Gallup: Schlechte Führung macht Beschäftigte krank
Kurzzeitiger Stress kann aktivierend sein und sich positiv auf die Leistung auswirken. „Wird aus der Ausnahme allerdings ein Dauerzustand, den die Führungskraft nicht durch Unterstützung abfedert, kann Stress mittelfristig krank machen“, so das Meinungsforschungsinstitut Gallup. In Österreich fühlen sich 36 Prozent im Job gestresst, zeigt der Report „State of the Global Workplace 2023“. Das erhöht die Wechselbereitschaft. Gefühlter Stress komme nicht von ungefähr.
Er gehe oft mit einer niedrigen emotionalen Bindung an den Arbeitgeber einher. „Stress ist langfristig Gift für die Unternehmenskultur und damit auch den wirtschaftlichen Erfolg“, hält Gallup-Direktor Marco Nink fest. Hierzulande ist der Erhebung zufolge nur jeder Zehnte (11 Prozent) emotional hoch an seinen Arbeitgeber gebunden. 79 Prozent machten Dienst nach Vorschrift, 13 Prozent hätten sogar bereits innerlich gekündigt.
Im internationalen Vergleich fühlen sich in Österreich weniger bei der Arbeit gestresst - in Europa sind es im Schnitt 39 Prozent, in Deutschland 42 Prozent und weltweit 44 Prozent.
Eine niedrige emotionale Bindung an den Arbeitgeber fördere die Wechselbereitschaft. „Entgegenwirken können Unternehmen mit der Qualität der erlebten Führung“, betonte Nink. Beschäftigte unter guter Führung fühlten sich weniger gestresst und mehr gebunden als Beschäftigte, deren emotionale Bedürfnisse am Arbeitsplatz übersehen würden.
Im Vergleich aller zehn Weltregionen herrscht in Europa laut Umfrage mit im Schnitt 13 Prozent der niedrigste Grad emotionaler Mitarbeiterbindung - in Deutschland sind es 16 Prozent, in der Schweiz 11 Prozent und in Großbritannien 10 Prozent. Weit unter dem europäischen Durchschnitt liegen Frankreich mit 7 Prozent und in Italien mit nur 5 Prozent. Weltweit fühlen sich durchschnittlich 23 Prozent emotional eng mit dem Arbeitgeber verwoben.
„Problem liegt in der Führungskultur“
Oft würden „kulturelle Faktoren“ als Grund für die niedrige emotionale Mitarbeiterbindung in Europa angegeben. „Allerdings liegt das Problem nicht in der Arbeits-, sondern in der Führungskultur“, hielt Nink fest. „Unsere Erfahrungen zeigen, dass bei Unternehmen, die aktiv an der Qualität der erlebten Führung und des Arbeitsumfeldes arbeiten, sich die emotionale Bindung ihrer Mitarbeitenden deutlich steigern lässt“, so der Gallup-Experte.
„Wenn Arbeitgeber die emotionale Bindung aktiv fördern und sich um das Wohlergehen ihrer Beschäftigten kümmern, reduzieren sie nicht nur deren Stress, sondern stärken neben der Gesundheit und Leistungsfähigkeit auch ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitgebermarke“, erläuterte Gallup-Partnerin Pa Sinya.
Unzufriedene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer könnten schneller weg sein als gedacht. Derzeit bewerten viele die Chance, einen neuen Job zu finden, als durchaus positiv, zeigt die Erhebung. In Österreich geben 50 Prozent der Befragten an, es sei eine gute Zeit, den Arbeitgeber zu wechseln. Europaweit liegt der Schnitt bei 56 Prozent.
Für den vorliegenden Bericht wurden weltweit 122.416 Beschäftige in 145 Ländern befragt, 18.262 davon in 38 Ländern Europas. Die Interviews wurden laut Gallup zwischen April 2022 und März 2023 telefonisch oder persönlich durchgeführt. Die Auswahl der Befragten sei nach dem Zufallsprinzip erfolgt.