Onkologie
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Powerpärchen macht gegen Krebszellen mobil

Das Protein ILEI verwandelt sesshafte in mobile Zellen und gilt daher als wichtiger Signalgeber für die Metastasierung von Krebszellen. Krebsforscherin Agnes Csiszar gezeigt, dass ein ILEI alleine aber nichts ausrichtet.

red

Wenn Agnes Csiszar von der FAM3 Protein-Familie erzählt, fühlt man sich an einen Mafiaclan erinnert, dessen Mitglieder an verschiedenen Krankheitsbildern beteiligt, aber schwer dingfest zu machen sind. Das Protein FAM3C oder ILEI gilt als wichtiger Signalgeber für die Metastasierung von Krebszellen. In einem Prozess namens EMT (epithelial-to-mesenchymal transition) ist ILEI daran beteiligt, sesshafte, aneinandergeknüpfte Zellen von soliden Tumoren zu mobilisieren, wodurch der Krebs im Körper streuen kann. Andere Mitglieder von FAM3 (A, B und D) gelten als potenziell wichtige Moleküle zur Behandlung verbreiteter Erkrankungen.

Vom Proteinpäckchen zum Botenstoff

Das Substanzgefüge in und um eine Zelle wird nicht mit einem Knopfdruck angekurbelt. Immer sind es sorgfältig regulierte Signalketten und molekulare Kaskaden, die Prozesse in Gang setzen. Agnes Csiszar hat sich am Wiener Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) einige Jahre mit ILEI beschäftigt und die biochemischen Bestandteile des Protein-Steckbriefs zusammengetragen. Man wusste bereits, dass in nicht-metastasierenden Krebszellen das FAM3C-Protein an einem Ort gebündelt bleibt. Das konnte durch gezielte histochemische Einfärbung gezeigt werden.

In metastasierenden Krebszellen ist ILEI hingegen diffus über die ganze Zelle verteilt. Die Forscherin hat nachgewiesen, dass metastasierende Krebszellen viel mehr ILEI ausschütten und die Menge mit der Metastasierung korreliert. Es blieb aber unbekannt, wie das ausgeschüttete ILEI weiter reguliert und in eine aktive Form umgewandelt wird. In ihrem Einzelforschungsprojekt „Entstehung und Rolle von ILEI-Dimeren in der Krebsprogression“ hat Agnes Csiszar nun am Institut für Krebsforschung der Medizinischen Universität Wien, unterstützt vom Wissenschaftsfonds FWF, jene Signalkette ein Stück weiter aufgedröselt, die letztlich Metastasierung vorantreibt.

Ein Date im extrazellulären Raum

Wenn ILEI von den Zellen einmal ausgeschüttet wurde, suchen sich die einzelnen Proteine (Monomere) im extrazellulären Raum ein identes Partnermolekül und bilden aktive Powerpärchen (Dimere): „In den beiden ILEI-Monomeren werden jene chemische Verbindungen gelöst, die das Molekül in Form halten und an das baugleiche Pendant wieder angeknüpft. Es braucht diese Bindung, um ILEI zu aktivieren und Krebs voranzutreiben“, erklärt Agnes Csiszar.

In Folgeprojekten untersucht sie nun, welche Faktoren die Bildung solcher Powerpärchen (Dimere) beschleunigen und welchen Rezeptor in der Signalkette das ILEI-Paar aktiviert. Als therapeutische Ansatzpunkte wären sowohl die hochaktiven Signalmoleküle geeignet, als auch die Rezeptoren. Dazu müssen Letztere aber noch identifiziert werden.

 

Krebszelle und Lymphozyten
Männer weisen in der EU allerdings eine im Vergleich zu den Frauen erheblich größere Krebsmortalität auf: altersstandardisiert beträgt sie aktuell (2023) 123,75 pro 100.000 und Jahr.
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© medinlive | 20.04.2024 | Link: https://app.medinlive.at/index.php/wissenschaft/powerpaerchen-macht-gegen-krebszellen-mobil