Fristenregelung

SPÖ und Grüne plädieren für Reform

Der Schwangerschaftsabbruch ist in Österreich seit 1975 - unter gewissen Voraussetzungen - straffrei. Die Grünen haben sich am Dienstag anlässlich des 50. Jahrestags des Nationalratsbeschlusses für eine komplette Entkriminalisierung der Abtreibung ausgesprochen. "Schluss mit der unsäglichen Kriminalisierung, der Paragraf 96 muss endlich aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden", so die stellvertretende Klubobfrau Meri Disoski. Auch die SPÖ will eine Entkriminalisierung.

red/Agenturen

„Unsere Mütter und Großmütter haben für die Fristenlösung gekämpft und sie gegen erbitterte Widerstände von Kirche und Konservativen durchgesetzt. Gut 50 Jahre später kämpfen wir immer noch für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und dafür, dass diese medizinischen Eingriffe österreichweit kostenfrei und wohnortsnah in öffentlichen Spitälern durchgeführt werden“, sagte die Frauensprecherin der kleineren Regierungsfraktion in einer Aussendung: „Wir Grüne stehen geschlossen für bundesweiten Zugang zu kostenfreien, sicheren und legalen Schwangerschaftsabbrüchen in öffentlichen Spitälern. Dafür kämpfen wir auch weiterhin mit aller Kraft, Beharrlichkeit und vielen Verbündeten.“

Ähnlich die Haltung der SPÖ. Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner sprach sich in einer Aussendung für Entkriminalisierung und einen niederschwelligen Zugang zum Schwangerschaftsabbruch aus. „Jede Frau muss das Recht auf einen sicheren, legalen und kostenfreien Schwangerschaftsabbruch haben“, betonte sie. Holzleitner unterstützt dabei die Forderung auf EU-Ebene, wonach das Recht auf Schwangerschaftsabbruch in die Europäische Grundrechtecharta aufzunehmen ist.

Geregelt ist der Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch, was immer wieder für Kritik und den Ruf nach Änderung sorgt. Laut Paragraf 96 ist Abtreibung zwar mit Freiheits- oder Geldstrafen bedroht - Paragraf 97 legt allerdings Ausnahmen fest.

Ein Beenden der Schwangerschaft ist Paragraf 97 zufolge nicht strafbar, wenn der Abbruch „innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Schwangerschaft nach vorhergehender ärztlicher Beratung von einem Arzt vorgenommen wird“. Zeitlich unabhängig abtreiben darf man auch, wenn anders eine ernste Gefahr für das Leben oder ein schwerer Schaden für die körperliche und seelische Gesundheit der Frau nicht abgewendet werden kann oder bei der Zeugung Unmündigkeit bestand.

Forderungen nach Streichung des Schwangerschaftsabbruchs aus Strafgesetz

Ebenfalls als straffreier Grund für eine Abtreibung anerkannt ist eine Behinderung des Kindes - wörtlich: Wenn „eine ernste Gefahr besteht, dass das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt sein werde“. In all diesen Fällen muss ein Arzt den Abbruch vornehmen.

Per Gesetz ist kein Arzt verpflichtet, einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen oder an ihm mitzuwirken - „es sei denn, dass der Abbruch ohne Aufschub notwendig ist, um die Schwangere aus einer unmittelbar drohenden, nicht anders abwendbaren Lebensgefahr zu retten“. Schließlich heißt es in Paragraf 97 auch noch: „Niemand darf wegen der Durchführung eines straflosen Schwangerschaftsabbruchs oder der Mitwirkung daran oder wegen der Weigerung, einen solchen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen oder daran mitzuwirken, in welcher Art immer benachteiligt werden.“

Das Gesetz - „Fristenregelung“ bzw. „Indikationslösung“ - ist 1974 nach harten Kontroversen letztlich nur mit den Stimmen der damals mit absoluter Mehrheit ausgestatteten SPÖ beschlossen worden und am 1. Jänner 1975 in Kraft getreten. Nach dem Gesetzesbeschluss ging die öffentliche Debatte mit Kundgebungen Pro und Contra weiter. Befürworter verwiesen auf das Selbstbestimmungsrecht der Frauen, Gegner sprachen von Mord. Im November 1975 erreichte ein Volksbegehren zum „Schutz des menschlichen Lebens“, also gegen die Fristenlösung, nur 18 Prozent Zustimmung. Besonders die Nationalratswahlkämpfe 1986 und 1990 waren geprägt von einschlägigen Diskussionen.

Die Forderungen nach einer Streichung des Schwangerschaftsabbruchs aus dem Strafgesetz bestehen nach wie vor. Am Mittwoch ist diesbezüglich eine Medien-Aktion vor dem Parlament geplant: Ein Netzwerk rund um die die Kampagne #AusPrinzip, das Frauenvolksbegehren und One Billion Rising Austria fordert, den Schwangerschaftsabbruch „raus aus dem Strafgesetz“ zu bringen.

Österreichs Bischöfe fordern Unterstützung der Mütter

Die Fristenregelung bezeichneten die Organisatoren in einer Aussendung als „wichtigen Meilenstein für die Rechte ungewollt Schwangerer“. Nach 50 Jahren sei es jetzt aber Zeit „für den nächsten Schritt und mehr Selbstbestimmung“. Zwar stelle die derzeitige Regelung Schwangerschaftsabbrüche in den ersten drei Monaten straffrei. „Dennoch kriminalisiert und stigmatisiert sie ungewollt Schwangere und deren Ärzt*innen.“ Auch Vertreter und Vertreterinnen der Zivilgesellschaft - etwa der Österreichische Frauenring, die Bundesjugendvertretung und Amnesty International - werden an der Aktion teilnehmen.

Österreichs Bischöfe forderten unterdessen von der Politik „Begleitforschung zur Fristenregelung und entsprechende Hilfsmaßnahmen, um Schwangerschaftsabbrüche entschlossen zu reduzieren“. Durch Datenerhebung gelte es aufzuzeigen, „in welchen Krisen und Nöten sich schwangere Frauen befinden, um ihnen effektiv zur Seite zu stehen und Mut zum Kind zu machen“, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung der Österreichischen Bischofskonferenz, wie die Kathpress berichtete.

Es stehe den Bischöfen auch keine moralische Verurteilung von Menschen zu, die einen Schwangerschaftsabbruch hinter sich hätten, heißt es weiter. Dennoch bleibe das „Du sollst nicht töten!“ aus den Zehn Geboten weiter aufrecht. Diese Weisung schütze jene, „die auf den Schutz durch die Rechtsordnung angewiesen sind“, betonen die Bischöfe. Aus der Sicht der Kirchenvertreter sei es wichtig, „dass die Tötung eines Ungeborenen zumindest grundsätzlich unter Strafe stehen bleibt“. Der Gesetzgeber signalisiere damit, dass das Leben des Kindes „grundsätzlich schützenswert“ sei. Ein „Menschenrecht auf Abtreibung“ hingegen dürfe aus der gesetzlichen Regelung niemals abgeleitet werden, da dies ein „Widerspruch in sich“ wäre. Problematisch sei auch, dass ein Frauenrecht auf Abtreibung die Väter völlig aus der Verantwortung nehme.

 

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