Bio-Invasoren

Eingeschleppte Arten können auch positive Auswirkungen haben

Vor den negativen Folgen eingeschleppter Arten wird schon lange gewarnt. Denn sie können Krankheiten übertragen, das biologische Gleichgewicht in der neuen Umgebung stören oder andere Arten verdrängen. Doch Bio-Invasoren können sich auch positiv auf die biologische Vielfalt auswirken, etwa wenn sie neue Nahrungsquellen oder Lebensräume bereitstellen. Ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung zeigt nun im Fachblatt „Plos Biology“, wie man diese positiven Folgen bewerten kann.

red/Agenturen

Die Beispiele für negative Folgen eingeschleppter Arten (Neobiota) sind zahllos: Krass sind etwa die Auswirkungen der Braunen Nachtbaumnatter (Boiga irregularis), die durch Menschen nach Guam eingeschleppt wurde. Dort hat die Schlange bereits zehn der zwölf heimischen Vogelarten ausgerottet. Weil die Vögel eine wichtige Rolle bei der Verbreitung von Samen spielen, ist mittlerweile auch die Flora der Pazifikinsel bedroht.

Allerdings können Neobiota auch positive Auswirkungen haben: Das Forscherteam um Giovanni Vimercati und Sven Bacher von der Universität Freiburg (Schweiz), dem auch Franz Essl vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien angehörte, führt in ihrer Arbeit einige Beispiele an:

So hilft die auf die Maskarenen einschleppte Aldabra-Riesenschildkröte (Aldabrachelys gigantea) gefährdeten Bäumen, deren Samen von Schildkröten gefressen werden und deren Verdauungstrakt passieren müssen, um zu keimen. Die auf der Inselgruppe ursprünglich heimische Schildkrötenart, die diese Aufgabe wahrnahm, wurde von Menschen ausgerottet. In den Niederlanden erhöht die gebietsfremde Auster (Crassostrea gigas) in geschädigten und stark veränderten Ökosystemen die Klarheit des Wassers und fungiert als Nahrungsquelle für einheimische Arten.

In einer Aussendung der Uni Wien wird auch der ursprünglich aus Ostasien stammende Sommerflieder (Buddleja) genannt, der sich auch in Österreich ausbreitet. Dieser stelle eine neue Nektarquelle dar, die gerne von Bienen und Schmetterlingen genutzt wird.

Für die Bewertung negativer Auswirkungen nicht heimischer Arten gibt es ein 2020 von der Weltnaturschutzunion (IUCN) formell angenommenes Klassifizierungssystem (EICAT). „Bisher gab es jedoch kein Schema, mit dem sich positive Auswirkungen eingeschleppter Arten bewerten ließen“, betonte Essl. Das Forscherteam hat deshalb erstmals ein solches Bewertungsschema erarbeitet (EICAT+). Dieses könne u.a. als Grundlage für Entscheidungen im Naturschutz dienen, etwa indem potenziell unerwünschte Auswirkungen geplanter Kontroll- oder Ausrottungsmaßnahmen für nicht heimische Arten aufgezeigt werden.

Frage der Häufigkeit positiver Auswirkungen

Als nächster Schritt müsse untersucht werden, wie oft solche positiven Folgen tatsächlich auftreten. Dabei dürfe aber nicht vergessen werden, „dass die negativen Auswirkungen der Ausbreitung gebietsfremder Arten positive Auswirkungen in Summe weitaus überwiegen“, so Essl.

In einer weiteren Studie, die im Fachjournal „Nature Plants“ veröffentlicht wurde, hat Essls Kollege Ali Omer untersucht, welche Faktoren für das Überleben von eingeschleppten Arten in ihrer neuen Umgebung ausschlaggebend sind. Denn nur ein kleiner Teil der Bio-Invasoren schafft es, sich in einer Region anzusiedeln. So werden zwar oft exotische Pflanzen als Zierpflanzen eingeführt, doch im Endeffekt sind bei der weiteren Ausbreitung zu heimischen Arten nahe verwandte Pflanzen im Vorteil, „vermutlich da sie besser an die lokalen Klima- und Standortsverhältnisse angepasst sind“, so Omer.

Als Beispiel aus Österreich nannte Essl gegenüber der APA das Himalaya-Springkraut, das sehr häufig in Auen auftritt und derzeit blüht. Es ist recht eng verwand mit dem heimischen Echten Springkraut und kann sich daher gut hierzulande ausbreiten.

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