variante macht unterdessen drei Viertel aller Coronavirus-Fälle aus.
Warnung vor neuer Pandemie-Welle
Die wissenschaftliche Covid-19-Taskforce des Bundes warnt angesichts steigender Corona-Fallzahlen und des inzwischen abnehmenden Impftempos vor einer weiteren gravierenden Pandemie-Welle. „Wir können nochmals eine Welle erleben, die höher war als im letzten Herbst“, sagte Taskforce-Vizepräsidentin Samia Hurst vor dem Medien. Deshalb müsse das Impfen weiter vorangetrieben werden, so Hurst. Im Mai und Juni sei die Schweiz gut unterwegs gewesen mit rückläufigen Fallzahlen und zunehmendem Impftempo. Seit Mitte Juli gehe aber das Impftempo zurück. Gemäß BAG sind bisher 44,8 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft.
Ein Vergleich der Situation von Mitte März mit jener Mitte Juni dieses Jahres zeige zudem, dass der Graben weiterbestehe zwischen jenen, die den Behörden grundsätzlich misstrauen, wie es Impf-Skeptiker und Corona-Massnahmen-Skeptiker tun, und jenen, die sich korrekt behandelt und informiert fühlen.
Der Bund ergreift nach Angaben der Gesundheits-Fachexperten vorerst keine neuen Maßnahmen gegen das Coronavirus. Der Bundesrat werde im August wieder Sitzungen abhalten und die Situation beurteilen, sagte Mathys.
Bei einer allfälligen Verschärfung der Maßnahmen muss laut Mathys auch eine Erweiterung des Covid-19-Zertifikats etwa für den Zugang zu Restaurants oder Kinos in Betracht gezogen werden. Im Raum stehe auch die Frage, ob Tests als Option aus dem Zertifikat entfernt werden sollen, sagte er. Diese zeigten Infektionen nicht immer an. Letztlich seien das aber politische Entscheide.
Frankreich verschärft wieder Maßnahmen
In Frankreich wiederum gelten im Kampf gegen die neue Corona-Welle erneut verschärfte Corona-Regeln. Im Kino, Theater oder Museum ist ab Mittwoch ein negativer Corona-Test, ein Impf- oder Genesungsnachweis notwendig. Das gilt, sobald mehr als 50 Menschen zusammenkommen. Die Änderungen hatte Staatschef Emmanuel Macron in der zurückliegenden Woche angekündigt. Betroffen sind laut Amtsblatt auch andere Veranstaltungen oder Orte wie beispielsweise Messen oder bestimmte Sporteinrichtungen.
Das Land sei zurzeit mit einer vierten Corona-Welle konfrontiert, hatte Regierungssprecher Gabriel am Montag gesagt. Diese Welle könne „sehr hoch“ ansteigen, warnte er. In dem Land mit rund 67 Millionen Menschen hat weit über die Hälfte zumindest eine Impfung erhalten.
Ab Anfang August wird in Land dann auch ein Nachweis in Fernzügen, Bars, Restaurants, Einkaufszentren oder Krankenhäusern verpflichtend sein. Die Regierung brachte dazu ein Gesetz auf den Weg. Ein genauer Termin für die Änderung steht bisher nicht fest.
Infektionszahlen in Rom nach EM-Feier stark gestiegen
Auch Italien ist nicht verschont geblieben. Nach den Feierlichkeiten wegen des Siegs der italienischen Nationalelf bei der Fußball-Europameisterschaft ist die Stadt Rom beispielsweise mit zunehmenden Infektionszahlen konfrontiert. Die Zahl der Neuansteckungen in der italienischen Hauptstadt hat sich gegenüber dem Tag des EM-Siegs am 11. Juli fast verfünffacht. Am Dienstag waren in der 3,5 Millionen Metropole 557 Infektionsfälle gemeldet worden, vor zehn Tagen waren es lediglich 122 gewesen.
„Wir zahlen einen Preis für die EM-Feierlichkeiten, doch im Moment sind die Krankenhäuser nicht zu stark belastet“, berichtete der Gesundheitsbeauftragte der Region Latium mit der Hauptstadt Rom, Alessio D'Amato.
Montenegros Behörden verschärfen Kontrollmaßnahmen
Auch die montenegrinischen Behörden haben strengere Kontrollen der Coronavirus-Schutzmaßnahmen angekündigt, nachdem es in den vergangenen Tagen zum Anstieg der Krankheitsfälle gekommen war. Am Dienstag wurden 65 neue Krankheitsfälle gemeldet, um ein Drittel mehr als in den Tagen zuvor. Bei der Einreise nach Montenegro gelten für Bürger aus der EU und der Nachbarstaaten derzeit keine Auflagen, weder ein Impfnachweis noch ein PCR-Test für die Nichtgeimpften ist nötig.
Nach Worten von Igor Galic, dem Leiter des staatlichen Institutes für öffentliche Gesundheit, würde besondere Aufmerksamkeit der Küstenregion gelten, wo sich derzeit laut Medienberichten etwa 100.000 Touristen aufhalten. Von den aktuellen 461 Krankheitsfällen gebe es über 200 an der Küste.
Unter die Lupe genommen werden soll etwa die Einhaltung der Schutzmaßnahmen in der Gastwirtschaft. Bei Verstößen müssen Kaffeehäuser und Restaurants ab nun mit der Schließung der Lokale zwischen drei und 30 Tagen rechnen. Nasen- und Mundschutz ist obligatorisch, in Innenräumen müssen die Tische, an denen nicht mehr als vier Gäste zusammensitzen dürfen, durch Barrieren von einander getrennt werden. Für den Zutritt in die Nachtlokale sind eine Impfbestätigung oder eine negative PCR-Probe obligatorisch.
In dem Küstenstaat mit rund 600.000 Einwohnern wurden bisher 32,1 Prozent der Erwachsenen vollständig geimpft. Der Tourismus ist eine der wichtigsten Einnahmenquellen Montenegros. Die Behörden rechnen heute mit Einnahmen in der Höhe von etwa 700 Millionen Euro. Anfang Juli lag die Touristenzahl nach Angaben der Nationalen Fremdenverkehrsorganisation etwa neunmal höher als im Vorjahr bzw. bei etwa 70 Prozent der Touristenzahl im Jahre 2019.
Neuer Höchstwert bei täglichen Neuinfektionen im Iran
Im Iran haben die täglichen Corona-Neuinfektionen sogar einen neuen Höchstwert erreicht. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums vom Dienstag wurden binnen eines Tages 27.444 Neuinfektionen registriert. Im selben Zeitraum starben 250 Patienten im Zusammenhang mit dem Virus. Der bisherige Höchstwert lag bei 25.582 Fällen, registriert im April.
Die Gesamtzahl der Corona-Infektionen im Iran liegt nun bei fast 3,6 Millionen, die der Corona-Toten bei mehr als 87.000. Der Grund für den zuletzt drastischen Anstieg der Zahlen ist die zunehmende Verbreitung der Delta-Variante des Coronavirus. Seit Dienstag gilt ein sechstägiger Lockdown in der Hauptstadt Teheran.
Die Impfkampagne für die mehr als 83 Millionen Menschen im Iran kommt nur schleppend voran. Bisher wurden nur knapp über elf Prozent der Iraner hauptsächlich mit russischen und chinesischen Vakzinen geimpft.
Rekordwerte leider auch in Südkorea
Die Zahl der täglich erfassten Corona-Neuinfektionen hat auch Südkorea einen neuen Rekordwert beschert. Am Dienstag seien 1.784 Fälle gemeldet worden, teilten die Gesundheitsbehörden am Mittwoch mit. Die Gesamtzahl erhöhte sich auf mehr als 182.000.
