SORA befragte für den Sozialbarometer zu Pflegethemen im März 1.023 Personen ab 15 Jahren persönlich, die Schwankungsbreite liegt bei plus/minus 3,1 Prozent.
Im Vergleich zum letzten Jahr hat sich der Blick auf die Pflegesituation kaum verändert. Damals drückten 51 Prozent Sorge aus. Unterschiede bei den Antworten gab es diesmal zwischen den Bevölkerungsgruppen. 63 Prozent der Menschen ab 75 Jahren zeigten sich pessimistisch. Genauso hoch war der Anteil bei jenen mit einem Netto-Haushaltseinkommen unter 1.500 Euro. Frauen sorgten sich häufiger (55 Prozent) als Männer (44 Prozent).
Kein gutes Zeugnis stellten die Befragten der Regierung aus. Mit 68 Prozent bewerteten gut zwei Drittel deren Arbeit im Pflegebereich als nicht ausreichend. Im Jahr 2021 waren es 63 Prozent. Entsprechend schlecht ist auch der Blick der Österreicher auf die Pflege als Berufsfeld. Insgesamt 57 Prozent finden einen Job in diesem Bereich nicht attraktiv. Große Zustimmung gab es hingegen für einen dauerhaften Gehaltsbonus (84 Prozent) und eine Entschädigung während der Ausbildung (94 Prozent).
„Lebensgefährlicher Pflegenotstand“
Anlässlich des Tags der Pflege am 12. Mai präsentierte auch die Caritas ein Forderungspaket. „Es bedarf einer Systemreform, die die Pflegelandschaft maßgeblich weiterentwickelt und in die Tiefe geht: Wir brauchen ein System, das langfristig Versorgungssicherheit gewährleistet und ein System, in dem sich Menschen gut betreut fühlen und gleichzeitig gerne arbeiten“, so Präsident Michael Landau. Zu den Forderungen zählen etwa die finanzielle Absicherung des Systems, Personalorientierung und eine weitere Ausbildungsoffensive.
Die NEOS sehen einen „lebensgefährlichen Pflegenotstand“ und rufen nach Maßnahmen gegen die Personalnot. ÖVP und Grüne müssten „alles tun, um Österreich für qualifiziertes Personal aus dem Ausland attraktiver zu gestalten“, so Gesundheitssprecherin Fiona Fiedler in einer Aussendung. Sie wünsche sich ein „Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild, flächendeckende Kinderbetreuung, einfachere Visa-Verfahren, aber auch mehr Netto vom Brutto.“
Bedrana Ribo, Pflegesprecherin der Grünen, verwies in diesem Zusammenhang auf die Reformen aus dem vergangenen Jahr. Es sei viel bewegt worden, vor allem bei den Ausbildungen. „Wir sind am richtigen Weg, um einen nachhaltigen Wandel im Pflegebereich zu erzielen“, so Ribo. Zugleich sei klar, dass noch nicht alle Probleme gelöst seien. Es brauche daher weitere Maßnahmen.
Skandinavische Länder als Digitalsierungspioniere
Der SPÖ ist das zu wenig, von der Reform sei nicht viel übrig geblieben. „Wenn wir die Berufsbedingungen in der Pflege nicht endlich verbessern, werden wir nie wieder ausreichend Menschen finden, die in den Pflegeberuf kommen“, hieß es vom Abgeordneten Philip Kucher. Er forderte unter anderem mehr kostenlose Ausbildungsplätze und eine Jobgarantie danach.
Einen Fokus auf Digitalisierung legte der Seniorenbund. Präsidentin Ingrid Korosec: „Österreich hinkt hinterher. Es braucht einen gesetzlichen Rahmen für Digitalisierung in Pflege und Gesundheit.“ Dabei könne man sich vor allem an skandinavischen Ländern orientieren. Es gebe Potenzial für mehr Selbstständigkeit, Sicherheit und finanzielle Einsparungen.
Mehr Geld für die 24-Stunden-Betreuung forderte die Wirtschaftskammer Wien. Die staatliche Förderung müsse von aktuell 640 auf mindestens 800 Euro monatlich angehoben werden. Um ihre Anliegen zu verdeutlichen, hat die Fachgruppe Personenberatung und Personenbetreuung zudem eine Petition gestartet.
„Personalnotstand gefährdet Menschenwürde“
Von der Wiener Arbeiterkammer kam der Ruf nach verbesserten rechtlichen Rahmenbedingungen für Gesundheitsberufe. „Es ist hoch an der Zeit, die Potenziale aller Gesundheitsberufe zu nutzen und sie auch entsprechend ihrer Kompetenzen einzusetzen“, so die AK-Fachausschussvorsitzende für Gesundheits- und Sozialbetreuungsberufe, Andrea Wadsack. Zusätzliche Aufgaben müssten auch entsprechende Ausbildung und Entlohnung nach sich ziehen.
Auf die Seite des Pflegepersonals stellte sich auch die Volksanwaltschaft. „Der flächendeckende Personalnotstand in der Pflege gefährdet Menschenwürde, Autonomie und Selbstständigkeit der Heimbewohner“, hieß es dazu von Volksanwalt Bernhard Achitz.
Die Aids Hilfe Wien setzt sich dafür ein, Ängste und Vorurteile im Pflegebereich zu beseitigen. Geschäftsführerin Andrea Brunner: „Wir vermitteln die wichtigen Fakten zu HIV und können dadurch dem veralteten und falschen Bild von HIV - und somit Stigmatisierung und HIV-assoziierter Diskriminierung - entgegenwirken.“