Am Ende der Mikrotubuli wird oft ein Eiweißstoff (Tyrosin) weggeschnitten. Diese „Detyrosination“ ist wichtig für eine korrekte Hirnentwicklung, erklärte Landskron, die am Netherlands Cancer Institute in Amsterdam forscht, der APA: Andererseits wäre eine abnormal hohe Detyrosination vielleicht mitverantwortlich für Herzinfarkte, die Alzheimer-Krankheit und Parkinson. Die genaue Funktion dieses Röhrenende-Kappens konnte man aber bisher kaum untersuchen, weil gleichsam das passende Werkzeug dafür fehlte.
Ein Team um Landskron und Thjin Brummelkamp machte sich auf die Suche danach. Mit den sogenannten „Vasohibinen-Enzymen“ war schon seit Jahrzehnten eine Art von Scheren bekannt, die Detyrosinationen durchführt. Doch auch in Zellen ohne Vasohibin-Enzym wird eifrig an den Röhrenenden geschnippelt. Es musste also eine zweite Art von Enzymen geben, die dies bewerkstelligt. Keine der bekannten Enzyme, die wie typische molekulare Scheren aussehen, zeigte sich jedoch dafür verantwortlich.
„MATCAP-Detyrosinase“ ist neuartige molekulare Schere
Die Forscher nahmen sich deshalb menschliche Zellen zu Hilfe, welchen jeweils die Vorlage für einen bestimmten Eiweißstoff fehlte. Dort schalteten sie auch die Vasohibin-Enzyme aus. Wenn in einer Zelllinie jener bestimmte mutierte Eiweißstoff also die gesuchte molekulare Schere ist, und auch Vasohibin-Enzyme fehlen, musste dort an jedem Röhrenende noch Tyrosin dran bleiben.
„So konnten wir MATCAP entdecken“, berichtete Landskron. Denn es gab eine Zelllinie, in der quasi alle Mikrotubuli-Enden ein Tyrosin trugen. MATCAP (Microtubule Associated Tyrosine Carboxypeptidase) sieht ein wenig anders aus, als die bisher bekannten molekularen Scheren, hat aber die gleichen Fähigkeiten. Nun habe man das Werkzeug in der Hand, um die Detyrosination experimentell zu steuern und ihre Funktion in den Zellen und im Organismus zu entschlüsseln, so Landskron. Die Studie wurde im Fachmagazin „Science“ veröffentlicht.