Ein Dauerproblem bleibt weiterhin die Abgrenzung von Ordination/Gruppenpraxis (Art 10 B-VG) und Krankenanstalten (Art 12 B-VG), so Holzgruber. Die Frage ist, wie lange ist eine Einrichtung von ihrer Größe her noch eine Ordination oder Gruppenpraxis und wann wird sie zu einer Krankenanstalt. Krankenanstalten dürfen Ärztinnen und Ärzte anstellen, Ordinationen durften das bisher nicht. In der neuen Regelung wurden Einschränkungen gemacht, um hier eine Abgrenzung zwischen Ordination/Gruppenpraxis und Krankenanstalten zu schaffen.
Neu ist, dass Ärzte mit ius practicandi (also Allgemeinärzte und Fachärzte) in Ordinationen und Gruppenpraxen andere Ärztinnen und Ärzte anstellen dürfen. Bisher war die Anstellung für Krankenanstalten, inkl. Ambulatorien/Institute, für öffentliche Einrichtungen (MA 15, Schulen, etc.), für Pflegeeinrichtungen und arbeitsmedizinische Einrichtungen und für Lehr[gruppen]praxen zulässig.
Angestellt werden dürfen alle Allgemeinärzte und Fachärzte, allerdings nur fachgleiche Ärztinnen und Ärzte. Entscheidend ist die Qualifikation des Inhabers der Ordination oder Gruppenpraxis (in der Praxis gibt es nur fachgleiche Gruppenpraxen). Demnach kann ein Gynäkologe auch nur einen Gynäkologen anstellen, ein Allgemeinmediziner nur einen Allgemeinmediziner, aber eben keinen Gynäkologen.
Beschränkung bei Köpfen und Zeit
Die Nebenbeschäftigung von Spitalsärzten war ein großes Diskussionsthema bei den politischen Verhandlungen, wie Holzgruber verweist. Während die Arbeitszeit von Spitalsärzten, die als Vertretung in Ordinationen arbeiten können, beschränkt ist, ist noch nicht geregelt welche Grenzen bei der Addition von Stunden eines Spitalsarztes (KA-AZG) und gleichzeitig Arztes in einer Ordination/Gruppenpraxis (AZG) gelten.
Grundsätzlich dürfen in einer Ordination maximal zwei Ärztinnen/Ärzte im Umfang eines Vollzeitäquivalentes (das entspricht 40 Wochenstunden) angestellt werden. In einer Gruppenpraxis (unabhängig von der Anzahl der Gesellschafter) können maximal vier Ärztinnen/Ärzte im Umfang von zwei Vollzeitäquivalenten (= 80h/Woche) angestellt werden. Überstunden sind gesetzlich nicht geregelt, sind wohl implizit zulässig (Grenzen AZG), Ausnahmen sind nach entsprechender PVE-Planung für Primärversorgungseinrichtungen (PVE) möglich.
Direkte Haftung des angestellten Arztes
Ordinationsinhaber und Gesellschafter von Gruppenpraxen sind weiterhin maßgeblich zur persönlichen Berufsausübung verpflichtet. In der Ordination gilt für Patienten die freie Arztwahl, im Spital gilt dies nicht.
Eine neue Regelung betrifft die Haftung von angestellten Ärztinnen und Ärzten. Während bei Behandlungsfehlern im Krankenhaus die Krankenanstalt haftet, hat in Ordinationen bisher der Ordinationsinhaber gehaftet. Die haftungsrechtliche Sonderregelung besagt nun, dass statt des Ordinationsinhabers der angestellte Arzt haftet, denn er ist medizinisch letztverantwortlich.
Noch gibt es keine arbeitsrechtlichen Regelungen. Grundsätzlich gilt das allgemeine Arbeitsrecht. Angenommen wird, dass es einen Kollektivvertrag zu diesem Thema geben wird. Dieser könnte entweder als Regelung zwischen den beiden Bundeskurien der Ärztekammer (analog zu Turnusärzten in der Lehrpraxis), hier laufen bereits die Verhandlungen oder als Teil der regionalen Kollektivverträge für Ordinationsmitarbeiter zwischen der Kurie niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte auf Landesebene und der GPA (Gewerkschaft der Privatangestellten) geregelt werden.
