Gekaufte Medizin
Weltweit agierende Konzerne haben die Gesundheitsbranche als lukrativen Markt für sich entdeckt – eine ethisch problematische Entwicklung, die in einzelnen Bereichen bereits in Österreich Einzug gehalten hat.
Weltweit agierende Konzerne haben die Gesundheitsbranche als lukrativen Markt für sich entdeckt – eine ethisch problematische Entwicklung, die in einzelnen Bereichen bereits in Österreich Einzug gehalten hat.
Das Gesundheitswesen zieht international Investoren an. Mit gutem Grund, denn das System ist konjunkturunabhängiger als die meisten anderen Branchen. Viele Fonds nutzen die Wachstumschancen in der Gesundheitsbranche, die sich schon alleine durch die demografische Entwicklung in der westlichen Welt ergeben.
An diesem Reiz hat auch die Coronapandemie nichts geändert. Die Investitionen sind sogar gestiegen. Der Gesundheitsbereich hätte gezeigt, dass er gut mit Krisen umgehen kann und einigermaßen resistent gegen Konjunkturschwankungen ist, zeigen sich deutsche Experten überzeugt. Zuletzt ließ sich ein Trend weg von der stationären und hin zur ambulanten Versorgung beobachten, etwa im Bereich der Pflege oder Rehabilitation.
Generell reicht die Entwicklung der Konzernisierung der Medizin von der großflächigen Übernahme von Apotheken und der Etablierung von Apothekenketten über das Eindringen in den tiermedizinischen Bereich durch die Errichtung von konzerngesteuerten Kleintierkliniken bis mittlerweile auch hinein in den humanmedizinischen Bereich – insbesondere in der Zahn- und Labormedizin als Vorreiter. Diese Entwicklung spielt sich aber nicht irgendwo in Übersee ab, sondern direkt vor unserer Haustür in Mitteleuropa, und hat in einzelnen Bereichen auch schon Einzug in Österreich gehalten.
Erik Randall Huber, Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte, Vizepräsident der Ärztekammer für Wien und selbst Urologe in der Niederlassung, sieht diese Gefahr durchaus auch hierzulande stark am Horizont heraufziehen. „Größere Anbieter, die andere Marktteilnehmer aufkaufen, können anfangs natürlich mit Kampfpreisen punkten und ruinieren damit kleinere Anbieter, wir kennen das etwa aus dem Handel. Das bleibt aber logischerweise nicht so und der große Anbieter oder gar Monopolist kann seine Preise beliebig nach oben schrauben. Wenn wir nicht aufpassen, blüht uns im Gesundheitsbereich unter Umständen ein ähnliches Schicksal. Ich sehe eine meiner Hauptaufgaben darin, die Begehrlichkeiten der Industrie nicht auch auf den niedergelassenen Bereich überschwappen zu lassen“, skizziert er die Problematik. Ordinationen können zwar nicht von Investoren gekauft werden, sehr wohl aber Spitäler oder Ambulatorien – Stichwort Preisdumping und Privatmedizin.
Hinter solchen Investoren stehen oft sogenannte Private-Equity-Gesellschaften, das sind Investmentfonds, die es schaffen, aus wirtschaftlich angeschlagenen Betrieben jährliche Renditen von bis zu 20 Prozent herauszuholen. Die Fonds werden dafür oft in Steueroasen geparkt, wie etwa den Cayman Islands. Das Geschäftsmodell privater Finanzinvestoren basiert darauf, Krankenhäuser, Arztpraxen oder Pflegeeinrichtungen zu kaufen, sie zu restrukturieren und mittelfristig wieder zu verkaufen. Bei der Sanierung kann es zu Personaleinsparungen, Betriebsumschichtungen, Fusionen, Leistungseinschränkungen und Outsourcing kommen. Für die Investoren zählt der kurzfristige Gewinn, erzielt dadurch, dass der durchsanierte Betrieb nach wenigen Jahren teuer weiterverkauft wird.
Für Vizepräsident Huber gilt es daher, nicht nur die Ärzteschaft und Kammer weiterhin stark gegen rein gewinnorientierte Interessen diverser Konzerne zu positionieren, sondern auch vermehrt wirtschaftliches Know-how in die Ordinationen zu bekommen. Unternehmertum und ärztliches Handeln, ärztliche Ethik, zusammenzuführen. Zwei Wege sieht Huber hier, nämlich einerseits „jemand extern zu holen und ihn für seine Leistungen zu honorieren oder einen Partner zu holen, der das wirtschaftliche Wissen mitbringt und diesen an der Ordination zu beteiligen.“ Dafür müsse es allerdings ganz klare juristische Regelungen geben, mit der die medizinische eindeutig über die kaufmännische Letztentscheidung zu stellen ist.
Die Frage, das unternehmerische Know-how bereits während dem Studium zu vermitteln, sieht Huber mit gemischten Gefühlen: „Das Medizinstudium ist ja bereits jetzt extrem anspruchsvoll, das fachliche Wissen wächst enorm.“
Private-Equity-Transaktionen boomen jedenfalls global. In den USA haben sich private Investitionen in das Gesundheitswesen seit 2015 mehr als verdreifacht. Demnach besitzen Private-Equity-Firmen jetzt etwa 25 Prozent der Krankenhäuser in den Vereinigten Staaten – Tendenz steigend.
Mit dem französischen Diagnostik-Spezialist Cerba HealthCare rangiert ein Konzern im Gesundheitssektor bereits an dritter Stelle der Private-Equity-Transaktionen in Europa 2021. Cerba HealthCare übernahm im Sommer letzten Jahres zudem die Laborgruppe Lifebrain. Das Lifebrain-Labor in Wien analysiert die „Alles Gurgelt“-Corona-Tests. Die Übernahme stieß beim damaligen Ärztekammerpräsidenten Thomas Szekeres auf Kritik. „So etwas sollte gerade inmitten einer weltweiten Pandemie keinen Platz haben“, warnte Szekeres damals und erinnerte an die Probleme im Vorjahr, die Österreich am Weltmarkt aufgrund von Abhängigkeit von Schutzkleidung und Masken hatte.
Insbesondere Deutschland spielt in Europa in den Überlegungen der Private-Equity-Fonds eine wichtige Rolle, weil das Durchschnittsalter hier mit 44,5 Jahren höher ist als in anderen EU-Staaten. Private-Equity-Übernahmen bedeuten eine starke Internationalisierung der Eigentümerstrukturen. Am Beispiel Deutschland: Während die ursprünglichen Eigentümer der Gesundheitseinrichtungen überwiegend ihren rechtlichen Sitz in Deutschland hatten, trifft dies nur auf etwa ein Drittel der Käufer zu. Zwei Drittel der beteiligten Fonds halten ihren rechtlichen Sitz in Offshore-Finanzzentren, etwa auf den Cayman Islands oder auf den Kanalinseln. Ein Problem ist, dass die Laufzeit der Fonds in der Regel begrenzt ist. In dieser Zeit muss eine möglichst hohe Rendite erzielt werden. Deshalb suchen Investoren häufig den schnellen Erfolg, indem sie etwa Vermögenswerte und Randbereiche verkaufen, Arbeitsplätze an Subunternehmen auslagern, Firmen aufspalten und Stellen abbauen oder besonderen Wert auf besonders lukrative medizinische Leistungen legen.
In Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren besonders die Augenmedizin als begehrte Investition erwiesen. Das liegt auch daran, weil sich die Augenheilkunde medizinisch stark weiterentwickelt hat, sodass es kaum mehr Augenabteilungen mit Betten im Spitalsbereich braucht und vieles ambulant gemacht werden kann. In Norddeutschland gehören mehr als 100 Augenarztpraxen internationalen Private-Equity-Gesellschaften. In ganz Deutschland sind es inzwischen mehr als 500 und damit etwa dreimal so viele wie vor drei Jahren. Geschätzt arbeitet mittlerweile etwa ein Fünftel aller ambulant tätigen Augenärzte deutschlandweit in Ketten von Finanzinvestoren.
Vor der Gefahr einer Monopolisierung warnte der Deutsche Bundestag bereits 2018 und schlug eine Gesetzesänderung vor, um dem entgegenzuwirken. Ein Vorstoß, Gründungen medizinischer Versorgungszentren zu verschärfen, wurde bislang allerdings nicht umgesetzt. Konfrontiert mit Recherchen des „NDR“ in dieser Sache erklärte das deutsche Bundeskartellamt, dass „die Zukäufe der großen Augenarztketten nicht kontrolliert wurden, da jede einzelne Übernahme unter relevanten Umsatzschwellen gelegen hat“.
Vor allem Pharmahersteller und Pflegeheimbetreiber sind derzeit Ziel von Beteiligungsfirmen, die Betriebe übernehmen, um sie oft nach einigen Jahren mit Gewinn zu veräußern. Zusehends stehen aber auch Arztpraxen und Kliniken sowohl im tiermedizinischen als auch im humanmedizinischen Bereich am Radar von Private-Equity-Gesellschaften. „In Österreich dürfen Ordinationen und Gruppenpraxen nur von Ärzt:innen geführt werden und können daher nicht an private Investoren verkauft werden“, erklärt Thomas Holzgruber, Kammeramtsdirektor der Ärztekammer für Wien.
Anders verhält sich das für Krankenanstalten, die derzeit noch zum Großteil der öffentlichen Hand, den Ländern sowie den Sozialversicherungen gehören. Hier sei die Angst vor privaten Investoren noch überschaubar, „sofern öffentlichen Einrichtungen nichts weiterverkaufen“. Dass eine Stadt Krankenhäuser an Private verkauft, ist kein Präzedenzfall und wurde etwa bereits in Hamburg Realität. Holzgruber hält diese Entwicklung in Österreich für bettenführende Krankenanstalten eher noch für unwahrscheinlich. Dem Vernehmen nach würden Investoren allerdings durchaus auf solche Chancen wittern.
Daneben gibt es eine kleine Zahl an Spitälern, hauptsächlich Privatspitäler, wie etwa die Confraternität, das Goldene Kreuz oder die Privatklinik Döbling, an denen allesamt die UNIQA-Versicherung beteiligt ist, die damit einer der größten „Player“ in Österreich in diesem Bereich ist. Versicherungen beherrschen den Markt, auf dem auch die VAMED (die heute fast zur Gänze dem deutschen Gesundheitskonzern Fresenius gehört) oder etwa die PORR-Gruppe, die wiederum REHA-Einrichtungen betreibt, mitmischen.
Juristische „Problemkinder“ sind Holzgruber zufolge Ambulatorien wie physikalische Institute, Labors, auch MR/CT Institute oder auch Ambulatorien in anderen Bereichen, wie zum Beispiel Zahnmedizin oder neuerdings in der Kinderheilkunde. Sie scheinen rechtlich als Krankenanstalten auf, leisten aber dasselbe wie Niedergelassene, wobei sie lediglich Ärzt:innen einstellen müssen, aber im Prinzip jedem gehören können. So gehören sie oft bei der der Gründung noch Ärzt:innen, werden aber dann an die oder den Meistbietenden weiterverkauft und sind so ein Einfallstor für Fremdinvestoren; damit treten dann niedergelassene Ärzt:innen in Konkurrenz zu globalen Konzernen. Laut einer aktuellen Umfrage des IGES-Instituts rechnen investorengeführte Praxen übrigens pro Behandlungsfall im Schnitt zehn Prozent mehr Honorar ab als Einzelpraxen.
Die Ärztekammer versucht der Gründung solcher Ambulatorien seit Jahren Einhalt zu gebieten. Mit dem Ärztestreik 2007 wurde das Thema der Ambulanten Versorgungszentren (AVZ) abgewandt; damals war geplant, dass sich auch Konzerne Kassenstellen kaufen können. Damals gingen in ganz Österreich Tausende Ärzt:innen auf die Straße und protestierten gegen die geplante Gesundheitsreform. 300.000 Unterschriften wurden zudem ins Kanzleramt gebracht. Damit wurde diese Reform verhindert.
Aber auch abseits der Standesvertretung habe die Politik kein Interesse daran, dass die Gesundheitsversorgung als kritische Infrastruktur mit verschachtelten Eigentumsverhältnissen ins Ausland verkauft wird, zeigt sich Holzgruber überzeugt.
Im Nachbarland Deutschland wurde die Situation vor allem auch durch die Öffnung Medizinischer Versorgungszentren (MVZ) angespannter. Diese stehen in teils undurchsichtigen Eigentümerverhältnisse und werden inzwischen nicht nur von der ärztlichen Standesvertretung, sondern auch von den Politikern in den unterschiedlichsten Bundesländern kritisiert.
Im Bereich der Labormedizin sind Großkonzerne schon länger aktiv und fassen bereits am österreichischen Markt Fuß. So hat etwa der europäische Marktführer Synlab neun Labors in Österreich übernommen. Synlab wuchs von einem deutschen Kleinstlabor zu Europas Marktführer. Die Synlab-Gruppe ist international mit 3,76 Milliarden Euro Umsatz und 20.000 Mitarbeitern in mehr als 30 Ländern auf vier Kontinenten präsent, führt jährlich 450 Millionen Analysen durch, bietet 5000 verschiedene Tests in der Human- und Tiermedizin an, ist aber auch bei Bodenproben- und Trinkwasseruntersuchungen und für die Pharmaindustrie aktiv.
Der zweite Branchenriese in Europa ist die zur australischen Sonic Healthcare gehörende Schottdorf-Labor-Gruppe, hervorgegangen ebenfalls aus einem kleinen deutschen Labor. Sonic Healthcare ist weltweit mit 37.000 Mitarbeitern in den Bereichen Labormedizin, Pathologie und Radiologie tätig und ist der größte private Anbieter von Diagnostikleistungen in Australien, Deutschland, der Schweiz und Großbritannien, einer der Top Five-Diagnostikdienstleister in den USA, der größte Betreiber von medizinischen Zentren und der größte betriebliche Gesundheitsdienstleister in Australien. In Deutschland ist die Gruppe neben dem Laborgeschäft seit 2017 mit der Übernahme eines Krankenhauses in Thüringen auch im humanmedizinischen Bereich direkt tätig.
Noch deutlicher als in der Labor- oder teilweise auch Zahnmedizin ist die Konzernisierung in der Veterinärmedizin zu beobachten, besonders gut darstellbar anhand des international agierenden Unternehmens Mars Inc.. Der Konzern, bekannt durch Milky Way, Snickers, Wrigley’s oder Orbit, wurde 1911 als Schokoladenmanufaktur in den USA gegründet. Bis heute im Eigentum der gleichnamigen Familie, zählt es mit einem geschätzten Jahresumsatz von 35 Milliarden US-Dollar und 100.000 Mitarbeitern in 75 Ländern zu den größten Familienunternehmen der Welt. Mars ist der größte Süßwarenproduzent der Welt. Zusätzlich gibt es eine Nahrungsmitteldivision (zum Beispiel Uncle Ben’s) und die sogenannte Petcare-Division (zum Beispiel Chappi, Pedigree, Whiskas, Royal Canin) – innerhalb des Konzerns die größte Sparte. Mehr als 42 Marken rund ums Tier finden sich unter dem Firmendach von Mars Inc., die hinter Nestlé der weltweit zweitgrößte Tierfutterverkäufer ist.
2007 wurde der Tätigkeitsbereich von Mars auf den Betrieb von Tierkliniken ausgedehnt. Mars-Tierkliniken liegen oft direkt neben Tierfuttermärkten (desselben Konzerns). So werden Tierbesitz nach dem Besuch beim Tierarzt gleich dorthin geleitet, um das (vom Tierarzt empfohlene) Futter zu erwerben. In Europa wurden von Mars zwei Tierklinikketten übernommen. Über eine davon, die ursprünglich schwedische AniCura, ist Mars auch in Österreich eingestiegen und hat hier einige renommierte Tierkliniken erworben. Die Kritik gegen solche konzerngesteuerten Tierkliniken geht dahin, dass es durch Monopolstellungen zu einer Verteuerung der Leistungen sowie zu einer Gefährdung der Versorgungssicherheit vor allem im ländlichen Raum kommen kann. In Großbritannien, wo bereits jede vierte Tierarztpraxis zu einer Kette gehört, sind die Preise nach der Öffnung des Vetmed-Marktes für Kapitalgesellschaften um 40 Prozent gestiegen.
Auch im Apothekenbereich ist die Konzernisierung schon voll im Gange. In Mittel- und Osteuropa hat sich etwa die Private-Equity-Group Penta zum wichtigsten Player im Apothekenbusiness entwickelt. Neben der Gesundheitsbranche ist das Unternehmen in den Sparten Finanzdienstleistungen, Fertigung, Einzelhandel, Immobilien und Medien tätig. Das Unternehmen beschäftigt über 41.000 Mitarbeiter in mehr als zehn europäischen Ländern. Neben Apotheken betreibt die Gruppe auch Krankenhäuser, Gesundheitseinrichtungen sowie eine Krankenversicherung. Mit der Apothekenkette Dr. Max ist Penta Marktführer in der Slowakei, Tschechien, Polen und Rumänien. Der Konzern hat mittlerweile auch den Sprung nach China geschafft. China hat den zweitgrößten Arzneimittelmarkt der Welt – mit 400.000 Apotheken und einem Umsatz von 140 Milliarden US-Dollar. 2011 war Penta in die sogenannte Gorilla-Affäre verwickelt. Gegenstand derer war die Verbindung der Privatkapital-Gruppe mit slowakischen Politikern sowie mutmaßliche Bestechungen von Regierungsangehörigen in Millionenhöhe anlässlich Privatisierungen und großen öffentlichen Vergaben.
Ein weiterer Aspekt der Konzernisierung im Apothekenbereich sind die international tätigen Online-Apotheken. Hier ist ein regelrechter Boom zu beobachten. Beflügelt wird diese Entwicklung durch Finanzanalysten, die Aktienpakete der Online Apotheken aufgrund der guten Marktaussichten durchwegs auf „buy“ einstufen. Zwei Unternehmen sind in diesem Segment auf dem europäischen Markt führend: Die niederländische Shop-Apotheke-Europe und die schweizerische Zur-Rose-Group (größte Versandapotheke Europas).
Wenn sich private Investoren in bestehende Systeme einkaufen, hat das eine Auswirkung auf viele Bereiche. Für Patient:innen können die Kosten steigen oder auch der Zugang zur Versorgung komplett verwehrt bleiben. Auch kann sich das Gleichgewicht der Gesundheitsversorgung in einer Gemeinde verschieben. Wenn ein Unternehmen beispielsweise ein Gesundheitssystem konsolidiert, kann dies die Schließung von Krankenhäusern oder Arztpraxen bedeuten. Das Personal des Gesundheitssystems ist ebenso betroffen. Aufgaben können sich ändern, Arbeitsplätze abgebaut werden oder Beförderungen ins Haus stehen.
Da Private-Equity-Firmen darauf abzielen, Gesundheitssysteme wettbewerbsfähiger zu machen, kann dies dazu führen, dass andere Gesundheitsdienstleister Patient:innen und Einnahmen verlieren. Schließlich können auch Anleger negativ betroffen sein. Wenn das Geschäft scheitert, verlieren sie Geld.
Vertreter der Ärzteschaft sind klar für mehr Reglementierung. Doch obwohl das Thema ein globales ist, gibt es kaum wirksame Mittel, um genau dies zu tun. Die Gründe dafür sind zahlreich. Aus einem US-Bericht geht etwa hervor, dass die meisten Private-Equity-Akquisitionen im Gesundheitswesen nach geltendem Recht den Kartell- oder Finanzaufsichtsbehörden nicht meldepflichtig sind. Und selbst in den Fällen, in denen Transaktionen meldepflichtig sind, verschleiert die komplexe Struktur von Private-Equity-Fonds die Wettbewerbsauswirkungen dieser Geschäfte. Dies hat zur Folge, dass Private-Equity-Unternehmen im Gesundheitswesen ohne wirksame Aufsicht tätig sind.
Ideen für Maßnahmen, den Zustrom von branchenfremden Investoren zu regulieren, gibt es viele. Darunter etwa die gesetzlichen Vorgaben in Bezug auf die Bildung von Einrichtungen, die Medizinischen Versorgungszentren in Deutschland vergleichbar wären, sodass die Mehrheit der Gesellschaftsanteile und Stimmrechte der Trägergesellschaft in den Händen von Ärzt:innen bleibt und derartige Einrichtungen auch von diesen geführt werden müssen. Ein Ausschreibungsverfahren, für das Mediziner:innen mit Ordinationen vorrangig berücksichtigt werden, ist ebenfalls ein Muss. Ganz zentral wäre eine strenge kartell- und fusionsrechtliche Kontrolle, viel stärker als noch in der Wirtschaft, damit man die Marktbeherrschung und Monopolisierung zu Lasten der Patient:innen verhindert. Wichtig ist auch die Transparenz etwa durch ein entsprechendes Register und eine Kennzeichnungspflicht.
Fest steht: Ökonomisches Handeln hat im Gesundheitswesen zwar auch durchaus seine Berechtigung, aber die Ökonomie muss den Zielen der Medizin und der Versorgung der Patient:innen untergeordnet werden, und nicht umgekehrt. Einer der wichtigsten Werte in der Beziehung zwischen Ärzt:innen und Ärzten zu ihren Patient:innen, nämlich das Vertrauen in das korrekte ärztliche Handeln, steht sonst womöglich auf der Kippe, wenn Ärzt:innen das nicht selbst steuern können wie in der Ordination, sondern fremdbestimmt sind.
Dieser Artikel ist zuerst in dem Fachmagazin „Ärzt*in für Wien“ erschienen.