Gerät-Weiterentwicklung

Individuelle Risikobeurteilung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems zählen weltweit nach wie vor zu den häufigsten Todesursachen. Oft würde ein Bluttest ausreichen, um eine individuelle Risikobeurteilung durchzuführen, was aber sehr oft mit kostenintensiven Laboruntersuchungen verbunden ist, die nicht unmittelbar in einer Ordination durchgeführt werden können Im nun bewilligten EU-Projekt PoCCardio hat man sich unter der Projektleitung der MedUni Graz gemeinsam mit renommierten internationalen Partner:innen zum Ziel gesetzt ein Gerät weiterzuentwickeln, welches in seinen technologischen Grundzügen bereits besteht und in Ordinationen einfach eingesetzt werden kann. So soll es künftig möglich sein, bisher aufwändige Laborauswertungen direkt am „point of care“ – zB. in einer Allgemeinmedizin-Praxis oä. – durchführen zu können.

red

Neben bekannten Risikofaktoren, wie etwa Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder erhöhte Blutfette, können aus dem Blut bestimmbare Biomarker (kleine Moleküle, Eiweiße, genetische Faktoren) zusätzlich wertvolle Information zur individuellen Risikoerfassung für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung liefern. Während einige dieser Marker auch in niedrigschwelligen Gesundheitseinrichtungen, wie etwa hausärztlichen Ordinationen, erfasst und gemessen werden können, erfordern andere wiederum Zugang zu hochspezialisierten und kostenintensiven Laboreinrichtungen, wie sie in der Regel nur in großen tertiären Gesundheitseinrichtungen (z.B. Universitäts-Kliniken), zur Verfügung stehen. Für Patient:innen bedeutet Letzteres zumeist beschwerliche, zeitaufwändige und kostenrelevante Anfahrtswege.

PoCCardio: ein gesamtes Labor auf einem Mikrochip

„Ziel des Projektes PoCCardio ist die Weiterentwicklung eines „point-of-care“ Tischgerätes, welches in seinen technologischen Grundzügen im Rahmen eines ebenfalls von der Europäischen Union geförderten Vorgängerprojektes (PoCOsteo) derselben Arbeitsgruppe entwickelt wurde“, beschreibt Projektleiter Hans Peter Dimai, Klinische Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie, Med Uni Graz. Im aktuellen Projekt soll nun unter Anwendung revolutionärer „lab-on-a-chip“ sowie mikrofluidischer Technologien ein noch leistungsfähigeres Tischgerät entwickelt werden, welches aus nur einem Tropfen Fingerbeeren-Vollblut alle für kardiovaskuläre Erkrankungen maßgeblichen Blut-Marker in einem Gang misst.

So sollen Patient:innen noch zuverlässiger als bisher speziellen Risikokategorien zugeordnet werden können, um eine möglichst individuelle, präzise und maßgeschneiderte Behandlung zu ermöglichen. „Die Validierung dieses Tischgerätes erfolgt nach Abschluss des technologischen Entwicklungsteils im Rahmen einer multizentrischen klinischen Studie, in welcher ein personalisierter, kardiovaskulärer Therapieansatz, basierend auf Biomarkerprofilen untersucht werden soll“, ergänzt Harald Sourij, Trials Unit für interdisziplinäre metabolische Medizin, Med Uni Graz. Besonderes Augenmerk wird hierbei auf die Diagnostik und Behandlung von kardiovaskulären Hochrisiko-Patient:innen gelegt, welche bereits einen Herzinfarkt erlitten haben, und die eine auf sie abgestimmte Kombination von Medikamenten erhalten sollen.

Maßgeschneiderte Therapie direkt in der Arztpraxis

Daten, welche aus dieser klinischen Studie gewonnen werden, sollen für KI-unterstützte weitere Auswertungen zur Verfügung stehen. „Übergeordnetes Ziel dieses Projektes ist es somit, in Zukunft die Betreuung von Patient:innen mit kardiovaskulären Erkrankungen nicht nur maßgeschneidert, sondern vor allem auch abseits großer tertiärer Gesundheitseinrichtungen, also möglichst wohnortnahe im hausärztlichen Bereich, zu ermöglichen“, blickt Hans Peter Dimai in die Zukunft.