Praevenire Gesundheitstage

ELGA in Österreich noch immer „löchrig“

Bei der Konzeption des ELGA-Systems (elektronische Gesundheitsakte) war Österreich ehemals europaweit führend. Mittlerweile gerät das Land aber in die Gefahr, den Anschluss an die führenden Nationen zu verlieren. Dies erklärten am Mittwoch Fachleute bei einem Digital Health-Meeting im Rahmen der Praevenire Gesundheitsgespräche in Seitenstetten.

red/Agenturen

„Wir haben eine durchaus gute Infrastruktur. Wir dürfen aber den Anschluss nicht verlieren“, erklärte Alexander Biach, ehemaliger Chef des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger. Zwar sind 9,1 Millionen Menschen in Österreich im ELGA-System verzeichnet, aber beispielsweise sind nur 80 Prozent der niedergelassenen Ärzt:innen angebunden. Im Durchschnitt der OECD-Mitgliedsländer sind es 93 Prozent, in Staaten wie Finnland, Portugal oder Costa Rica hundert Prozent, in Spanien beispielsweise 99 Prozent.

Thomas Mück (Österreichische Computergesellschaft) führte einige der „Lücken“ an, welche im ELGA-System weiterhin vorhanden sind: „Die Zahnärzte gehören noch hinein. Es gibt keinen Grund, warum wir das nicht schaffen. Die Wahlärzte sind ein ganz heikles Thema.“ Die österreichischen Zahnärzte dürften allerdings noch im Sommer dieses Jahres zu ELGA hinzukommen. Insgesamt benützen rund 11.500 von 18.500 niedergelassenen Ärzten das ELGA-System. Alexander Moussa, Allgemeinmediziner und Leiter des Referats für E-Health in Ordinationen der Österreichischen Ärztekammer, betonte jedenfalls: „Die österreichischen Wahlärzte wollen an ELGA teilnehmen.“

Möglichst frühe Einbindung der Nutzer

87 Prozent der ELGA-Nutzungen entfallen auf die E-Medikation. Nur neun Prozent machen Befundaufrufe aus, gar nur vier Prozent der elektronische Impfpass. Die Patientenbefunde kommen derzeit noch fast ausschließlich aus den öffentlichen Krankenanstalten. Nur rund die Hälfte der privaten Spitäler sind an ELGA angebunden. Weitere Defizite, wie Mück feststellte: Radiologie (Bildgebende Diagnostik) und die Laborbefunde aus dem niedergelassenen Bereich sind in ELGA ebenfalls noch nicht enthalten. Die Krankenanstalten seien bei der Vollnutzung der E-Medikation noch etwas säumig, betonte der Fachmann.

Klar ist allerdings auch, dass ein solches System, welches das gesamte riesige Gesundheitssystem mit seiner komplexen Struktur, tausenden Einrichtungen und einer kaum überschaubaren Zahl an Leistungen für die Patienten nie wirklich „fertig“ sein wird. Immerhin werden in ELGA jetzt schon pro Monat 1,2 Million Befunde eingespeichert, 70 Millionen sind bereits abrufbar. Jedes Monat gibt es rund zehn Millionen ausgestellte E-Medikations-Verordnungen. Enthalten sind auch Daten zu rund 22 Millionen verabreichten Impfdosen.

Unumgänglich ist für die Weiterentwicklung jedenfalls die für jede Anwendung möglichst frühe Einbindung der Nutzer, ob nun Ärzt:innen, Apotheker oder Institutionen. Die Darstellung der in ELGA auffindbaren Informationen muss möglichst übersichtlich sein. „Leider haben wir Kassenärzte für einen Patienten durchschnittlich nur 4,7 Minuten Zeit. Wenn wir nicht eine adäquate Darstellung haben, haben wir noch weniger Zeit für die Patienten“, betonte Moussa.

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