Deutschland

Hausärzteverband lehnt Sanktionen für Versicherte bei zu vielen Arztbesuchen ab

In der Debatte um eine höhere Eigenbeteiligung für Krankenversicherte hat sich der Hausärzteverband gegen eine Sanktionierung von Patienten bei zu vielen Arztbesuchen ausgesprochen. „Jetzt schon über irgendwelche Sanktionen für Patientinnen und Patienten nachzudenken" lehne der Verband ab, sagte die stellvertretende Bundesvorsitzende Buhlinger-Göpfarth den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag).

red/Agenturen

Die Menschen hätten in aller Regel keinen Spaß am „Ärztehopping“ und säßen auch nicht gerne in überfüllten Wartezimmern, sagte sie mit Blick auf den Vorwurf einer zunehmenden „Flatrate-Mentalität“ bei Versicherten aus der Union. "Viele finden sich jedoch in dem immer komplexer werdenden Gesundheitswesen schlichtweg nicht mehr zurecht“, sagte Buhlinger-Göpfahrt.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Tino Sorge (CDU), hatte angesichts wachsender Defizite bei den gesetzlichen Krankenkassen am Sonntag eine höhere Eigenbeteiligung der Versicherten sowie neue Tarifmodelle gefordert. „Wir müssen die weit verbreitete Flatrate-Mentalität in der gesetzlichen Krankenversicherung beenden“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Buhlinger-Göpfahrt räumte ein, dass es „nicht wie bisher weiter gehen“ könne und dass der Vorstoß der CDU Bewegung in eine dringend notwendige Diskussion bringe. Die Hausärzte plädierten für mehr Steuerung und wollten dafür auch Anreize schaffen, betonte sie. „Mit einem hausärztlichen Primärarztsystem, in dem Patientinnen und Patienten immer zuerst zu ihrer festen Hausärztin oder Hausarzt gehen, lässt sich das Chaos am besten in den Griff kriegen“, führte die Vize-Verbandsvorsitzende aus.

Hausärzte fordern stattdessen Boni für Krankenversicherte mit Hausarzt-Verträgen 

Der Verband fordert deshalb den Ausbau des Modells der Hausarzt-Verträge. „Konkret sollten Versicherte, die sich für diese bessere und effizientere Versorgung entscheiden, einen Bonus erhalten.“ Statt Versicherte mit Sanktionen zu belasten, könnten so diejenigen belohnt werden, die eine gute Entscheidung für sich, aber auch für das Gesundheitswesen als Ganzes träfen, sagte sie. Hausarztverträge regeln, dass Patienten zunächst immer ihren Hausarzt aufsuchen, der sie dann gegebenenfalls an Fachärzte überweist.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte den Vorstoß von Sorge als „unethisch“ zurückgewiesen. Es gebe „beim Arztbesuch keine 'Flatrate-Mentalität', schrieb Lauterbach im Internetdienst X (früher Twitter). Zum Facharzt und ins Krankenhaus werde man überwiesen - ein Zuviel gehe „auf zu viel Ökonomie in der Medizin“ zurück. Die Bundesregierung sei gerade dabei, dies zu ändern.

Für die gesetzliche Krankenversicherung wird im laufenden Jahr ein Defizit von rund 17 Milliarden Euro erwartet. Für 2024 prognostizieren Krankenkassen ein Minus von bis zu sieben Milliarden Euro.