90 Prozent der Fälle von Gebärmutterhalskrebs gehen darauf zurück. Nach dem Brustkrebs ist der Gebärmutterhalskrebs die zweithäufigste Krebserkrankung von Frauen in der EU zwischen 15 und 44 Jahren. „Die Ausweitung der kostenlosen HPV-Impfung wird langfristig hunderttausende Menschen in Österreich vor einer Krebserkrankung bewahren“, sagte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Humane Papillomaviren verursachen auch den Großteil der Krebserkrankungen von Frauen und Männern im mittleren Rachenraum und an den Geschlechtsorganen.
Die Impfung ist sowohl Burschen als auch Mädchen im Alter ab neun Jahren empfohlen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt eine Durchimpfungsrate von 90 Prozent. Im August 2020 hat sich auch Österreich dazu bekannt, diese Vorgabe bis 2030 zu erfüllen. Derzeit ist die kostenlose Impfung in Österreich auf Kinder im Alter von neun bis elf Jahren beschränkt. Bis zum Alter von 15 Jahren wird sie zum Selbstkostenpreis abgegeben. Ab dem 18. Lebensjahr liegen die Kosten in der Regel bei 620 Euro. Das Verteidigungsministerium wird die Impfung auch Rekruten während ihres Wehrdienstes anbieten.
Ziel: Umsetzung bereits kommendes Jahr
Finanziert werden die Impfstoffe zu zwei Drittel über den Bund, je ein Sechstel wird von der Sozialversicherung und dem jeweiligen Bundesland getragen. Die Kosten für die Verimpfung übernehmen die Bundesländer. Details der Einigung werden in den kommenden Tagen noch fixiert, so das Gesundheitsministerium. Ziel sei eine Umsetzung der kostenlosen Impfung bereits ab dem kommenden Jahr.
Besonders Menschen aus Familien mit geringem Einkommen konnten sich die Impfung bisher nur schwer leisten. „Deshalb ist die Ausweitung des HPV-Impfprogramms auch ein Schritt für mehr soziale Gerechtigkeit“, sagte Rauch. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner ergänzte: „Gemeinsam mit der Krebshilfe habe ich mich dafür stark gemacht, dass HPV-Impfungen in das Impfprogramm aufgenommen werden. Als österreichisches Bundesheer mit unseren Stellungskommissionen tragen wir große Verantwortung für die Gesundheit Tausender junger Männer.“
Durchimpfungsraten erhöhen
„Die Bundesländer drängen schon längere Zeit darauf, dass für die österreichischen Impfprogramme ein größeres Augenmerk auf ihre Verankerung in der Krankenkasse gelegt wird. Volksgesundheit ist nicht nur eine Frage von Informationskampagnen, sondern es ist notwendig, unsere Impfprogramme zumindest auf europäisches Niveau zu heben“, erläuterte Wiens Gesundheitsstadtrat und Vorsitzender der Konferenz der Landes-Gesundheitsreferenten, Peter Hacker. „Wir haben heute deshalb dem Vorschlag des Gesundheitsministers für die Ausweitung der HPV-Impfung zugestimmt, auch wenn wir dafür sehr kurzfristig mehrere Millionen Euro nach Abschluss der Jahresbudgets zur Verfügung stellen müssen, um die Impfstoffe tatsächlich zu den Menschen zu bringen. Die HPV-Impfung ist viel zu wenig bekannt, obwohl sie so einen großartigen Schutz vor einer schweren Krebserkrankung bieten kann.“
Zustimmung kam auch von Peter Lehner, dem Co-Vorsitzenden der Konferenz der Sozialversicherungsträger: „Die Ausweitung der kostenlosen HPV-Impfung wird die Durchimpfungsraten deutlich erhöhen. Wir gehen damit einen Schritt vom Reparatur-System Richtung Vorsorge-System.“ Mit der nun erzielten Grundsatzeinigung kommt Österreich einer seit mehreren Jahren gestellten Forderung von Experten und Interessensvertretern vor allem aus dem Jugendbereich nach. So hatte das Vorsitzteam der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft erst im Juni darauf hingewiesen, dass die Impfung für viele nicht leistbar sei. In anderen EU-Staaten habe es Nachhol-Impfprogramme für zwischen 1992 und 2002 Geborene gegeben, Liechtenstein zum Beispiel biete die Impfung bis zum 26. Lebensjahr gratis an, betonte die Studierenden-Vertretung.
HPV-Impfung „eine der wichtigsten Maßnahmen gegen viele Krebsarten“
Die Ausweitung der kostenlosen HPV-Impfung bis zum vollendeten 21. Lebensjahr sei "eine wichtige gesundheitspolitische, verantwortungsbewusste und gerechte Maßnahme", sagte Krebshilfe-Präsident Paul Sevelda. Die HPV-Impfung sei nachweislich wirksam gegen gynäkologische Krebserkrankungen, Analkrebs, Peniskrebs und Krebs im Mund- und Rachenraum, betonte die Krebshilfe.
Vielen Eltern und Erziehungsberechtigten sei es trotz des reduzierten Selbstkostenpreises finanziell nicht möglich gewesen, ihr Kind bzw. ihre Kinder impfen zu lassen, sagte Sevelda. Die Krebshilfe danke Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) sowie Ländern und Sozialversicherung, ebenso Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP), denn auch für Rekruten werde die HPV-Impfung kostenlos sein. „Durch dieses zusätzliche Angebot kann hoffentlich die Durchimpfungsrate entscheidend verbessert werden und somit eine Vielzahl an unangenehmen gutartigen HPV-assoziierten Erkrankungen und darüber hinaus gefährlichen bösartigen Erkrankungen vermieden werden“, hoffte Christoph Grimm, Präsident der Arbeitsgemeinschaft für gynäkologische Onkologie (AGO Austria).
Ärztekammer: „HPV-Impfung rasch nachholen“
Details zur Einigung sollen laut Gesundheitsministerium in den nächsten Tagen fixiert werden, Ziel sei jedenfalls die Umsetzung ab dem kommenden Jahr, sagte Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt eine Durchimpfungsrate von 90 Prozent, Österreich habe sich vor zwei Jahren dazu bekannt, diese Vorgabe bis 2030 zu erfüllen. „Wer pandemiebedingt die HPV-Impfung in den vergangenen Jahren nicht durchgeführt hat, soll das bitte rasch nachholen und sich an den Arzt seines Vertrauens wenden.“
Die bisherige Altersbeschränkung habe dazu geführt, dass nur ein Teil der Jugendlichen geimpft worden sei, meinten auch Barbara Neßler und Ralph Schallmeiner, Bereichssprecherin und Bereichssprecher für Jugend und Gesundheit bei den Grünen. Jetzt sei weitere Aufklärung wichtig. „Vor allem mit dem immer noch weit verbreiteten Irrglauben, dass es sich dabei um eine Impfung speziell für Mädchen und Frauen handelt, muss aufgeräumt werden“, so Schallmeiner. „Erzählt euren Freunden von dieser Möglichkeit und von den Gefahren, wenn man sie nicht in Anspruch nimmt“, appellierte Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm