Hacker möchte reduzierten Ausbildungsschlüssel und kritisiert Wahlarztsystem
Die Forderung des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker in heute erscheinenden Zeitungsinterviews, den Ausbildungsschlüssel in den Spitälern zu reduzieren, bezeichnet der Präsident der Ärztekammer für Wien, Thomas Szekeres, als „absolut patientenfeindlich“. Die Stadt Wien will, dass zukünftig ein Facharzt insgesamt vier Jungärzte ausbilden können soll. Außerdem äußert sich Hacker kritisch zum Thema Wahlarzt.
„Wir lehnen einen Schlüssel von 1:4 österreichweit entschieden ab, da darunter die Qualität der Spitalsausbildung massiv leiden würde“, betont Szekeres. Es sei undenkbar, dass ein Ausbildungsarzt neben der Routinebetreuung seiner Patienten zusätzlich vier junge Kolleginnen und Kollegen gleichzeitig ausbilden kann. In „sehr konstruktiven Gesprächen“ noch mit SPÖ-Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser habe sich die Ärztekammer speziell beim Fach Kinder- und Jungendpsychiatrie als sogenanntes Mangelfach auf ein Verhältnis 2:4 (zwei Ausbildner, vier Auszubildende) als Qualitätskompromiss geeinigt, zu dem die Ärzteschaft auch nach wie vor stehe.
Weiters sei es absurd, Wahlärzte aus der Versorgung auszugrenzen, auch das hat Hacker aktuell gefordert. „Man wird darüber nachdenken müssen, ob man sich in Zukunft weiter einfach so als Wahlarzt niederlassen kann – nach 15 Jahren öffentlich finanzierter Ausbildung.“ meinte er gegenüber dem „Kurier“.
Szekeres kritisiert, „Wahlärzte auszugrenzen bedeutet, dass man Ärztinnen und Ärzte mit Zwangsmaßnahmen zu einer Tätigkeit im öffentlichen Gesundheitssystem zwingen möchte, egal, ob sie wollen oder nicht“. Das sei bei anderen freien Berufen „undenkbar und unethisch und wird von mir auch für die Ärztinnen und Ärzte auf das Schärfste abgelehnt“, meint er weiters.
Ärztekammer fordert 300 Kassenplanstellen mehr
Ähnlich argumentiert auch der Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, Johannes Steinhart. Hacker bestrafe damit die Patienten, denen man die Möglichkeit nehme, aus eigenen Stücken zum Wahlarzt zu gehen, und es verlängere noch weiter die Wartezeiten im öffentlichen System. Stattdessen fordert Steinhart, Wahlärzte besser in die öffentliche Versorgung miteinzubinden, denn aktuell sei „eine Versorgung ohne die mehreren Tausend Wahlärzte in Wien undenkbar“.
Zudem reichten viele Patienten aufgrund der bürokratischen Vorgaben und des geringen Kostenrückersatzes ihre Wahlarztrechnungen oft gar nicht mehr bei den Krankenkassen ein. Damit spare sich das öffentliche Gesundheitssystem bei jedem Wahlarztbesuch eines Patienten auch viel Geld, und die Wartezeiten bei den Kassenärzten und in den Spitalsambulanzen verringerten sich für jene Patienten, die aus sozialen Gründen auf das öffentliche Gesundheitswesen angewiesen seien. „Wahlärzte sind damit ein Ventil für Menschen, die es sich leisten können, und sie sind indirekt ein wichtiger Beitrag zur sozialen Gesundheitsversorgung derer, die sich eine Privatmedizin nicht leisten können oder wollen.“
In diesem Zusammenhang weist Steinhart auf die langjährige Forderung der Ärztekammer hin, allein in Wien 300 Kassenplanstellen mehr zu schaffen. Es sei kein Wunder, dass Patienten zu Wahlärzten wechselten, wenn sie keine freien Termine mehr bei Kassenärzten aufgrund deren Überlastung erhielten. „Die Zahl der Kassenärzte ist in Wien in den letzten Jahren gesunken – und das bei stetig wachsenden Bevölkerungszahlen.“ Die Stadt Wien solle sich gemeinsam mit der Sozialversicherung Gedanken machen, die Tätigkeit des Kassenarztes zu attraktivieren. Ein Verbot von Wahlärzten sei kontraproduktiv, da es nur zu noch mehr Wartezeiten und Zulauf in die Spitalsambulanzen führen würde, so Steinhart.