Südkorea ist zwar bisher relativ gut durch die Pandemie gekommen, sieht sich mittlerweile aber einer vierten Infektionswelle ausgesetzt. Seit zwei Wochen werden täglich mehr als 1.000 Neuansteckungen erfasst, viele davon in der Metropolregion Seoul. Die Behörden sind besorgt, dass sich die Infektionswelle nun auch stärker auf andere Landesteile ausbreiten könnte. Als Gründe werden neben lokalen Ausbrüchen und der stärkeren Verbreitung der Delta-Variante des Virus auch die zunehmenden Reiseaktivitäten der Menschen im Inland genannt. Lediglich 32 Prozent der 51,3 Millionen Einwohner wurden bisher einmal geimpft.
Die schärfsten coronabedingten Kontaktbeschränkungen gelten für den Großraum Seoul. Dort müssen die Bars und Nachtklubs geschlossen bleiben. Zusammenkünfte von mehr als zwei Menschen sind nach 18 Uhr untersagt.
Anstieg in Israel zeitigt neue Beschränkungen
Angesichts wieder steigender Corona-Infektionszahlen in Israel sind auch hier am Mittwoch neue Beschränkungen in Kraft getreten. Diese gelten vor allem für Festhallen und bei Versammlungen von mehr als 100 Menschen in geschlossenen Räumen. An solchen Veranstaltungen dürfen ab sofort wieder nur Geimpfte, Genesene oder Menschen mit negativem Testergebnis teilnehmen. Die im Juni kurzfristig aufgehobene Maskenpflicht in geschlossenen Räumen gilt inzwischen wieder.
Der israelische Sender Kan berichtete, Hunderte Polizisten sollten dafür sorgen, dass die neuen Regeln eingehalten werden. Bei Verstößen drohen Strafen: etwa umgerechnet 260 Euro für Bürger, die ohne Genehmigung an Feiern oder Versammlungen von mehr als 100 Menschen teilnehmen, und bis zu 2.600 Euro für Veranstalter, die Impfpässe oder Testergebnisse nicht vorschriftsgemäß prüfen.
Die Zahl der innerhalb eines Tages gemeldeten Corona-Neuinfektionen in Israel hat zuletzt wieder die 1.000er-Marke überschritten. Am Mittwoch teilte das Gesundheitsministerium mit, binnen 24 Stunden seien 1.400 neue Fälle gemeldet worden. Für den Neuanstieg wird vor allem die Delta-Variante verantwortlich gemacht, die als besonders ansteckend gilt.
Rund 62 Prozent der 9,3 Millionen Landesbewohner haben bereits eine erste Corona-Impfung erhalten, mehr als 56 Prozent auch die zweite Dosis. Die Zahl der Schwerkranken ist binnen eines Monats von 19 auf 63 gestiegen. Mehr als die Hälfte davon hat nach Angaben des Gesundheitsministeriums mindestens eine Impfdosis gegen das Coronavirus erhalten. Im Jänner lag die Zahl der Schwerkranken noch bei rund 1.200.
Spitäler in Pakistans Großstadt Karachi weisen Patienten ab
Tragisch auch die Lage in Pakistan. In der Hafenmetropole Karachi müssen aufgrund einer massiv steigenden Zahl an Corona-Neuinfektionen Krankenhäuser sogar Patienten abweisen. Das teilten Vertreter von Behörden und Spitälern am Mittwoch mit. „Die Situation ist sehr ernst“, sagte ein Sprecher der Provinzregierung von Sindh. Am Dienstag seien knapp ein Viertel der Corona-Tests in der Stadt mit geschätzt 20 Millionen Einwohnern positiv ausgefallen.
Der Anstieg der Zahl der täglichen Neuinfektionen wird Behörden zufolge von der Delta-Variante angetrieben, die als besonders ansteckend gilt. Fast 90 Prozent der neu positiv getesteten Fälle seien dieser Virusmutante zuzuordnen, sagte der Sprecher weiter. Man fürchte eine weitere Verschärfung der Situation durch die am Mittwoch begonnenen muslimischen Eid-Feiertage, zu denen traditionell Menschen in großer Zahl zusammenkommen.
Vor kurzem wurden in Pakistan in den Virus-Hotspots des Landes erneut teilweise Lockdowns verhängt. Bisher hat das Land fast eine Million Corona-Infektionen registriert. Rund 23.000 Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus.