„Vor der Behandlung waren 70 Prozent meines Rückens völlig wund. Jetzt ist das zu hundert Prozent abgeheilt. Ich kann auch auf dem Rücken schlafen. Ich brauche mich nicht mehr um Schmerzen und das Bluten bei Duschen kümmern. Es ist mehr als bloß das Leben verändernd“, zitierte der US-Pharma-Informationsdienst „STAT“ am Montag den mittlerweile 18-Jährigen Aaron Owens. Er leidet seit Geburt an einer Form der Krankheit der „Schmetterlingskinder“, der Epidermolysis bullosa dystrophica (EPD).
Dabei kommt es durch einen Defekt im COL7A1-Gen, das für das Kollagen vom Typ VII kodiert, schon bei geringster Belastung zu Blasenbildung und Ablösung der Haut mit wunden Arealen. Kollagen VII ist ein Hauptbestandteil jener Fasern, welche die Ober- mit der Unterhaut verbinden. Die sehr seltene EPD mit einem bis neun Fällen pro einer Million Menschen ist die zweithäufigste Form der Epidermolysis bullosa. Bisher gab es ausschließlich Möglichkeiten zur Behandlung der Symptome, zur Wundversorgung und Strategien zur Verhinderung von Belastungen der Haut, quasi eine Schadensprophylaxe. Gefährlich können auch Infektionen werden. Außerdem kann Hautkrebs entstehen.
Seit vielen Jahren wird aber nach Möglichkeiten gesucht, die vererbbare Hautkrankheit durch Korrektur des Gendefekts zu heilen. Das hatte bisher nur bedingt Erfolge gebracht. Stammzelltransplantationen waren zum Beispiel mit einer 30-prozentigen Mortalität verbunden. Unter anderem wird versucht, Hautzellen von Betroffenen im Labor genetisch so umzuwandeln, dass sie wieder Kollagen vom Typ VII produzieren.
Auf Basis von genetisch veränderten Fieberblasen-Erregern
Einen anderen Weg ist das US-Unternehmen Krystal Biotech gegangen. Es hat auf der Basis eines genetisch veränderten Herpes simplex 1-Virus (HSV-1; Verursacher der Fieberblasen) eine Gentherapie (B-VEC) entwickelt. Patentiert wurde eine STAR-D genannte Technologieplattform, bei der ein nicht mehr vermehrungsfähiger und auf HSV-1 basierender Vektor eine ganze Reihe von Hautzellen „infizieren“ kann. Dabei wird die Erbsubstanz des Virus selbst nicht in das Genom der Zielzellen eingebaut. „Abgeladen“ wird ausschließlich das Gen für das Kollagen. Noch ein Vorteil: Die Gentherapie wird „topisch“, das heißt durch Aufbringen direkt auf die Haut, angewendet. Bisher für andere Anwendungen gedachte Gentherapien werden „systemisch“ via Infusion verabreicht. Das setzt die Genvektoren aber auch dem Immunsystem aus und kann Nebenwirkungen verursachen.
Schon bis 19. Mai könnte die Entscheidung der US-Arzneimittelagentur FDA über die Zulassung erfolgen. Dies sollte auf der Basis einer Mitte Dezember im New England Journal of Medicine erschienen klinischen Studie der Phase III (Wirksamkeit und Sicherheit) erfolgen. In der wissenschaftlichen Untersuchung (DOI: 10.1056/NEJMoa2206663) hatten Shireen Guide von der Universität von Kalifornien und die Co-Autoren 31 Patienten im Alter von mehr als sechs Monaten behandelt. Bei jedem Probanden wurde ein Paar an Epidermidis bullosa-Wunden per Zufall und „blind“ einmal wöchentlich entweder mit B-VEC oder einer Placebo-Präparation behandelt. Das lief 26 Wochen lang.
Die Ergebnisse waren gut. Nach sechs Monaten waren zwei Drittel (67 Prozent) der wirklich behandelten Wunden abgeheilt. Mit Placebo war das nur bei 22 Prozent der offenen Hautareale der Fall. Schon nach drei Monaten lagen die entsprechenden Erfolgsraten bei 71 Prozent (B-VEC) bzw. bei 20 Prozent (Placebo). Die Nebenwirkungen waren gering.
In noch größeren und längeren Studien sollte laut den Wissenschaftern untersucht werden, wie lange der Effekt der Behandlung anhält. Es ist also durchaus möglich, dass die FDA eine vorläufige Zulassung mit der Verpflichtung zu weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen in dieser Hinsicht ausspricht.