Kardiovaskuläres Risiko minimieren

Wichtiger Impuls für klinische Prüfung von Lp(a)-Senkern

20 Prozent der Bevölkerung haben aufgrund einer genetisch erhöhten Lipoprotein(a)-Konzentration (> 50mg/dl) ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Aortenklappenstenose. Nun konnten Innsbrucker Epidemiologen das für eine kardiovaskuläre Risikoreduktion nötige Ausmaß einer Lp(a)-Senkung abschätzen.

red

Um das Risiko für kardiovaskuläre Zwischenfälle um mehr als 20 Prozent zu senken, müsste der Lp(a)-Spiegel um ca. 66 mg/dl gesenkt werden. Im Hinblick auf die damit erzielte präventive Wirkung wäre das vergleichbar mit der Senkung des LDL-Cholesterinspiegels um 38 mg/dl. So lautet das Ergebnis einer neuen, kürzlich im Fachjournal JAMA Cardiology veröffentlichten Untersuchung von Claudia Lamina und Florian Kronenberg von der Sektion für Genetische Epidemiologie der Medizinischen Universität Innsbruck, das für die Planung zukünftiger Klinischer Studien mit Lp(a)-senkenden Medikamenten richtungsweisend sein wird.

Präventive Lp(a)-Senkung

Dass die Konzentration von Lp(a) im Blut ein unabhängiger kardiovaskulärer Risikofaktor ist, wurde vielfach beschrieben. Die Kausalität dieses Zusammenhanges wurde erstmals in den 90er Jahren vom Innsbrucker Humangenetiker und Pionier der Lp(a)-Forschung, Gerd Utermann, mit dem Prinzip der „Mendelian Randomization“ nachgewiesen. Dieses damals noch nicht so bezeichnete genetisch-statistische Verfahren wurde von Utermann und seinem Team erstmals eingesetzt und ist mittlerweile zu einem absoluten Standardverfahren in der Genetischen Epidemiologie geworden.

Nun liefern die Innsbrucker Epidemiologinnen Claudia Lamina und Florian Kronenberg eine belastbare Abschätzung, wie stark Lp(a) in zukünftigen klinischen Studien gesenkt werden sollte, um das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko deutlich zu reduzieren. „Für die Berechnung dieses Ergebnisses haben wir uns auf die genetisch-statistische Methode der 'Mendelian Randomization' gestützt. Dieses Verfahren kann angewendet werden, wenn ein großer Teil der genetischen Grundlagen eines Parameters bekannt ist und in großen Studien gemessen wurde, wie es bei Lipoprotein(a) der Fall ist“, so Kronenberg, dessen Studie auf eigenen Daten aus fünf Beobachtungsstudien mit knapp 14.000 Studienteilnehmer und anderen öffentlich verfügbaren Daten mit nahezu 50.000 Patientinnen und Patienten und Kontrollen basiert.

Wirkstoffe, die Lp(a) selektiv senken, sind zwar bereits in klinischer Erprobung, das notwendige Ausmaß der Senkung, das zu einer effektiven Risikoreduktion für Herz-Kreislauferkrankungen beitragen könnte, wurde bislang allerdings kontrovers diskutiert. „Mit den berechneten Daten konnten wir einen wichtigen Beitrag für die Planung von zukünftigen Interventionsstudien mit Lp(a)-senkenden Medikamenten liefern“, kommentiert Biostatistikerin und Erstautorin Claudia Lamina.

Innsbrucker Lp(a)-Expertise

Das Blutfett Lp(a) wird an der Medizinischen Universität Innsbruck bereits seit mehr als 30 Jahren intensiv beforscht. Allein in den vergangenen zehn Jahren wurden an der Sektion für Genetische Epidemiologie die Lp(a)-Konzentrationen und die dazugehörigen Isoformen von mehr als 30.000 Menschen gemessen und mit klinischen Daten in Zusammenhang gebracht. So konnte Stefan Coassin aus dem Team von Florian Kronenberg u.a. auch eine neue Genmutation identifizieren, die für niedrige Lp(a)-Konzentrationen verantwortlich ist und dadurch vor kardiovaskulären Erkrankungen schützt.

Mit den neuesten Erkenntnissen aus Innsbruck wird zudem eine vorangegangene, in der Fachwelt kritisch beurteilte Analyse von Wissenschafter aus Cambridge relativiert, die zu einer Überschätzung einer notwendigen Lp(a)-Senkung geführt hat.

Herz
Dass die Konzentration von Lp(a) im Blut ein unabhängiger kardiovaskulärer Risikofaktor ist, wurde vielfach beschrieben.
iStock Lars Neumann