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Kinder hungernder Mütter bekommen später öfter Diabetes

Zu Nahrungsnotzeiten geborene Kinder haben tatsächlich ein höheres Risiko im späteren Leben an Zuckerkrankheit (Typ-2 Diabetes) zu erkranken, berichtet Peter Klimek vom Complexity Science Hub (CSH) Vienna und der Medizin-Uni Wien im Fachjournal „Heliyon“. Bei Männern ist der Effekt dramatischer als bei Frauen. Die Betroffenen werden oft zusätzlich von Begleiterkrankungen wie Herzinsuffizienz, Bluthochdruck, Lungenschädigungen und Nierenkrankheiten heimgesucht.

red/Agenturen

 Es war bereits bekannt, dass eine Unterernährung der Mütter während der Schwangerschaft den Kindern im Verlauf ihres Lebens ein höheres Diabetes-Risiko beschert. Nun hat Klimek dies mit Kollegen anhand eines Datensatz von 99,9 Prozent der österreichischen Bevölkerung bestätigen können. Die Forscher erfassten dabei die neu auftretenden Fälle (Inzidenz) zwischen 2012 und 2017. „Untersucht wurden alle versicherten Patienten und Patientinnen im Alter von über 50 und unter 100 Jahren“, schrieben die Forscher in einer Aussendung. Von diesen rund 3,5 Millionen Menschen wurden 746.184 wegen Diabetes behandelt.

„Bei Männern, die während der beiden schweren Hungerperioden 1939 und 1946/1947 geboren wurden, ist die Rate der Diabetesneuerkrankungen im Zeitraum 2013 bis 2017 um bis zu 78 Prozent höher als in Vergleichsjahren, bei Frauen um bis zu 59 Prozent“, berichten sie. Als Vergleichsgruppe dienten Menschen, die zwei Jahre vor der Hungersnot geboren wurden, so Klimek gegenüber der APA.

„Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass sich die Bemühungen des öffentlichen Gesundheitswesens zur Diabetesbekämpfung nicht nur auf Lebensstilfaktoren konzentrieren dürfen", meint er. Unter anderem sollte man die Ernährung der werdenden Mütter während der Schwangerschaft mitberücksichtigen, sowie die Nahrungsversorgung in der frühesten Kindheit.

Grund für das erhöhte Krankheitsrisiko der Kinder aus Hungerjahren sind nach aktuellem Stand der Wissenschaft „epigenetische“ Veränderungen am Erbgut. Sie mutieren nicht den genetische Code, sondern erleichtern oder erschweren das Ablesen von Genen. Dadurch wird der Stoffwechsel der Ungeborenen notbedingt auf Mangelbedingungen eingestellt. „Wenn sich dies im späteren Leben nicht bewahrheitet, kommt es zu einer Fehlanpassung, die in diesen Geburtskohorten vermehrt zu Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führt", schrieben die Forscher.

Internet: http://dx.doi.org/10.1016/j.heliyon.2023.e17570
 

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