COPD

Hohe Sterblichkeit und fehlendes Krankheitsbewusstsein

Kaum bekannt, aber tödlich - so könnte das Urteil über die Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) lauten, die weltweit bereits die dritthäufigste Todesursache ist. Eine Analyse der Medizin Uni Innsbruck bestätigt diesen Befund.

red

Beim Vergleich der Suchanfragen unter den zehn, nach WHO-Klassifikation häufigsten, Todesursachen rangiert COPD laut aktuellem Ergebnis nur auf Platz 8. Das mangelnde Bewusstsein hat fatale Folgen.

Denn obwohl die Prävalenz und die Sterblichkeitsrate von COPD weltweit kontinuierlich ansteigen, bleibt die Chronisch obstruktive Lungenerkrankung oft unerkannt und nicht diagnostiziert. „COPD ist in den Köpfen der Menschen viel zu wenig verankert", weiß Alex Pizzini, Facharzt an der Innsbrucker Universitäts-Klinik für Innere Medizin II, der zusammen mit Anna Böhm und Studienleiter Ivan Tancevski die Analyse durchführte.

Stagnierendes Interesse an COPD trotz steigender Todesraten

Um das mangelnde Bewusstsein für die Erkrankung quantifizieren zu können, hat das Pneumologie-Team um Böhm, Pizzini und Tancevski mithilfe der Analyse-Applikation Google Trends die Frequenz der globalen Suchanfragen nach COPD im Zeitraum von 2004 bis 2018 untersucht. Dabei wurde das relative Suchvolumen für COPD mit neun häufigen Todesursachen laut WHO verglichen. Um die Analyse nicht zu verzerren, beschränkten sich die Forscher in ihrer Internetsuche auf Industrienationen, also auf Länder, in denen rund 80 Prozent der Bevölkerung das Internet nutzen.

„Wir konnten zeigen", so Pizzini, „dass medizinische Themen grundsätzlich ein geringeres Suchvolumen aufweisen, am häufigsten aber nach Diabetes, Schlaganfall und Brustkrebs gegoogelt wird.“ COPD finde sich erst auf dem achten Platz, saisonal bedingt würden sich Google- Nutzer im ersten und vierten Jahresquartal, also in den Wintermonaten, ein bisschen mehr als sonst für COPD interessieren, so die Forscher.

COPD wird also viel seltener gesucht, als Menschen daran erkranken. Im zeitlichen Verlauf lässt sich seit 2004 gar ein stagnierendes Suchveralten feststellen - ein Trend, der der Neuerkrankungsrate zuwider läuft. Immerhin leidet in Österreich jede/r Zehnte an COPD, nach dem 70. Lebensjahr schon jede/r Vierte. Den Daten von Statistik-Austria zufolge wurde von 2002 bis 2016 in Österreich ein Anstieg der Todesraten von COPD Patientinnen und Patienten von über 60 Prozent registriert - ein Trend, der mit einem Anstieg von 130 Prozent vor allem auch Tirol betrifft.

Exazerbationen enden in zehn Prozent der Fälle tödlich

Dabei ist COPD als systemische Entzündung mit zahlreichen Begleiterkrankungen und sich stetig verschlechternder Lebensqualität verbunden. Schon eine geringe Abnahme der Lungenfunktion steigert das Herzinfarktrisiko. Das Risiko, eine Herzinsuffizienz zu entwickeln ist bei COPD sechsmal erhöht, das Schlaganfallrisiko zehn Mal höher. Sogenannte Exazerbationen (akute Verschlimmerung der Erkrankung), die in der dritten und vierten Krankheitsstufe zunehmend auftreten und in schweren Fällen eine Aufnahme in der Intensivstation notwendig machen, führen in zehn Prozent der Fälle zum Tod, das Sterblichkeitsrisiko bleibt bis zu einem Jahr danach noch um bis zu 40 Prozent erhöht.

Mit einem höheren Bewusstsein und einer rechtzeitigen Diagnose könnten jedoch Risikofaktoren wie etwa das Rauchen eliminiert, Exazerbationen verhindert und Begleit- bzw. Folgeerkrankungen entsprechend behandelt werden. Über 90 Prozent aller COPD-Betroffenen rauchen oder haben über lange Zeit geraucht. Symptome wie erhöhte Schleimbildung und chronischer Husten sollten deshalb vor allem für Raucher Grund genug sein, Atemwege und Lunge untersuchen zu lassen. „Vor dem Hintergrund des fehlenden Krankheitsbewusstseins wird der Raucherhusten allzu oft bagatellisiert. Rauchen, auch das Passiv-Rauchen, steht jedoch an erster Stelle der Risikofaktoren für COPD", warnt Studienleiter Ivan Tancevski. 

 

Mann Zigarette Hand
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© medinlive | 19.04.2024 | Link: https://app.medinlive.at/index.php/wissenschaft/hohe-sterblichkeit-und-fehlendes-krankheitsbewusstsein