Die Regelung ist auch ein kassenrechtliches Problem. Denn kommen neue Angestellte dazu wirkt sich das auf die Stellenpläne aus. Das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) verlangt daher einen Gesamtvertrag zwischen der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) und dem Hauptverband (HVB) zu diesem Thema. Problematisch ist hierbei, dass der Haupverband 2020 aufgelöst wird. Gibt es keinen Gesamtvertrag könnte die Anstellung über einen Einzelvertrag zwischen Arzt/Gruppenpraxis und Kasse (z.B. WGKK) geregelt werden. De facto ist die Anstellung bei Kassenärzten durch die Krankenkassen zustimmungspflichtig. Erste Gespräche mit der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) sind für Februar 2019 anberaumt.
Abgrenzung Anstellung/Vertretung
Eine rechtliche Klarstellung wurde in Bezug auf die Abgrenzung von Anstellung zu Vertretung gemacht. Dies war in den letzten Jahren Dauerthema, da Finanz und Kassen viele Vertretungsärzte bei den Prüfungen als Angestellte angesehen haben, was massive Nachzahlungen der Ordinationsinhaber zur Folge hatte und zu zahlreichen Verfahren mit langer Verfahrensdauer und Rechtsunsicherheit führte.
Die neue Regelung (§ 47 Abs 4/5 ÄrzteG) besagt, dass die „fallweise und regelmäßige Vertretung eines Ordinationsinhabers oder eines Gesellschafters einer Gruppenpraxis“ ex lege eine freiberufliche Tätigkeit ist. Erst wenn Ordinationsinhaber und Vertreter überwiegend gleichzeitig in der Ordination/Gruppenpraxis tätig sind, liegt ein Anstellungsverhältnis vor. Als freiberuflich gilt dabei auch eine Tätigkeit in ärztlichen Not- und Bereitschaftsdiensten, die von der Kammer organisiert werden – wie etwa dem Ärztefunkdienst.
Das wurde auch im Sozialversicherungsrecht verankert (FSVG § 2 Abs 2a Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger). Als freiberuflich gelten demnach Tätigkeiten als Arzt und Gesellschafter einer Gruppenpraxis, Sonderklasseeinahmen, sowie Tätigkeiten gemäß § 47 Abs 4 und 5 ÄrzteG. Die ausdrückliche Klarstellung im Steuerrecht fehlt noch. Erste Gespräche mit dem Bundesministerium für Finanzen (BMF) sind für Februar 2019 anberaumt. Die letzten Urteile haben die Freiberuflichkeit der Vertreter im Steuerrecht bestätigt.
Der nächste Schritt ist aus Holzgrubers Sicht die Auseinandersetzung mit den Sozialversicherungen, da die meisten Ansuchen Kassenordinationen und Kassengruppenpraxen betreffen.
Die Neuerung Listenform:
Wer darf Ärztinnen und Ärzte anstellen?
Bisher:
- Krankenanstalten, inkl. Ambulatorien/Institute
- öffentliche Einrichtungen (MA 15, Schulen, etc.)
- Pflegeeinrichtungen und arbeitsmedizinische Einrichtungen
- Ordinationen/Gruppenpraxen nur Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung (Lehr[gruppen]praxen)
Neu:
- Ärztinnen und Ärzte mit ius practicandi (Allgemeinmediziner und Fachärzte) in Ordinationen
- Gruppenpraxen
Wer darf angestellt werden?
- alle Allgemeinmediziner und Fachärzte , aber nur fachgleiche Ärztinnen und Ärzte bezogen auf den Ordinationsinhaber und die Gruppenpraxen Gesellschafter: d.h. Gyn => Gyn, AM => AM, aber nicht Gyn => AM
erste Unterscheidung zu Krankenanstalten
- Exkurs: Nebenbeschäftigung von Spitalsärzten
- Thema: Zusammenrechnung KA-AZG (Spitalsarzt) und AZG (ang. Arzt in Ordination/Gruppenpraxis)
Wieviele Ärztinnen und Ärzte dürfen angestellt werden?
- Ordination:
- maximal zwei Ärztinnen und Ärzte
- im Umfang eines Vollzeitäquivalentes (= 40h/Woche)
- Gruppenpraxis (unabhängig von der Anzahl der Gesellschafter)
- maximal vier Ärztinnen und Ärzte
- im Umfang von zwei Vollzeitäquivalenten (= 80h/Woche)
- Überstunden wohl implizit zulässig (Grenzen AZG)
- Ausnahmen nach entsprechender Planung für PVE möglich
zweite Unterscheidung zu Krankenanstalten
Gibt es weitere Sonderregelungen?
- Ordinationsinhaber und Gesellschafter von Gruppenpraxen sind weiterhin maßgeblich zur persönlichen Berufsausübung verpflichtet
- für Patienten gibt es die freie Arztwahl
- angestellte Ärztinnen und Ärzte haben medizinische Letztver-antwortung (direkte Haftung des angestellten Arztes: noch zu klären Haftpflichtversicherungs-fragen)
Drittes, viertes und fünftes Unterscheidungsmerkmal zu Krankenanstalten
Gibt es arbeitsrechtliche Vorgaben?
- es gilt allgemeines Arbeitsrecht!
- Kollektivvertrag?!
- entweder als Regelung zwischen den beiden Bundeskurien der Ärztekammer (analog zu Turnusärzten in der Lehrpraxis) => Verhandlungen laufen
oder
- als Teil der regionalen Kollektivverträge für Ordinationsmitarbeiter zwischen der Kurie niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte auf Landesebene und der GPA (Gewerkschaft der Privatangestellten)
Gibt es kassenrechtliche Vorgaben?
- ASVG verlangt einen Gesamtvertrag zwischen ÖÄK und Hauptverband (HVB: Übergangsregime ab 1. April 2019; aufgelöst ab 1.1.2020) zu dem Thema
- gibt es keinen Gesamtvertrag => Anstellung Thema des Einzelvertrages
- Einzelvertrag Vertragspartner Arzt/Gruppenpraxis und Kasse (z.B. WGKK)
- d.h. de facto ist die Anstellung bei Kassenärzten zustimmungspflichtig von den Krankenkassen
- erste Gespräche mit WGKK im Februar 2019
Abgrenzung Anstellung/Vertretung
- war in den letzten Jahren ein Megaproblem, da Finanz/Kassen viele Vertretungsärzte bei den Prüfungen als Angestellte angesehen haben
- Konsequenz:
- massive Nachzahlungen der Ordinationsinhaber
- zahlreiche Verfahren mit extrem langer Verfahrensdauer und Rechtsunsicherheit
Neue Regelung (§ 47 Abs 4/5 ÄrzteG)
- „fallweise und regelmäßige Vertretung eines Ordinationsinhabers oder eines Gesellschafters einer Gruppenpraxis“ ist ex lege freiberufliche Tätigkeit
- Erst wenn Ordinationsinhaber und Vertretener überwiegend gleichzeitig in der Ordination/Gruppenpraxis tätig sind, liegt ein Anstellungsverhältnis vor
- Weitere Klarstellung: freiberuflich ist auch eine Tätigkeit in ärztlichen Not- und Bereitschaftsdiensten, die von der Kammer organisiert werden (z.B. Ärzte-funkdienst)
Regelung im Sozialversicherungs- und Steuerrecht
- § 2 Abs 2a FSVG:
- Freiberuflich sind
- Tätigkeiten als Arzt und Gesellschafter einer Gruppenpraxis
- Sonderklasseeinahmen
- Tätigkeiten gemäß § 47 Abs 4 und 5 ÄrzteG
- Steuerrecht:
- ausdrückliche Klarstellung fehlt noch => erste Gespräche mit BMF im Februar 2019
- letzte Urteile haben aber Freiberuflichkeit der Vertreter im Steuerrecht bestätigt
Anmerkung: Das Gesetz ist Mitte Dezember im Nationalrat beschlossen und mit 1. Jänner 2019 in Kraft getreten, wurde jedoch noch nicht kundgemacht. Grund dafür ist die Einspruchsfrist bezüglich der Notarztausbildung, die noch abgewartet werden muss.